Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Khalid B***** der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (I./), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./), des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (III./) und des Vergehens der Annahme, Weitergabe oder des Besitzes falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden nach § 224a StGB (IV./) schuldig erkannt.
Danach hat er in Graz
I./ nachgenannte Personen gefährlich bedroht, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar
1./ Manuela K***** teils mit dem Tod, teils mit einer auffallenden Verunstaltung,
a./ am 12. Februar 2010 durch Vorhalten eines Messers;
b./ am 24. März 2010 durch die Ankündigung: „Dein Leben ist vorbei. Schau dir gut dein Gesicht an, denn so wird es nie mehr aussehen.“ und
c./ am 1. April 2010 durch die Ankündigung: „Dein Leben ist vorbei! Ich bringe dich um! Ich verätze dein schönes Gesicht mit Säure, damit dich kein anderer Mann bekommt! Schau dir dein Gesicht noch einmal im Spiegel an, so wird es nie mehr aussehen!“;
2./ am 1. April 2010 Marie-Christin S***** mit dem Tod, durch die Ankündigung, sie solle auf dem Nachhauseweg aufpassen, er werde sie einmal erwischen, sie sei die Nächste;
II./ am 20. März 2010 Manuela K***** vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihr einen Faustschlag in das Gesicht versetzte, wodurch sie Hämatome im Gesichtsbereich erlitt;
III./ am 2. September 2011 Denise U***** durch Versetzen mehrerer Schläge in deren Gesicht, Festhalten an den Handgelenken sowie die Ankündigung, sie umzubringen, sohin mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), zur Duldung des Beischlafs genötigt, wobei die Tat eine an sich schwere und länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung mit traumatischer Neurose, zur Folge hatte;
IV./ am 15. September 2011 eine total gefälschte italienische Identitätskarte lautend auf den Namen „Roberto de Luca“, sohin eine falsche ausländische öffentliche Urkunde, die durch Gesetz einer inländischen öffentlichen Urkunde gleichgestellt ist, mit dem Vorsatz besessen, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis seines Rechts auf Aufenthalt in Österreich, des Rechtsverhältnisses seiner italienischen Staatsbürgerschaft und der Tatsache seiner Identität gebraucht werde.
Unmittelbar nach Urteilsverkündung meldete der zu diesem Zeitpunkt durch einen Verfahrenshilfeverteidiger vertretene Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 57 S 17 f).
Am 10. Dezember 2012 wurde der zwischenzeitig bevollmächtigten Wahlverteidigerin Dr. Christine L***** (ON 63) eine Urteilsausfertigung durch Hinterlegung zugestellt (ON 1 S 31).
Vor Ablauf der vierwöchigen Frist zur Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel mit 7. Jänner 2013 stellte die Verteidigerin am 28. Dezember 2012 den am 2. Jänner 2013 beim Landesgericht für Strafsachen Graz eingelangten Antrag auf Verlängerung der Frist zur Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel um 14 Tage (ON 64).
Mit der Verteidigerin am 14. Jänner 2013 zugestelltem Beschluss vom 4. Jänner 2013 (ON 64 Mitte iVm dem auch einen Zustellnachweis enthaltenden Ausdruck aus der Verfahrensautomation Justiz) bewilligte das Landesgericht für Strafsachen Graz ‑ ungeachtet der Verpflichtung um einen bestimmten Zeitraum zu verlängern (§ 285 Abs 2 StPO) ‑ eine Fristverlängerung „bis 13. Jänner 2013“.
Durch die Zustellung des eine Verlängerung nur bis zum Sonntag den 13. Jänner 2013 bewilligenden Beschlusses (erst) am 14. Jänner 2013 stand ‑ weil gemäß § 285 Abs 3 dritter Satz StPO die Zeit von der Antragstellung (12 Os 46/11y) bis zur Bekanntmachung des Beschlusses in die Frist nicht einzurechnen ist ‑ für die Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel (ab dem der Zustellung folgenden Tag, sohin ab 15. Jänner 2013) nur noch die durch Hemmung ab 28. Dezember 2012 verbliebene Rechtsmittelfrist von elf Tagen zur Verfügung; die Nichtigkeitsbeschwerde wäre daher spätestens bis 25. Jänner 2013 einzubringen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Die am 30. Jänner 2013 eingebrachte Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde ist daher verspätet.
Da in der Rechtsmittelanmeldung keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet wurden und auf die in der verspäteten Ausführung geltend gemachten Gründe nicht Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0100168), war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten daher gemäß §§ 285a Z 2, 285d Abs 1 Z 1 StPO bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Graz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Einer amtswegigen Wahrnehmung (§ 290 Abs 1 StPO) des Unterbleibens der Bedachtnahme nach § 31 Abs 1 StGB auf das am 11. Oktober 2011 in Rechtskraft erwachsene Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 6. Oktober 2011, AZ 13 Hv 136/11t (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO), bedarf es nicht; das Oberlandesgericht wird dies bei seinem Sanktionsausspruch zu berücksichtigen haben (RIS‑Justiz RS0119220).
Im Übrigen sei angemerkt, dass der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten auch inhaltlich keine Berechtigung zukäme.
Die Mängelrüge (Z 5) kritisiert unter eigenständiger Wertung der Angaben des Zeugen Samir ***** M***** und unter Hinweis auf nicht entscheidungswesentliche Begleitumstände lediglich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen Schuld die tatrichterliche Beweiswürdigung, ohne einen Begründungsmangel aufzuzeigen. Soweit der Beschwerdeführer an Stelle der gezogenen Schlüsse für ihn günstigere Feststellungen anstrebt, vermag er ebenfalls keinen Nichtigkeitsgrund darzustellen (RIS-Justiz RS0098471).
Entgegen dem einen Feststellungsmangel zu I./ und II./ relevierenden Vorbringen (Z 9 lit b) indizieren weder die Angaben der Zeugin Manuela K***** noch die Verantwortung des Angeklagten einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Alkoholrausch, der eine Subsumtion unter § 287 Abs 1 StGB auch nur möglich erscheinen ließe.
Die Feststellungen zur subjektiven Zurechenbarkeit der Herbeiführung einer schweren Körperverletzung und einer Gesundheitsschädigung mit mehr als 24 Tagen Dauer vermissende Subsumtionsrüge (Z 10) vernachlässigt die bezughabenden Konstatierungen des Erstgerichts, wonach es der Angeklagte jedenfalls für möglich hielt, dass Denise U***** durch den gegen ihren Willen erzwungenen Geschlechtsverkehr eine schwere psychische Belastung mit Krankheitswert erleidet (US 9 zweiter Absatz), und er sich mit dem Eintritt dieser psychischen Gesundheitsstörung auch abfand (US 20 vorletzter Absatz).
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