OGH 15Os176/97

OGH15Os176/9715.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.Jänner 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Schmucker und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Kubiczek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Avdija S***** und andere Angeklagte wegen des teils vollendeten, teils in der Entwicklungsstufe des Versuches (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 erster und zweiter Fall SGG, teilweise als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** sowie über die Berufungen des Angeklagten S***** und der Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9.Juli 1997, GZ 8 Vr 3234/96-131, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt (und zwar im Ausspruch über den Grundtatbestand des § 12 Abs 1 SGG bezüglich der Schuldsprüche I.B 1. bis 3.a und 3.b - insoweit nur bezüglich des Verkaufs von 125 Gramm Heroin an Sch***** - sowie I.B 4., ferner im Ausspruch über die gewerbsmäßige Tatbegehung durch den Angeklagten S***** und in den Schuldsprüchen nach dem Waffengesetz laut II. und III. des Urteilssatzes sowie im Einziehungsausspruch), teils demzufolge, teils gemäß § 290 Abs 1 StPO auch betreffend die Angeklagten S***** und H***** einerseits im Ausspruch, die vier Angeklagten haben die inkriminierten Suchtgiftdelikte "als Mitglieder einer Bande" und die Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** überdies "gewerbsmäßig" begangen, ferner die Angeklagten Va***** und H***** haben "die Taten in bezug auf ein Suchtgift begangen, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmacht", demgemäß auch in der rechtlichen Unterstellung der (im Grundtatbestand aufrecht bleibenden) Taten als das Verbrechen nach § 12 "Abs 2 erster und zweiter Fall" SGG und nach § 12 "Abs 3 Z 3" SGG, andererseits im Schuldspruch laut I.A 1. und 2. (zur Gänze), sowie I.B 3.b des Urteilssatzes (diesbezüglich nur insoweit, als dem Angeklagten H***** darin auch angelastet wird, weitere, bereits abgepackte ca 125 Gramm Heroin zu verkaufen versucht zu haben), demzufolge auch in dem die vier Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

II. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.

III. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten S*****, Va*****, Ve***** und H***** ebenso wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer die drei zuletzt genannten Angeklagten betreffenden Berufung auf die kassatorische Entscheidung (I.) verwiesen.

IV. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** auch die durch ihre erfolglos gebliebenen Nichtigkeitsbeschwerden verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche des Angeklagten S***** enthält, wurde dieser zugleich mit den Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** des - teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen - gewerbsmäßig und bandenmäßig begangenen Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 erster und zweiter Fall SGG, S***** (zu I.B 1. und 2.) teils als (unrichtig) Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, Va***** (zu I.A 1.) und H***** (zu I.A 1. und I.B 3.a und b) auch nach § 12 Abs 3 Z 3 SGG, letzterer und Ve***** (zu I.A 2. und I.B 4.) teils als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB, S***** zudem (zu II.) des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 1 WaffenG, Va***** überdies (zu III.) des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffenG schuldig erkannt und unter Anrechnung der Vorhaftzeiten zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Danach haben

I. den bestehenden Vorschriften zuwider gewerbsmäßig und als Mitglieder einer Bande Suchtgift in einer großen Menge, wobei Va***** und H***** die Taten mit Beziehung auf ein Suchtgift begangen haben, dessen Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmacht,

A/ (eine Unterteilung in A/ und B/ könnte bei fortlaufender ziffernmäßiger Bezeichnung als überflüssig entfallen)

1. Karel Va***** und Bekim H***** in Gesellschaft des gesondert verfolgten Mittäters Milan C***** am 2.Dezember 1996 zumindest 250 Gramm Heroin und 306 Gramm Kokain aus Tschechien aus- und nach Österreich eingeführt,

2. Muazim Ve***** am 18.September 1996 in Graz zur versuchten Aus- und Einfuhr von Suchtgift in einer großen Menge des gesondert verfolgten Senad L*****, der am 8.November 1996 in Bad Reichenhall getrachtet hat, 145 Gramm Kokain aus der Bundesrepublik aus- und nach Österreich einzuführen, dadurch beigetragen, daß er den Kontakt zwischen diesem und einem vermeintlichen Suchtgiftkäufer (der in Wahrheit ein verdeckter Ermittler der Polizei war) herstellte;

