OGH 15Os45/00

OGH15Os45/0015.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Juni 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Enes B***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 13. Jänner 2000, GZ 30b Vr 4753/99-59, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Schützenhofer, des Angeklagten Enes B***** und des Verteidigers Dr. Bernhauser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden - Urteil wurde Enes B***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 31. Mai 1999 in Wien Maksim L***** durch Versetzen von sechs Messerstichen, davon drei in die Brust, vorsätzlich getötet.

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 4, 6, 10a und 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, sie ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Die Verfahrensrüge nach Z 4 behauptet eine nichtigkeitsbegründende Verletzung des § 152 Abs 1 Z 1 StPO dadurch, dass der Zeuge Ivica R***** nicht über das Entschlagungsrecht nach dieser Bestimmung belehrt worden sei und demgemäß auf dieses nicht verzichtet habe, obwohl er dem Angeklagten vor der Tat in Kenntnis dessen, dass eine Auseinandersetzung mit dem Opfer bevorstehe, die Tatwaffe übergeben habe, weswegen gegen den Zeugen auch ein Verfahren wegen §§ 12, 75 StGB anhängig gewesen sei.

Zunächst ist festzuhalten, dass zum Aussagezeitpunkt kein Strafverfahren gegen den Zeugen geführt wurde (§ 152 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB), weil das in der Beschwerde bezeichnete bereits am 25. November 1999 eingestellt worden war.

Ob sich Ivica R***** - der sinngemäß nur die objektive Übergabe des Messers an den Angeklagten zum Zweck allenfalls notwendiger Verteidigung desselben zugestanden hatte (S 29 ff/II) - dennoch durch seine Aussage (ex ante betrachtet) der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung ausgesetzt hat (§ 152 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB), kann dahingestellt bleiben, weil im konkreten Fall unzweifelhaft erkennbar ist, dass eine allfällige Formverletzung auf die Entscheidung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluss üben konnte (§ 345 Abs 3 StPO). Die Aussage des Zeugen stimmte nämlich in den wesentlichen Punkten mit der Verantwortung des Angeklagten überein (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 letzter Abs E 5b, 13 Os 156/99).

Die Fragestellungsrüge (Z 6) stützt sich mit dem Begehren nach Stellung einer Eventualfrage "in Richtung § 80 StGB" mit der isolierten Darstellung nur der Behauptung des Angeklagten, sein Opfer sei ihm "in den Stich gesprungen", und unter Vernachlässigung der von ihm überdies zugestandenen aktiven Führung einer Mehrzahl von (sechs) Messerstichen (S 459, 475, 507/II) sowie des Eingeständnisses, eine Verletzung in Kauf genommen zu haben (S 463/II), nicht auf die in ihrer Gesamtheit zu beurteilenden Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung, aufgrund welcher aber eine Subsumtion der Tat als (bloß) fahrlässige Tötung nicht indiziert ist.

Die Tatsachenrüge (Z 10a) vermag unter weitwendiger Wiederholung der Verantwortung des Angeklagten und verschiedener Zeugenaussagen zur behaupteten Gefährlichkeit und Brutalität des Tatopfers und zu dessen Verhalten vor und bei der Tat keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch festgestellten entscheidenden Tatsachen zu wecken, sondern erschöpft sich in einer unzulässigen Kritik an der ausschließlich den Geschworenen vorbehaltenen Beweiswürdigung.

Der Strafzumessungsrüge (Z 13) zuwider stellt die Nichtanwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB weder eine offenbar unrichtige Beurteilung von für die Strafbemessung maßgebenden entscheidenden Tatsachen noch einen unvertretbaren Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung dar; vielmehr liegt die Gewichtung der Strafzumessungstatsachen und die prognostische Beurteilung der spezialpräventiven Voraussetzungen iSd § 41 Abs 1 StGB im Ermessensspielraum der Gerichte und kann nur mit Berufung bekämpft werden (Mayerhofer aaO § 281 Z 11 E 17a, 19; 15 Os 71/99).

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 75 StGB eine 12-jährige Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es die Begehung der Tat innerhalb einer offenen Probezeit als erschwerend, das Alter unter 21 Jahren, die Selbststellung, den Beitrag zur Wahrheitsfindung und die Provokation durch das Opfer als mildernd.

Der dagegen gerichteten Berufung des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu. Das Erstgericht hat die besonderen Strafzumessungsgründe im Wesentlichen richtig dargestellt, wenngleich die Tatbegehung während einer Probezeit zwar keinen eigenen Erschwerungsgrund darstellt, aber eine besondere Nachhaltigkeit der wertwidrigen Einstellung des Täters indiziert und damit im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungsgrundsätze (§ 32 Abs 2 und 3 StGB) zu seinen Lasten zu berücksichtigen ist (vgl 15 Os 111/89, 11 Os 24/00). Alle für und wider den Berufungswerber sprechenden Umstände wurden vom Geschworenengericht nicht zu seinem Nachteil gewichtet; auch das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung außerordentlicher Strafmilderung wurde zutreffend begründet, sodass - der keine bisher unberücksichtigten Aspekte aufzeigenden Berufung zuwider - zu einer Reduktion der Strafe kein Anlass besteht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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