European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00020.17F.0228.000
Spruch:
Danijel L***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Innsbruck der gegen die am 9. Jänner 2017 beschlossene Fortsetzung der Untersuchungshaft (ON 36) erhobenen Beschwerde des Danijel L***** nicht Folge und setzte die Haft aus dem Haftgrund des § 173 Abs 6 StPO fort (ON 58).
Nach den Annahmen des Oberlandesgerichts ist Danijel L***** dringend verdächtig in I*****
I./ folgende Personen (vorsätzlich) zu töten versucht zu haben, und zwar
1./ am 21. Dezember 2016 Sissy B***** durch das Versetzen von Schlägen und indem er die Genannte massiv strangulierte;
2./ am 22. Dezember 2016 Berta J*****, indem er ihr zumindest einen massiven Schlag auf den Hinterkopf versetzte;
II./ am 22. Dezember 2016 Berta J***** mit Gewalt gegen ihre Person fremde bewegliche Sachen, nämlich ihre Handtasche und den PKW der Marke Ford Fiesta mit dem amtlichen Kennzeichen *****, mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er der Genannten durch die zu I./2./ geschilderte Tat die Handtasche samt dem darin befindlichen Autoschlüssel wegnahm;
III./ am 21. Dezember 2016 ein Fahrzeug, welches zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich den PKW der Marke Fiat Sedici der Sissy B***** mit dem amtlichen Kennzeichen ***** ohne Einwilligung der Berechtigten in Gebrauch genommen zu haben, indem er mit dem Fahrzeug von I***** nach H***** fuhr;
IV./ zumindest am 22. Dezember 2016 Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich das Kfz‑Kennzeichen ***** des Zulassungsberechtigten Mag. Kurt K***** mit dem Vorsatz unterdrückt zu haben, zu verhindern, dass die Kennzeichentafeln im Rechtsverkehr zum Beweis der aufrechten Zulassung gebraucht werden, indem er sie vom zugelassenen PKW entfernte und am PKW der Berta J***** anbrachte.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten, mit der er ausschließlich die Annahme eines dringenden Tatverdachts bekämpft.
Die Annahme des dringenden Tatverdachts kann im Grundrechtsbeschwerdeverfahren in sinngemäßer Anwendung der Z 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden (RIS‑Justiz RS0110146). Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, welche den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht, wenn also für den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe (Scheingründe) angegeben sind, aus denen sich nach Denkgesetzen oder allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluss auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen lässt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (RIS‑Justiz RS0108609, RS0099413).
Das Beschwerdegericht gründete seine Annahmen zum dringenden Tatverdacht auf die beim Tatort zu I./1./ aufgefundenen Schuhabdruckspuren, „die in Form und Größe mit den abgefertigten Abzügen der Laufsohlen beider Schuhe des später Festgenommenen in Einklang zu bringen sind“, sowie auf die Festnahme des flüchtenden Beschuldigten nur unweit des Unfallorts des Fluchtfahrzeugs (zu I./2./). Die belastenden Momente würden zwar für sich allein einen dringenden Tatverdacht nicht begründen können, doch im Zusammenhalt mit dem engen zeitlichen Konnex der Taten und dem sinnfällig selben modus operandi „in der Art einer Duplizität der Übergriffe“, nämlich dem Überfall in einer Tiefgarage unter massiver Gewaltanwendung und unter Verwendung des Fahrzeugs des Tatopfers zur Flucht, würden sie zur Annahme eines dringenden Tatverdachts des Beschuldigten zu beiden Übergriffen führen (BS 9 ff).
Weshalb diese Begründung den Kriterien folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechen sollte, vermag die Beschwerde mit der bloßen Behauptung, die Begründung sei floskelhaft, ungeklärt gebliebene Umstände würden – dem Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) zuwider (vgl dazu aber RIS-Justiz RS0102162) – „willkürlich“ zum Nachteil des Beschuldigten „ergänzt“, nicht darzulegen.
Der Erstbeurteilung der Schuhabdruckspuren durch spurenkundliche Beamte maß das Beschwerdegericht Beweiswert zu, weil diese Beamten eine spezifische fachliche Ausbildung besäßen und keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass deren Einschätzung falsch wäre (BS 10). Indem die Beschwerde letzteren Aspekt heraushebt und eine gesonderte Begründung für diese Beweiswerterwägung einfordert, bekämpft sie nur isoliert einzelne beweiswürdigende Überlegungen des Beschwerdegerichts, ohne einen formalen Begründungsmangel aufzeigen zu können.
Danijel L***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt. Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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