B/ (diese Bezeichnung ist gleichfalls entbehrlich)

1. Avdija S***** am 4.Dezember 1996 in Graz dadurch, daß er dem gesondert verfolgten Dennis Su***** 5 Gramm Kokain als Probe zur Weitergabe an einen vermeintlichen Suchtgiftkäufer (der in Wahrheit ein verdeckter Ermittler der Polizei war) überließ, in Verkehr gesetzt,

2. Avdija S***** und Karel Va***** am 5.Dezember 1996 in Hartberg dadurch, daß sie ca 301 Gramm Kokain an einen vermeintlichen Suchtgiftkäufer (der in Wahrheit ein verdeckter Ermittler der Polizei war) um 300.000 S zu verkaufen trachteten, in Verkehr zu setzen versucht, wobei die Vollendung der Tat zufolge Festnahme der beiden Angeklagten unterblieb;

3. Bekim H*****

a) am 5.Dezember 1996 in Hartberg zur Ausführung des versuchten Inverkehrsetzens von Suchtgift in einer großen Menge durch die Angeklagten S***** und Va***** (I.B 2. des Urteilssatzes) beigetragen, indem er den genannten unmittelbaren Tätern zuvor Ratschläge für ihr Verhalten bei der Übergabe des Suchtgiftes erteilte, für die Bewaffnung des S***** sorgte (Überlassung von Patronen), sich gemeinsam mit dem gesondert verfolgten Milan C***** in der Nähe des vereinbarten Übergabeortes aufhielt und sich zur Empfangnahme des Verkaufserlöses bereit hielt,

b) am 8.Dezember 1996 in Graz einerseits ca 125 Gramm Heroin durch Verkauf an Raimund Sch***** in Verkehr gesetzt, andererseits weitere ca 125 Gramm Heroin, die er bereits abgepackt bereit hielt, in Verkehr zu setzen versucht, indem er es an namentlich nicht bekannte Abnehmer zu verkaufen trachtete, wobei die Vollendung der Tat zufolge seiner Festnahme unterblieb;

4. Muazim Ve***** am 22.November 1996 in Graz zur Ausführung der unter I.B 1. und 2. geschilderten Straftaten der Angeklagten S***** und Va***** dadurch beigetragen, daß er den Kontakt zwischen ihnen und einem vermeintlichen Suchtgiftkäufer (der in Wahrheit ein verdeckter Ermittler der Polizei war) herstellte;

II. Avdija S***** am 5.Dezember 1996 in Hartberg unbefugt eine Faustfeuerwaffe, nämlich eine Pistole der Marke Glock 17, samt drei Magazinen und 49 Stück Patronen besessen oder (gemeint: und) geführt;

III. Karel Va***** zwischen 2. und 5.Dezember 1996 in Graz und anderen Orten eine verbotene Waffe, nämlich einen Tränengasspray, unbefugt besessen.

Gemäß § 16 a SGG iVm § 26 StGB wurden das sichergestellte Suchtgift (295,5 Gramm Kokain und 121 Gramm Heroin) sowie gemäß § 26 Abs 1 StGB die sichergestellten Waffen (eine Pistole der Marke Glock 17 samt drei Magazinen und ein Tränengasspray) sowie 49 Stück Patronen eingezogen.

Gegen die sie betreffenden Schuldsprüche erhoben die Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** in getrennten Rechtsmittelschriften Nichtigkeitsbeschwerde, die Va***** auf Z 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO stützt; die Angeklagten Ve***** und H***** machen jeweils Z 5 und 9 lit a leg. cit geltend, Ve***** überdies Z 10 und H***** Z 5 a. Der Angeklagte S***** hat die angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde persönlich zurückgezogen (ON 144).

