Spruch:
Der Beschluß des Bezirksgerichtes Geföhl vom 4.Dezember 1991, GZ U 32/91-3, verletzt, soweit damit die im Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 7.Mai 1986, GZ 9 a E Vr 64/86-4, ausgesprochene bedingte Strafnachsicht widerrufen wurde (Punkt 1), das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 494 a Abs. 1 Z 4, 498 StPO.
Dieser Teil des Beschlusses wird aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 7. Mai 1986, GZ 9 a E Vr 64/86-4, wurde Franz G***** wegen der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 StGB zu zwei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Das Urteil erwuchs sogleich in Rechtskraft.
In der Folge wurde Franz G***** mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Gföhl vom 28.Jänner 1987, AZ U 209/86, somit innerhalb der erwähnten Probezeit, wegen der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer (weiteren) Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, die gleichfalls unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Das Kreisgericht Krems an der Donau sah daraufhin im ersterwähnten Verfahren mit dem Beschluß vom 6.April 1987, GZ 9 a E Vr 64/86-10, vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht ab, verlängerte jedoch die Probezeit auf fünf Jahre, also bis 6. Mai 1991. Gegen diesen Beschluß wurde kein Rechtsmittel erhoben.
Mit dem Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 18. September 1991, GZ 9 a E Vr 64/86-13, der ebenfalls in Rechtskraft erwuchs, wurde schließlich die Freiheitsstrafe endgültig nachgesehen. Die Probezeit war allerdings zu diesem Zeitpunkt deshalb noch nicht abgelaufen gewesen (§ 49 zweiter Satz StGB), weil der Verurteilte aufgrund des Urteils des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 20.Mai 1987, GZ 10 a Vr 781/86-25, vom 20.Mai 1987 bis 1.März 1990 gemäß § 21 Abs. 1 StGB angehalten worden war (Akten AZ 10 a Vr 781/86 des Kreisgerichtes Krems an der Donau und AZ 14 BE 1013/89 des Kreisgerichtes Korneuburg). Dieser Umstand war zwar in der vom Kreisgericht Krems an der Donau vor der endgültigen Strafnachsicht zum AZ 9 b E Vr 64/86 eingeholten Strafregisterauskunft nicht enthalten, doch hätte ein Aktenvermerk über eine Anhaltung des Verurteilten als psychisch abnormer Rechtsbrecher (ON 11 im Akt AZ 9 a E Vr 64/86) Anlaß zu entsprechenden Erhebungen bieten können.
Franz G***** wurde sodann mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Gföhl vom 4.Dezember 1991, GZ U 32/91-3, wegen des am 4.Juli 1991 verübten Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt; zugleich mit diesem Urteil wurde der Beschluß verkündet, gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO die zum AZ 9 a E Vr 64/86 des Kreisgerichtes Krems an der Donau gewährte bedingte Strafnachsicht zu widerrufen (Punkt 1), hinsichtlich der zum AZ U 209/86 des Bezirksgerichtes Gföhl verhängten Freiheitsstrafe vom Widerruf abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern (Punkt 2) und die Entscheidung über den Widerruf der bedingten Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug dem Oberlandesgericht Wien vorzubehalten (Punkt 3).
In der im Verfahren AZ U 32/91 eingeholten Strafregisterauskunft war zwar die vom Kreisgericht Krems im Verfahren AZ 9 a E Vr 64/86 ausgeseprochene endgültige Strafnachsicht (noch) nicht vermerkt, doch war der bezeichnete Akt vom Bezirksgericht Gföhl beigeschafft worden, sodaß er zur Einsichtnahme zur Verfügung stand (S 1 im Akt AZ U 32/91 des Bezirksgerichtes Gföhl sowie Eingangsvermerk des Bezirksgerichtes Gföhl in der unjournalisiert am Ende des kreisgerichtlichen Aktes AZ 9 a E Vr 64/86 erliegenden Übersendungsnote). Auch der mit dem Urteil vom 4. Dezember 1991 verkündete Beschluß erwuchs in Rechtskraft.
Rechtliche Beurteilung
Der Widerrufsbeschluß (Punkt 1) des Bezirksgerichtes Gföhl vom 4. Dezember 1991 verletzt - zum Nachteil des Verurteilten - das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 494 a Abs. 1 Z 4 und 498 StPO. Denn zufolge des - der materiellen Rechtskraft teilhaft gewordenen - Beschlusses des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 18.September 1991, mit dem die Freiheitsstrafe von zwei Monaten endgültig nachgesehen wurde, durfte eine neuerliche Entscheidung über eine - nun gar nicht mehr
existierende - Probezeit nicht gefällt werden. Der Umstand, daß der Beschluß des Kreisgerichtes Krems rechtsirrig vorzeitig gefaßt worden war, ändert daran nichts.
Aufgrund der vom Generalprokurator erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war somit die zum Nachteil des Verurteilten unterlaufene Gesetzesverletzung festzustellen und der angefochtene Beschluß (Punkt 1) ersatzlos zu kassieren.
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