OGH 15Os43/07y

OGH15Os43/07y30.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Mai 2007 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Egger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Islam Ö***** wegen Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 20. November 2006, GZ 40 Hv 9/06s-35, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Islam Ö***** (richtig:) dreier Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (1.) sowie des Verbrechens des versuchten schweren sexuellen Missbrauches von Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs 1 StGB (2.) schuldig erkannt.

Danach hat er in Thüringen mit dem am 23. Mai 1994 geborenen, somit Unmündigen Adem K*****

1. im Oktober 2005, Ende Mai oder Ende Juni 2006 sowie etwa einen Monat später eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung unternommen, indem er an dem Kind jeweils einen Analverkehr durchführte;

2. am 20. August 2006 eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung zu unternehmen versucht, indem er den Genannten sinngemäß aufforderte, „neuerlich einen Analverkehr zuzulassen, was das Kind ablehnte, weshalb er ihm dem Sinne nach anbot, es könne an ihm den Analverkehr durchführen".

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass der Zeuge Adem K***** zu Lügenhaftigkeiten neigt (S 388 f), keine Verfahrensrechte verkürzt. Zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen bedarf es nämlich nur ausnahmsweise der Hilfestellung durch einen Sachverständigen, etwa bei Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten unmündiger oder jugendlicher Zeugen (RIS-Justiz RS0120634; Kirchbacher, WK-StPO § 150 Rz 5; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 350). Mit der bloßen Behauptung, die Anschuldigungen des Adem K***** seien unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar, weil er selbst zugegeben habe, schon manchmal gelogen und einmal auch seine Lehrerin bestohlen zu haben, werden keine erheblichen Zweifelsgründe gegen die Aussagefähigkeit und Aussageehrlichkeit des Zeugen aufgezeigt. Somit handelt es sich bei dem Antrag um eine unzulässige Erkundungsbeweisführung in Bezug auf die dem Schöffengericht zukommende Beurteilung der Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit der Aussage des im Tatzeitraum 11- bzw 12jährigen Knaben (WK-StPO § 281 Rz 330 f).

Prozessual verspätet und daher unbeachtlich sind die erst in der Beschwerde vorgebrachten Gründe für die Beweisaufnahme, ist doch bei Prüfung der Berechtigung eines Antrages stets auf den Antragszeitpunkt abzustellen.

Die Punkt 2. des Schuldspruchs betreffende Rechtsrüge (Z 9 lit a) erschöpft sich in der bloßen, argumentativ nicht untermauerten Behauptung, in der Aufforderung allein, neuerlich einen Analverkehr zuzulassen, könne noch keine tatnahe Versuchshandlung erblickt werden, und verfehlt somit die gebotene Orientierung an den Verfahrensgesetzen.

Im Übrigen wird durch die Aufforderung an eine unmündige Person, sogleich Unzuchtshandlungen zu dulden oder selbst am Täter vorzunehmen, das deliktische Vorhaben durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung getätigt. Ein nach seiner aktionsmäßigen Beziehung und zeitlichen Nähe zur Ausführung im unmittelbaren Vorfeld des Tatbildes liegendes Verhalten, wie es dem Angeklagten zur Last fällt, begründet somit strafbaren Versuch (RIS-Justiz RS0090496). Dass die geschlechtlichen Handlungen nur wegen der Weigerung des Tatopfers, der Aufforderung des Täters zu entsprechen, unterblieben sind, stellt keinen strafaufhebenden Rücktritt vom Versuch dar, weil es hiezu an der erforderlichen Freiwilligkeit der Aufgabe des Tatplans fehlt (11 Os 151/88). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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