Den Strafausspruch bekämpfen die Angeklagten S*****, Va*****, Ve***** und H***** mit Berufung, der Angeklagte Ve***** außerdem der Sache nach mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO; die Staatsanwaltschaft ficht die Strafhöhe nur bezüglich der Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** mit Berufung an.

Zur Beschwerde des Angeklagten Va***** (ON 147):

Rechtliche Beurteilung

Voranzustellen ist, daß dieser Angeklagte zwar am Beginn der Rechtsmittelschrift erklärt, das Urteil "seinem gesamten Inhalt nach" anzufechten, und in den Rechtsmittelanträgen wiederholt begehrt, "das angefochtene Urteil aufzuheben", die Rechtsmittelausführungen somit den gesamten ihn betreffenden Schuldspruch umfassen sollen; sachliche Einwände werden jedoch nur gegen den Schuldspruch wegen des Suchtgiftverbrechens (I.A 1. und I.B 2.) erhoben. Da zum Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffenG (III.) weder bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde (345/III) noch in ihrer Ausführung ein Tatumstand ausdrücklich oder doch durch deutliche Hinweisung angeführt ist, der einen der im § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe bilden soll, war die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit sogleich zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Soweit der Nichtigkeitswerber in seiner Verfahrensrüge (Z 4) moniert, daß weder seine eigene Beschuldigtenverantwortung, wonach "er am 1.12.1996 nach Österreich eingereist ist" und er deshalb nicht am nächsten Tag gemeinsam mit C***** und H***** Suchtgift mitgebracht haben konnte, noch "die wesentlichen Angaben der Mitangeklagten", sie hätten mit ihm nie über Drogengeschäfte gesprochen, Aufnahme in das Hauptverhandlungsprotokoll vom 9.Juli 1997 gefunden hätten, weshalb der Grundsatz des fair trial im Sinne des Art 6 MRK verletzt worden sei, ist er zur Beschwerde nicht legitimiert. Denn dem Inhalt der allein maßgebenden Hauptverhandlungsprotokolle vom 3. und 9.Juli 1997, deren Berichtigung er nicht begehrt hat (vgl Mayerhofer StPO4 § 271 E 23), ist kein - die nunmehr behauptete mangelhafte Protokollierung betreffender - Antrag zu entnehmen, über den der Gerichtshof gemäß § 238 StPO zu entscheiden gehabt hätte (Mayerhofer aaO § 288 Z 4 E 1). Eine nachträgliche Rüge vermag indes das Unterbleiben einer zeitgerechten Antragstellung nicht zu sanieren (Mayerhofer aaO E 4 g).

Der vorgebliche Protokollführungsmangel könnte aber auch keine Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 3 StPO bewirken, weil davon nur die gänzliche Unterlassung der Aufnahme eines Protokolls betroffen ist (Mayerhofer aaO § 271 E 22 = § 281 Z 3 E 51).

Im übrigen wurden in der Hauptverhandlung vom 9.Juli 1997 ohnehin die Ergebnisse der Hauptverhandlung vom 3.Juli 1997, die zur Ladung weiterer, vom Verteidiger des Angeklagten V***** beantragten Zeugen vertagt worden war (283 f/III iVm 231/III), gemäß § 276 a erster Satz StPO - zulässigerweise - vorgetragen (335/III), in denen auch die inkriminierten Verantwortungspassagen enthalten sind (253 und 259 iVm 275/III), ohne daß dagegen ein in § 281 Abs 1 Z 4 StPO vorausgesetzter Widerspruch erhoben worden wäre.

Bei der gegebenen Sachlage ist daher auch nicht nachvollziehbar, inwiefern das Erstgericht den Grundsatz des fair trial im Sinne des Art 6 MRK verletzt haben sollte.

Der Mängelrüge (Z 5) kommt teilweise Berechtigung zu.

Zutreffend ist nämlich der Beschwerdevorwurf, die zum Schuldspruch laut I.A 1. des Urteilssatzes (Ausfuhr von zumindest 250 Gramm Heroin und ca 306 Gramm Kokain aus Tschechien und Einfuhr dieses Giftes nach Österreich) getroffenen Urteilsfeststellungen (US 11 zweiter Absatz, zweiter Satz) seien mangelhaft begründet.

