Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 11. April 1984 geborene Ramadan S***** des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 18. April 2002 in Linz versucht hat, Florian B***** durch Versetzen von vier tiefergehenden Messerstichen gegen den Oberkörper, wodurch es zu Einstichen in die Leber, in die Lunge, im Bereich des Brustbeines und in der Rippengegend kam, sowie von zahlreichen weiteren Stichen, die zu vielfachen kleinsten Stichverletzungen an der linken Flanke führten, vorsätzlich zu töten. Die Geschworenen haben die anklagekonforme Hauptfrage in Richtung des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB bejaht, Zusatzfragen verneint und Eventualfragen demgemäß unbeantwortet gelassen.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer auf § 345 Abs 1 Z 1, 3, 4, 5, 6, 8, 9, 10 und 10a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Das Vorbringen (Z 1), dem Verteidiger sei nicht mitgeteilt worden, "welche Geschworene Ersatzgeschworene und welche Geschworene Hauptgeschworene sind", macht keinen Nichtigkeit begründenden Umstand geltend und ist im Übrigen auch nicht an § 304 erster Satz StPO orientiert.
Ebenso wenig an den Anfechtungsmöglichkeiten ausgerichtet ist die Kritik (Z 3, 4 und 5), dass trotz in der Beschwerde behaupteten akuten Verdachtes "auf verzögerte Reife" kein "diesbezügliches Gutachten und keine Aussage, dass eine solche nicht vorliegt" eingeholt wurde. Weder eine Verlesung (Z 3) noch eine durch Unterbleiben der genannten Verfahrensschritte angeblich verletzte oder vernachlässigte mit Nichtigkeit bewehrte Vorschrift (Z 4) oder irgend ein in die bezeichnete Richtung zielender Antrag (Z 5) wird damit angesprochen. Vom Verteidiger wurde vielmehr vor Schluss des Beweisverfahrens ausdrücklich erklärt, keine weiteren Beweisanträge stellen zu wollen (S 212/II).
Die Ansicht, bei Überprüfung der geistigen Reife des Angeklagten wäre "das Erstgericht" zum Schluss gekommen, dass er "trotz seines Alters als Jugendlicher zu behandeln gewesen wäre", sodass "für diesen Fall" der "Gerichtshof" falsch besetzt sei (Z 1), ist nicht aus dem Gesetz abgeleitet.
Gleiches gilt für die Beschwerdemeinung (Z 6), die Stellung einer Eventualfrage nach Totschlag (§ 76 StGB) sei indiziert gewesen, weil sich "aus dem Beweisverfahren" (vgl aber §§ 344, 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO) "eindeutig" ergebe, dass der Angeklagte „aus einer heftigen Gemütsbewegung heraus in Angst und dem Zustand selbst geschlagen worden zu sein das Messer gezogen und wahllos zugestochen" habe, und er diesbezüglich auch geständig sei (siehe jedoch S 17 und 33/II; vgl Schindler, WKStPO § 314 Rz 26).
Die unter Z 8 vorgebrachte Behauptung, durch Anführung eines Beispiels in der Rechtsbelehrung sei es zu einer Beeinflussung der Geschworenen gekommen, wirft dem Schwurgerichtshof eine verfehlte Instruktion gar nicht vor und geht daher fehl (14 Os 17/02; Ratz, WKStPO § 345 Rz 54).
Mit der auf Z 9 gestützten Argumentation, aus der Niederschrift der Geschworenen gehe hervor, dass sie die Fragen "unvollständig und dem Gesetz widersprechend", die Hauptfrage "undeutlich und unvollständig" und die Zusatzfragen "widersprechend und rechtsirrig auf Grund einer falschen Rechtsmittelbelehrung" beantwortet hätten, wird verkannt, dass dieser Nichtigkeitsgrund nur aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden kann (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 9 E 7, Ratz aaO Rz 71).
Beim Einwand (Z 10), der Schwurgerichtshof hätte sofort erkennen müssen, "dass der Wahrspruch der Geschworenen unvollständig und undeutlich bezüglich der Hauptfrage ist", und einen Verbesserungsauftrag erteilen müssen, missachtet der Beschwerdeführer, dass Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 10 zweiter Fall StPO nur vorliegen kann, wenn zumindest ein Geschworener ein bei der Abstimmung unterlaufenes Missverständnis behauptet hat. Die damit abermals vorgebrachte Beanstandung einer angeblichen Undeutlichkeit und Unvollständigkeit, die im Fall des Unterbleibens eines Verbesserungsauftrages aus dem Grund des § 345 Abs 1 Z 9 StPO bedeutsam sein kann, entspricht ebenso wenig der Prozessordnung. Die Beschwerde verweist insoweit auf das dazu erstattete, bereits erörterte Vorbringen, somit auf die aus Z 9 verfehlte Einbeziehung der Niederschrift der Geschworenen.
Keine Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen (Z 10 a) werden mit dem Hinweis auf Aussagen über einen Raufhandel zwischen dem Angeklagten und dem späteren Tatopfer aufgezeigt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 344, 285i StPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)