Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Marcus P***** wurde mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 12. Oktober 2004 in Schiltern dem Leiter des Postamtes Franz S***** dadurch, dass er ein 30 cm langes Messer gegen ihn richtete und die Herausgabe von Geld forderte, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in der Höhe von 2.410 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte.
Die Geschworenen bejahten die anklagekonforme Hauptfrage (lfd Nr 1) nach dem Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB und verneinten die auf Vorliegen der Zurechnungsunfähigkeit nach § 11 StGB gerichtete Zusatzfrage (lfd Nr 2).
Weitere Zusatzfragen zur Hauptfrage wurden nicht gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die aus Z 5 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sowie die (getrennt ausgeführte) auf Z 5 und 6 leg cit gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Susanne P***** verfehlen ihr Ziel.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:
Die Verfahrensrüge (Z 5, inhaltlich auch Z 10a) kritisiert die Unterlassung der Einholung eines „Obergutachtens" im Hinblick auf die divergierenden Ergebnisse der Gutachten der beigezogenen Sachverständigen in der Hauptverhandlung zur Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt, verkennt dabei aber, dass mangels entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung dem Beschwerdeführer kein diesbezügliches Beschwerderecht zukommt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 302).
Soweit die Beschwerde behauptet, das Geschworenengericht wäre zur „amtswegigen" Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens verpflichtet gewesen (inhaltlich Z 10a), legt sie nicht dar, aufgrund welcher Umstände der (anwaltlich vertretene) Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher hätte belehrt werden müssen (§ 3 StPO), um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (Ratz aaO Rz 480).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Susanne P*****:
Das Vorbringen in der Verfahrensrüge (Z 5) deckt sich inhaltlich mit demjenigen in der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, weshalb auf die diesbezüglichen Erwiderungen in Erledigung der Einwände in diesem Rechtsmittel verwiesen werden kann.
Die gegen das Unterbleiben einer uneigentlichen Zusatzfrage nach Milderungsumständen, die die Anwendung eines anderen Strafsatzes bedingen (§ 316 StPO), gerichtete Fragerüge (Z 6) lässt eine am Gesetz orientierte Darstellung vermissen, weil sie keine Verfahrensergebnisse releviert, die auf eine für die Beurteilung der Tat als minderschweren Raub nach § 142 Abs 2 StGB hinweisen würden, sondern lediglich allgemeine Spekulationen anstellt, dass ein 30 cm langes Messer keine Waffe im Sinn des Waffengesetzes wäre und bei Verwirklichung der Voraussetzungen iSd § 143 StGB auch ein (anderes) Mittel als Waffe gelte, soferne es gleichwertig im Sinne des Waffengesetzes sei.
Insoweit eine uneigentliche Zusatzfrage nach dem Milderungsgrund (§ 34 Z 11 StGB) der verminderten Zurechnungsfähigkeit vermisst wird, setzt sich die Beschwerdeargumentation mit dem unsubstantiierten Vorbringen, aufgrund der gravierenden geistigen Beeinträchtigung sei „die Erfüllung der objektiven und subjektiven Tatseite des Tatbildes als besonders gering anzusehen", darüber hinweg, dass gemäß § 316 StPO nur solche Umstände als Gegenstand entsprechender Zusatzfragen in Betracht kommen lässt, welche die Anwendung eines anderen Strafsatzes bedingen (Schindler, WK-StPO § 313 Rz 21). Soweit sich die Beschwerdeführerin im Rahmen des von ihrem Verteidiger ausgeführten Rechtsmittels auch auf den von ihr persönlich verfassten, als Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung bezeichneten Schriftsatz vom 16. Jänner 2005 bezieht, war darauf nicht Bedacht zu nehmen, weil es nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde gibt. Eigene Aufsätze des Rechtsmittelwerbers sind auch dann unbeachtlich, wenn sich der Verteidiger auf diese Ausführungen bezieht (12 Os 44/81, RIS-Justiz RS0100175). Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen den gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten, die Argumente des Rechtsmittels lediglich wiederholenden Äußerungen der Verteidiger - bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390 Abs 1 StPO.
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