In der Tat hat das Schöffengericht die - jeglichen Schuldvorwurf im Zusammenhang mit dem Suchtgiftverbrechen in Abrede stellende - Verantwortung des Angeklagten Va***** bloß mit dem pauschalen Hinweis teils auf das "abgeführte Beweisverfahren", teils auf den schriftlichen Bericht (ON 65) sowie auf die Zeugenaussage des Ermittlungsleiters Franz B***** als "eindeutig widerlegt" erachtet, ohne auf die einzelnen Tatvorwürfe differenziert und substantiiert einzugehen (US 16 vierter Absatz). Aber gerade diesen angeführten Beweismitteln (ON 65 iVm S 271 ff/III) sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß Va***** mit H***** und C***** den inkriminierten Suchtgiftschmuggel begangen hat, zumal weder in der Aussage des Zeugen B***** noch in dem von ihm anhand der Angaben des verdeckten Ermittlers verfaßten Bericht ein Suchtgifttransport von Tschechien nach Österreich erwähnt wird.

Allein die in einem anderen Zusammenhang erwähnte Verantwortung des Angeklagten S*****, er sei auch beim Verkauf der 301 Gramm Kokain dabeigewesen, dieses Kokain sei von Tschechien gekommen (US 15 dritter Absatz Mitte), vermag die kritisierte Konstatierung einer Mitwirkung auch des Angeklagten Va***** - wie auch jener des Angeklagten H***** - an diesem Suchtgiftimport nicht zu tragen, wiewohl andere - im Kontext zu beurteilende und vom Erstgericht ungewürdigt gelassene - Verfahrensergebnisse eine Tatbeteiligung der Genannten am Suchtgiftschmuggel durchaus nahelegen lassen könnten.

Wegen dieses Begründungsmangels war daher im aufgezeigten Umfang der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen. Damit erübrigt es sich aber, auf die gleichlautende Argumentation in der Tatsachenrüge (Z 5 a) gesondert einzugehen.

Nicht stichhältig sind indes die unter Z 5 und 5 a gegen die konstatierte Mittäterschaft des Angeklagten Va***** an der versuchten Inverkehrsetzung von ca 301 Gramm Kokain (I.B 2.) erhobenen Beschwerdeeinwände, wonach sich aus der Aktenlage (ZV B***** und Bericht ON 65) lediglich seine Anwesenheit im R*****-Hotel (in H*****) ergäbe, in welchem das Suchtgift an den verdeckten Ermittler übergeben worden sei, woraus aber noch nicht zwingend auf eine strafbare Handlung seinerseits geschlossen werden könne, schon gar nicht, daß er mit H***** und C***** einer Tätergruppe angehöre.

Soweit sich die Rügen gegen die festgestellte Mitwirkung des Nichtigkeitswerbers am versuchten Suchtgiftverbrechen richten, kritisieren sie bloß nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung die insoweit formell einwandfreie Beweiswürdigung des Schöffengerichtes (daß diese geradezu zwingend sein müßte, wird vom Gesetz nicht gefordert), welches in einer Gesamtschau aller wesentlichen Verfahrensergebnisse (insbesondere der für glaubhaft erachteten Aussage des Zeugen B***** und der geständigen Verantwortung des Angeklagten S*****) sowie unter Verwertung des persönlich gewonnenen Eindrucks (§ 258 Abs 2 StPO) - Umstände, die von der Beschwerde übergangen werden - die Mittäterschaft des leugnenden Nichtigkeitswerbers als erwiesen angenommen haben.

Da (wie noch näher ausgeführt werden wird) das bekämpfte Urteil trotz darauf hinweisender Verfahrensergebnisse zur Qualifikation der bandenmäßigen Begehung der Suchtgiftdelikte jegliche Feststellungen zur subjektiven und objektiven Tatseite vermissen läßt, ist auf jene Ausführungen der dagegen (allerdings nur beweiswürdigend und damit nicht prozeßordnungsgemäß) ankämpfenden Tatsachenrüge hier nicht einzugehen.

