OGH 12Os46/11y

OGH12Os46/11y20.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. September 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Sommer als Schriftführer in der Strafsache gegen Sead H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 7. März 2011, GZ 13 Hv 126/10w-67, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Beschluss vom 7. März 2011 ersatzlos aufgehoben.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 7. Dezember 2010, GZ 13 Hv 126/10w‑58, wurde Sead H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (A./) und der Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 StGB (B./1./ und B./2) schuldig erkannt.

Das Urteil wurde der Verteidigerin durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt. Beginn der Abholfrist war der 3. Jänner 2011 (Rückschein bei ON 1 S 25). Die ursprüngliche Frist zur Ausführung der rechtzeitig am 10. Dezember 2010 angemeldeten Nichtigkeitsbeschwerde endete somit mit Ablauf des 31. Jänner 2011 (§ 84 Abs 1 Z 3 StPO iVm § 17 Abs 3 ZustG). Vor Ablauf dieser Frist stellte die Verteidigerin - unwiderlegbar (vgl die Beilage zu ON 69) - am 26. Jänner 2011 den am 28. Jänner 2011 bei Gericht eingelangten Antrag auf Verlängerung der Frist für die Ausführung der rechtzeitig (ON 60) angemeldeten Rechtsmittel um zwei Wochen (ON 63).

Mit Beschluss vom 1. Februar 2011, GZ 13 Hv 126/10w-64 - der Verteidigerin zugestellt am 4. Februar 2011 - erstreckte der Vorsitzende die Frist zur Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel (antragsgemäß) „um zwei Wochen“, wobei er ohne nähere Darlegung, aufgrund welcher Überlegungen sich ein solcher Endtermin ergab, ausdrücklich den 16. Februar 2011 als letzten Tag der Frist bezeichnete und in der Beschlussbegründung dazu ausführte, über Antrag des Beschwerdeführers sei die Rechtsmittelfrist „um den Zeitraum“ zu verlängern, der erforderlich ist, um eine ausreichende Vorbereitung der Verteidigung zu gewährleisten. In weiterer Folge langten - jeweils mit Poststempel vom 23. Februar 2011 - eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe (ON 65) sowie ein Protokollberichtigungsantrag ein (ON 65a).

Mit Beschluss vom 7. März 2011 wies das Landesgericht für Strafsachen Graz die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285a Z 2 StPO mit der Begründung zurück, die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde sei angesichts der Postaufgabe am 23. Februar 2011 jedenfalls verspätet (ON 67).

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Rechtsmittelwerbers (ON 69), in welcher er sich auf die Rechtzeitigkeit beruft.

Der Beschwerde gegen die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde (ON 69) kommt Berechtigung zu, weil nach dem Wortlaut des § 285 Abs 3 dritter Satz StPO die Zeit von der Antragstellung bis zur Bekanntmachung des Beschlusses nicht in die Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde eingerechnet wird, somit der Fortlauf der bereits laufenden, beschlussmäßig um zwei Wochen verlängerten Frist von 26. Jänner bis 4. Februar 2011 gehemmt war (zur Fortlaufshemmung Ratz, WK-StPO § 285 Rz 16).

Die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten und über weitere von ihm und der Staatsanwaltschaft erhobene Rechtsmittel wird einer gesonderten Erledigung vorbehalten.

Stichworte