OGH 14Os17/02

OGH14Os17/0228.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Mai 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Reiter als Schriftführer, in der Strafsache gegen Herbert Sch***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 22. November 2001, GZ 20 v Vr 3.480/01-100, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, des Angeklagten Herbert Sch***** sowie seines Verteidigers Dr. Starha zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 20 (zwanzig) Jahre herabgesetzt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Herbert Sch***** aufgrund des stimmeneinhelligen Wahrspruches der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt, weil er am 18. April 2001 in Wien den Arpad Franz K***** dadurch, dass er aus einem Kleinkalibergewehr gezielt mehrere Schüsse auf ihn abfeuerte, wodurch dieser zwei Herzschüsse und mehrere Brust- und Bauchschüsse erlitt, vorsätzlich getötet hat.

Die Geschworenen haben die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach Mord (A./1./) stimmeneinhellig bejaht und die Zusatzfrage nach Tatverübung in einem Zustand der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) als Folge einer vollen Berauschung durch Alkohol (A./1./) stimmeneinhellig verneint. Die auf das Vergehen nach § 287 Abs 1 StGB gerichtete Eventualfrage (A./1./) sowie weitere Eventualfragen nach den Verbrechen des Totschlages nach § 76 StGB (I./1./), der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (II./1./) und der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach §§ 83 Abs 1, 86 StGB (III./1./) sowie die bezughabenden Zusatzfragen nach der jeweiligen Tatverübung in einem Zustand der Zurechnungsunfähigkeit (Zusatzfragen I./1./, II./1./ und III./1./) und jeweils auf das Vergehen nach § 287 Abs 1 StGB gerichtete Eventualfragen (I./2./, II./2./ und III./2./) blieben demgemäß unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 345 Abs 1 Z 8 und 13 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Die Kritik an dem im Rahmen der Erörterung des Begriffes "tiefgreifende Bewusstseinsstörung" zur Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit gegebenen Hinweis, wonach die "Rechtsprechung" einen "Blutalkoholgehalt ab 3,0 Promille als Zurechnungsunfähigkeit bewirkend" annehme, wirft dem Schwurgerichtshof eine Einflussnahme auf die Beweiswürdigung der Geschworenen, aber keine verfehlte Rechtsbelehrung vor und geht daher fehl (vgl Ratz in Wiener Kommentar zur Strafprozessordnung § 345 Rz 54).

Warum die - gleichermaßen zur Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit erteilte - Belehrung, dass "verminderte Zurechnungsfähigkeit" nur unter dem Aspekt der Strafbemessung beachtlich sei, die Geschworenen über den Inhalt des § 76 StGB hätte beirren können, ist unerfindlich, weil der Begriff kein gesetzliches Merkmal des § 76 StGB darstellt. In der Rechtsbelehrung für den Fall eines Schuldspruchs - überflüssigerweise - angestellte Strafzumessungserwägungen sind aus Z 13 unbeachtlich, weil die Sanktionsfindung nicht Gegenstand des Wahrspruchs der Geschworenen ist.

Zudem übersieht die Beschwerde, dass der Strafausspruch nur insoweit einer Anfechtung aus Z 13 zweiter Fall unterliegt, als das Erstgericht über das Vorliegen einer sog Strafbemessungstatsache bei der Sanktionsfindung auch tatsächlich entschieden hat. Nicht das, was für einen rechtsrichtigen Strafausspruch, also aus Sicht der Rechtsmittelinstanz, maßgeblich gewesen wäre, bildet den Bezugspunkt der Anfechtung, sondern das, was beim konkreten Strafbemessungsvorgang auch tatsächlich in Rechnung gestellt, dem angefochtenen - mithin möglicherweise verfehlten - Ausspruch über die Strafe, so wie ihn das Erstgericht in concreto vorgenommen hat, zugrunde gelegt wurde (aaO § 281 Rz 692 ff). Fehlende Feststellungen zu einer deutlich und bestimmt bezeichneten Strafzumessungstatsache aber nennt die Beschwerde nicht (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe. Dabei wertete es als erschwerend, dass er heimtückisch und grausam gehandelt sowie die Wehr- und Hilflosigkeit des Opfers ausgenützt hat, ferner dass er schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt wurde; als mildernd berücksichtigte es dagegen keinen Umstand. Die vom Angeklagten erhobene Berufung, mit der er das Ausmaß der Freiheitsstrafe bekämpft und deren Herabsetzung anstrebt, ist berechtigt.

Zwar hat das Geschworenengericht die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen richtig dargelegt, indem es - der Berufung zuwider - nicht als mildernd gewertet hat, dass der Angeklagte zur Tatzeit unter Alkoholeinfluss stand, weil er die möglichen Auswirkungen einer solchen Alkoholisierung in Richtung der Begehung einer Agressionstat insbesondere aufgrund seiner einschlägigen Vorverurteilung (15 U 636/99d des Bezirksgerichtes Josefstadt), die ebenfalls auf eine im Zustand der Alkoholisierung begangene derartige Straftat zurückging und zu der die Probezeit noch nicht einmal abgelaufen war, hätte erkennen können (§ 35 StGB). Seine Aussage konnte auch weder als reumütiges Geständnis gewertet werden, noch trug sie wesentlich zur Wahrheitsfindung bei (§ 34 Abs 1 Z 17), sodass sie als besonderer Milderungsumstand unberücksichtigt bleiben musste.

Auf der Basis der vorliegenden und entsprechend gewichteten Strafzumessungsgründe bei Berücksichtigung aller für die Strafbemessung bedeutsamen Umstände (§ 32 StGB) erachtete der Oberste Gerichtshof dennoch eine Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten angemessen. Auf dieses Maß war die vom Geschworenengericht verhängte Freiheitsstrafe zu reduzieren.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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