Daher konnte der Nichtigkeitsbeschwerde insoweit (I.B 2.) kein Erfolg beschieden sein.

Zur Beschwerde des Angeklagten Ve***** (ON 152):

Im Recht ist der Nichtigkeitswerber, soweit er in der Mängelrüge (Z 5) die zum Schuldspruch I.A 2. getroffenen Feststellungen (US 10 letzter Absatz), die vom gesondert verfolgten Senad L***** anläßlich seiner am 8.November 1996 versuchten Einreise von Bad Reichenhall (Deutschland) nach Österreich mitgeführten 145 Gramm Kokain seien "für Salzburg oder Graz bestimmt" gewesen, als undeutlich rügt. Diese - wortgetreu und unkritisch aus der Anklageschrift entnommene - Konstatierung läßt nämlich tatsächlich nicht erkennen, welche entscheidende Tatsache das Schöffengericht als erwiesen angenommen hat (vgl Mayerhofer aaO § 281 Z 5 E 42).

Diese Undeutlichkeit ist aber im Sinne der weiteren Beschwerdeausführungen zu Z 9 lit a nach Lage des Falles für die rechtliche Beurteilung des im bekämpften Schuldspruch umschriebenen Tatgeschehens ausschlaggebend. Wird doch dem Angeklagten V***** im korrespondierenden Urteilsspruch (I.A 2.) iVm mit den Entscheidungsgründen (US 7 f) angelastet, er habe am 18.September 1996 in Graz zum versuchten Schmuggel des L***** von 145 Gramm Kokain von Deutschland nach Österreich am 8.November 1996 dadurch beigetragen, daß er in seinem Lokal "B*****" den Kontakt zwischen L***** und einem vermeintlichen Suchtgiftkäufer (VE) herstellt. Ein allfälliger Bezug der inkriminierten Vermittlungstätigkeit des Beschwerdeführers zu einem Abnehmer in Salzburg ist jedoch dem Urteilssachverhalt (ebenso wie der Aktenlage) nirgends zu entnehmen. Ein strafbarer Beitrag des Angeklagten Ve***** zur versuchten Aus- und Einfuhr des Suchtgiftes läge indes nur dann vor, wenn das tatverfangene Kokain erwiesenermaßen für den von Ve***** vermittelten Abnehmer in Graz bestimmt gewesen wäre.

In der Subsumtionsrüge (Z 10) werden mit Recht Feststellungen subjektiver und objektiver Art zur Qualifikation der bandenmäßigen Begehung des Suchtgiftverbrechens im Sinne des § 12 Abs 2 zweiter Fall SGG vermißt. Trotz darauf hinweisender Verfahrensergebnisse findet sich hiefür in den Urteilsgründen überhaupt kein diesen Schuldvorwurf tragendes Tatsachensubstrat. Die bloße Anführung im Urteilsspruch (US 2: die Angeklagten haben als Mitglieder einer Bande gehandelt) vermag das dem Erstgericht unterlaufene, nichtigkeitsbegründende Versäumnis nicht auszugleichen.

Die aufgezeigten Begründungs- und Feststellungsmängel zwingen zur Aufhebung des Schuld- spruchs I.A 2. einschließlich der - auch den Schuldspruch zu I.B 4. - belastenden Qualifikationen nach dem ersten und zweiten Fall des § 12 Abs 2 SGG, wobei die Aufhebung bezüglich der Gewerbsmäßigkeit, welche der Angeklagte Ve***** unter prozeßordnungswidriger Vernachlässigung der Urteilsfeststellungen (US 19 oben) bestreitet, wegen des Sachzusammenhangs mit dem kassierten Schuldspruch I.A 2. gemäß § 289 StPO zu erfolgen hatte.

Aus diesen Gründen kann das übrige - gleichfalls die angeführten Teile des bekämpften Urteils betreffende - Beschwerdevorbringen auf sich beruhen.

