Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Andrei S***** des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 17. August 2001 in Sachsenburg versucht hat, außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Manuela S***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen, indem er sie vorerst am Oberarm festhielt, ihre nackten Brüste betastete, sie anschließend in das Schlafzimmer zerrte, ihre Hose und Unterhose herunterzog und sie auf das Bett stieß, sich selbst seiner Hose entledigte und mit erigiertem Glied neben ihr auf das Bett kniete.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5, 5a und 9 (zu ergänzen: lit) b StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist verfehlt.
Zunächst versagt die Verfahrensrüge (Z 4) gegen das Zwischenerkenntnis des Gerichtshofs, mit welchem der Antrag des Verteidigers auf Beiziehung eines psychiatrischen Sachverständigen zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Zeugin Manuela S*****, insbesondere zum Nachweis dafür, dass ihre Angaben nicht den Tatsachen entsprechen müssen und dass die aufgezeigten Widersprüche ihrer Aussagen nicht auf Erinnerungslücken zurückgeführt werden können, mit zutreffender Begründung abgewiesen wurde (S 80 f).
Dem ist nur noch hinzuzufügen, dass im Verfahren erster Instanz einerseits keine objektiven Momente oder Gründe angegeben wurden, warum nach Meinung des Angeklagten die Psyche der Zeugin S***** problematisch und daher die Überprüfung ihres psychischen Zustandes durch einen psychiatrischen Experten geboten sein sollte. Die bloße Vermutung, die belastenden Aussagen der einzigen Tatzeugin seien widersprüchlich, unwahr und unglaubwürdig, rechtfertigt die Durchführung des begehrten Beweises nicht (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 113, 117). Andererseits wurde nicht einmal behauptet, dass die Zeugin der Untersuchung ihrer Psyche zugestimmt hat (Mayerhofer aaO E 121a; 15 Os 64/98, 15 Os 121/98 uam). Alle dazu (erst) in der Beschwerde angestellten Beweiswerterwägungen sind nicht nur prozessual verspätet, sondern auch inhaltlich untauglich, den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund erfolgreich zu stützen. Somit wurde der Angeklagte - der Beschwerde zuwider - in seinem Recht auf ein faires Verfahren (Art 6 EMRK) nicht verletzt.
Soweit der Beschwerdeführer in der Mängelrüge (Z 5) den Urteilsspruch kritisiert, weil er "zum angeblichen Zerren in das Schlafzimmer" keine näheren Feststellungen enthält, verkennt er das Wesen dieses formellen Anfechtungspunktes, mit dem ausschließlich Tatsachenfeststellungen und Fehler in den Gründen bekämpft werden können, aber nicht eine (vermeintliche) Unvollständigkeit des Urteilsspruchs (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 E 1 f, 40, 57 uam; Foregger/Fabrizy StPO8 § 281 Rz 41; 15 Os 112/97).
Auch das weitere Beschwerdevorbringen weist keinen formellen Begründungsfehler nach, sondern konzentriert sich lediglich auf einen einzigen Aspekt der Gewaltanwendung, nämlich auf das "Zerren" (des Opfers in das Schlafzimmer). Dabei unterlässt der Rechtsmittelwerber jedoch verfahrensvorschriftswidrig die gebotene Berücksichtigung der Gesamtheit der Urteilsannahmen über die von ihm angewendete Intensität der (den Schuldspruch tragenden) Gewalt (vgl US 4: Der Angeklagte versetze dem Mädchen einen so kräftigen Stoß, dass es rücklings auf das Bett fiel; er erfasste das sich wehrende Opfer kräftig am Körper und drehte es wieder in die Rücklage).
Die Tatsachenrüge (Z 5a) ist ebenso unbegründet. Sie geht von der verfehlten Ansicht aus, die Anklage stütze sich einzig und allein auf die (nach Meinung des Beschwerdeführers) widersprüchlichen, nicht nachvollziehbaren und unglaubwürdigen Angaben der einzigen Belastungszeugin Manuela S*****, während die anderslautende, stets gleichbleibende und in gewisser Weise Unrechtsbewusstsein dokumentierende Verantwortung des Angeklagten sowie die ihn keineswegs schützenden Aussagen seiner Stieftochter Kinga N***** überzeugend seien.
Solcherart vermag der Nichtigkeitswerber jedoch auf Aktengrundlage keine erheblichen Bedenken gegen die entscheidenden Urteilsfeststellungen zur Schuld zu wecken. Zeigt doch die Prüfung der gesamten Aktenlage durch den Obersten Gerichtshof, dass die Tatrichter in einer ausführlichen, sorgfältigen und kritischen Gesamtschau aller maßgebenden Beweise - insbesonders auch unter Bedachtnahme auf Widersprüche in den Depositionen der Zeugin S***** - nach den Regeln der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) sowie in Übereinstimmung mit den Grundsätzen logischen Denkens und der Lebenserfahrung, demnach formell fehlerfrei, begründen, warum sie den belastenden Aussagen des minderjährigen Unzuchtopfers glaubten, hingegen die vom Angeklagten geschilderte Geschehensvariante als unglaubwürdig ablehnten (US 5 bis 11).
Ob Manuela S***** den Angeklagten "kräftig" in den Oberschenkel gebissen hat (US 4 f), ist für die Schuldfrage nicht von jener Bedeutung, wie sie der Beschwerde vorschwebt. Entscheidend ist vielmehr die mit den Denkgesetzen durchaus in Einklang stehende Feststellung, dass die Gegenwehr und die Gewaltanwendung des Mädchens, insbesondere der Biss in den Oberschenkel, das ausschlaggebende Moment für den Beschwerdeführer war, deshalb die begonnene Vergewaltigung als gescheitert anzusehen und sein Vorhaben aufzugeben (US 5 oben und 10 unten).
Nach Inhalt und Zielrichtung des Vorbringens trachtet der Rechtsmittelwerber lediglich nach Art einer in den Verfahrensgesetzen - auch unter dem Gesichtspunkt des herangezogenen formellen Nichtigkeitsgrundes - nicht vorgesehenen Schuldberufung die zu seinem Nachteil ausgefallene tatrichterliche Beweiswürdigung in Frage zu stellen und auf Grundlage eigener Schlussfolgerungen "zumindest im Zweifel" seinen Freispruch zu fordern.
Schließlich verfehlt die Rechtsrüge (Z 9 lit b) die gesetzmäßige Darstellung des geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrundes. Ihre Behauptung, es liege der Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch gemäß § 16 Abs 1 StGB vor, leitet sie nämlich nicht aus den Urteilsfeststellungen ab, sondern folgert aus urteilsfremden Beweiswerterwägungen und spekulativen Überlegungen, der Angeklagte habe "freiwillig" davon Abstand genommen, obwohl es ihm ohne weiteres möglich gewesen wäre, den Beischlaf zu unternehmen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen einer dazu nach § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung - gemäß § 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und des Staatsanwaltes (§ 285i StPO).
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