Fehl gehen hingegen die gegen den Schuldspruch I.B 4. erhobenen Vorwürfe.

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider hat das Erstgericht hiezu auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten ausdrücklich Bedacht genommen (vgl US 16 zweiter Absatz), ihr allerdings mit zureichender und denkmöglicher Begründung den Glauben versagt (US 16 ff), was der Rechts- mittelwerber nicht ohne - ihm versagte - beweiswürdigende Kritik zur Kenntnis nehmen will.

Die Aussagen der Zeugen Alija G*****, Bahrija B***** und Zenaida Ve***** (335 ff/III) hinwieder bedurften keiner Erörterung in den Gründen, weil die in der Beschwerdeschrift hervorgehobenen Aussagepassagen den Urteilsfeststellungen (US 7 f, 10, 17 f) nicht entgegenstehen.

Schließlich war das Gericht nicht verhalten, auf die Verantwortung des Angeklagten S***** im Vorverfahren über "meine [des Angeklagten Ve*****] Rolle in der Organisation" näher einzugehen, welche in der Hauptverhandlung in dieser Form gar nicht mehr aufrecht erhalten wurde (vgl 249/III).

Die des weiteren behauptete Undeutlichkeit einer Urteilskonstatierung, aus der - nach Meinung des Rechtsmittelwerbers - nicht zu erkennen sei, in welcher "Absicht" er den Mitangeklagten S***** in das Lokal "B*****" bestellt habe (S 4 unten der Beschwerdeschrift), resultiert allein aus der prozeßordnungswidrigen Beschwerdeargumentation. Bei urteilsgetreuer (nicht die Verhaftung des S*****, sondern jene des L***** wurde dem VE bekannt gegeben) und auch vollständiger Zitierung jenes bemängelten Feststellungsteils über das Zusammentreffen am 22.November 1996 besteht nämlich kein Zweifel am Zweck der von ihm initiierten Zusammenkunft: anstelle des verhafteten L***** machte er dabei den vermeintlichen Suchtgiftkäufer (VE) mit einem anderen, verläßlichereren Kokainlieferanten (S*****) bekannt (vgl US 10 zweiter Absatz), welcher in der Folge tatsächlich ein bedeutendes Suchtgiftgeschäft einfädelte (I.B 1. und 2.).

Entgegen einem anderen Beschwerdevorbringen begründet das Erstgericht die Feststellung, Ve***** sei die Drehscheibe des gesamten Suchtgifthandels gewesen und habe die Verbindung der Suchtgiftlieferanten aus dem tschechischen Raum mit den verdeckten Fahndern hergestellt (US 17 letzter Absatz), keineswegs nur allein mit dem im Urteil besonders hervorgehobenen Verlangen des Angeklagten nach einer Provision für ein nicht zustandegekommenes Suchtgiftgeschäft. Sie wurde vielmehr aus dem vom Zeugen B***** dargelegten Gesamtergebnis der verdeckten Ermittlungen formell einwandfrei abgeleitet (US 16 ff).

Die zum Schuldspruch I.B 4. erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) stützt sich einerseits in objektiver Hinsicht auf das "bloße Anrufen" (des Angeklagten L*****), vermißt andererseits in subjektiver Hinsicht (erneut) die Konstatierung, "was ich mit dem Anruf bezwecken wollte", und resümiert urteilsfremd, es mangle "zur Gänze an objektiven und subjektiven Feststellungen, die einen Tatbeitrag, wozu auch immer, darstellen". Solcherart verfehlt der Beschwerdeführer aber eine gesetzmäßige Ausführung des materiellen Nichtigkeitsgrundes, weil er nicht am konstatierten Tatsachensubstrat festhält.

Eine im Rahmen der Berufung wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Doppelverwertungsverbot der Sache nach geltend gemachte Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 StPO ist durch die Aufhebung des Strafausspruchs gegenstandslos geworden.

Zur Beschwerde des Angeklagten H***** (ON 146):

Ihr kommt lediglich im Ergebnis insoweit Berechtigung zu, als sie - gleich dem Angeklagten Va***** - die Urteilsfeststellungen zum Schuldspruch I.A 1. als unzureichend begründet rügt (Z 5). Um Wiederholungen zu vermeiden, genügt es, auf die eingangs zur Mängelrüge des Angeklagten Va***** dargelegten Ausführungen zu verweisen. Demnach war - in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde - dieser Schuldspruch auch in Ansehung des Angeklagten H***** zu kassieren.

Im übrigen ist die Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Sie setzt sich nämlich in den einzelnen Beschwerdepunkten (Z 5 und Z 5 a) nicht - wie dies erforderlich wäre - mit dem Urteilsinhalt deutlich und bestimmt auseinander und vergleicht diesen nicht mit dem darauf angewendeten Gesetz (Z 9 lit a, der Sache nach Z 10). Sie argumentiert vielmehr nur pauschal und allgemein, zudem ausschließlich auf der Basis der vom Schöffengericht für unglaubwürdig beurteilten (leugnenden) Verantwortung des Nichtigkeitswerbers, der (nach seiner Meinung) das Erstgericht "bei objektiver Beweiswürdigung hätte glauben müssen". Schließlich kommt sie beim Vergleich der "Aktenlage mit dem Urteil" zu den für sie zwingenden Schluß, daß die Schuld des Angeklagten durch kein einziges Beweismittel bestätigt wird, wobei sie die Urteilskonstatierungen zur Gewerbsmäßigkeit (US 19 oben) schlichtweg übergeht und sich in urteilsfremder Beweiswürdigung darüber verliert, warum (nach ihrer Ansicht) auch die Bandenbildung nicht vorliege.

Solcherart bekämpft sie bloß unzulässig, somit unbeachtlich die tatrichterliche Lösung der Schuldfrage.

Der Beschwerde ist zwar zuzugeben, daß ein erheblicher Teil der Entscheidungsgründe wörtlich und unreflektiert aus der Anklagebegründung übernommen wurde; dies führte - wie am Rande bemerkt sei - zu befremdenden Urteilsfeststellungen, welche den in Rechtskraft erwachsenen Teilfreisprüchen des Mitangeklagten S***** geradewegs zuwiderlaufen (US 9 erster und sechster Absatz iVm US 6 f). Dessen ungeachtet hat das Erstgericht - was vom Beschwerdeführer jedoch übergangen wird - seine leugnende Verantwortung eigenständig gewürdigt und im Hinblick auf die für glaubwürdig beurteilten Ausführungen des gesondert verurteilten Mitangeklagten Raimund Sch***** als widerlegt erachtet (US 16 iVm US 18 dritter Absatz). Aus dessen Angaben konnten aber im Zusammenhang mit der Verantwortung des Beschwerdeführers und mit der Suchtgiftbeschlagnahme in einer Wohnung mängelfreie Feststellungen zu den Schuldsprüchen I.B. 3.a sowie I.B.

3. b (was den vollendeten Verkauf von 125 Gramm Heroin anlangt) gewonnen werden.

Sonach war auch diese Nichtigkeitsbeschwerde in ihrem überwiegenden Teil teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Indes mußte der Oberste Gerichtshof gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen einen vom Angeklagten H***** nicht gerügten Feststellungsmangel (Z 10) wahrnehmen, welcher dem Schuldspruch I.B. 3.b insoweit anhaftet, als dem Angeklagten darin auch versuchtes Inverkehrsetzen von 125 (korrekt allerdings nur 122,5 - vgl US 14 iVm S 457, 477/I -) Gramm Heroin angelastet wird.

Dazu wird im erstgerichtlichen Urteil lediglich konstatiert, daß in der Wohnung des Angeklagten eine bereits zum Verkauf verpackte Heroinmenge von 122,5 Gramm mit 18,9 Gramm Reinsubstanzanteil sichergestellt wurde (US 14 und 15). Dieses Tatsachensubstrat reicht aber nach Lage des Falles für einen Schuldspruch wegen versuchten Inver- kehrsetzens nicht aus. Hiezu wäre die weitergehende - nach der Aktenlage keineswegs ausgeschlossene (vgl etwa 319, 367, 381/I) - Feststellung einer Zwischenlagerung des Suchtgifts zum alsbaldigen Verkauf durch den Täter an ihm bekannte Abnehmer erforderlich gewesen. Erst ein solches Verhalten ist in der Regel rechtlich als eine dem Inverkehrsetzen ausführungsnahe Handlung zu bewerten (13 Os 203/96, 14 Os 156/95, 12 Os 36/91 uam). Der bloße Besitz von Suchtgift in einer großen Menge mit dem Vorsatz, daß es in Verkehr gesetzt werden soll, begründet grundsätzlich noch keinen ausführungsnahen Versuch im Sinne des § 15 Abs 2 StGB, sondern nur den gegenüber § 12 SGG privilegierten Vergehenstatbestand nach § 14 a Abs 1 SGG (15 Os 63/95 mw Judikaturnachweisen). Die unvollständigen Urteilsfeststellungen lassen demnach eine abschließende Beurteilung des in Rede stehenden Sachverhalts nicht zu.

Die aufgezeigten Mängel nötigen zur Aufhebung der Schuldsprüche I.A

1. und I.B 3.b (in bezug auf versuchtes Inverkehrsetzen von 125 Gramm Heroin). Damit verliert aber auch die nur die Angeklagten Va***** und H***** beschwerende Qualifikation der Tatbegehung mit Beziehung auf eine "Übermenge" (§ 12 Abs 3 Z 3 SGG) ihre tatsächliche Grundlage. Wegen des sachlichen Zusammenhangs (§ 289 StPO) muß die Teilkassation überdies die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit nach § 12 Abs 2 erster Fall SGG hinsichtlich dieser beiden Angeklagten erfassen.

Aus Anlaß der Beschwerden ist ferner gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß der vom Angeklagten Ve***** erfolgreich geltend gemachte Feststellungsmangel (Z 10) zur Qualifikation nach § 12 Abs 2 zweiter Fall SGG gleichermaßen den Mitangeklagten S*****, Va***** und H***** zustatten kommt, welche zum Urteilsvorwurf bandenmäßiger Begehung der Suchtgifttaten diesen Subsumtionsfehler entweder gar nicht oder nur prozeßordnungswidrig angefochten haben, weshalb diese Qualifikation ebenso mangels Feststellungsgrundlage zur Gänze aufzuheben war.

Zusammenfassend ist daher unter Einbeziehung des detaillierten Urteilsspruchs festzuhalten:

In Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalprokuratur waren bezüglich der Angeklagten Va*****, Ve***** und H***** teils in Stattgebung ihrer Nichtigkeitsbeschwerden, teils aus deren Anlaß einerseits die Schuldsprüche I.A 1., I.A. 2. und I.B 3.b (wegen des versuchten Inverkehrsetzens von 125 Gramm Heroin), andererseits sämtliche Qualifikationsaussprüche aufzuheben. Beim Angeklagten S*****, der keine Beschwerde - in Ansehung auch nur eines Teiles seines Schuldspruches - ergriffen hat, war aus Anlaß der Beschwerden der Mitangeklagten (lediglich) die Qualifikation bandenmäßiger Begehung zu kassieren. Demzufolge waren auch die vier Strafaussprüche aufzuheben und dem Erstgericht im Umfang der Aufhebung die Verfahrenserneuerung aufzutragen.

Mit ihren Berufungen waren sowohl die vier Angeklagten als auch der Staatsanwalt auf diese kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Im übrigen waren die Nichtigkeitsbeschwerden zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO) und insgesamt wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Im erneuerten Verfahren wird auf die Bestimmungen des mit 1.Jänner 1998 in Kraft getretenen Suchtmittelgesetzes - SMG (BGBl 112/1997) sowie auf §§ 1, 61 StGB Bedacht zu nehmen sein (§ 48 SMG).

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