Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Teilfreisprüche enthält, wurde Rodolfo G***** (zu I./1./) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB, (zu I./2./) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG sowie (zu II./) des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in Linz
I./ „und andernorts, teils mit nachgenannten Mittätern vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) mehrfach übersteigenden Menge, teils (1./) als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) aus der Dominikanischen Republik aus- und via Spanien nach Österreich eingeführt bzw aus- und einzuführen versucht sowie anderen überlassen, wobei er die Straftaten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und in Bezug auf Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge beging, und zwar
1./ aus- und eingeführt, indem er
a./ Mitte August 2008 Eliana Altagracia R***** beauftragte, eine von ihm bereits bestellte und bezahlte insgesamt unbekannte Menge, jedoch zumindest 1.000 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 40 % (400 Gramm Cocain Reinsubstanz) in der Dominikanischen Republik von David Antonio S***** zu übernehmen und nach Österreich zu transportieren, wobei es beim Versuch blieb;
b./ Mitte November 2008 die zu AZ 24 Hv 30/10g des Landesgerichts Linz abgesondert verurteilte Eliana Altagracia R***** mit dem Schmuggel von zumindest 1.000 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 40 % (400 Gramm Cocain Reinsubstanz) aus der Dominikanischen Republik via Madrid nach Österreich beauftragte, wobei R***** am 8. Februar 2008 in Wien Schwechat mit der Schmuggelware nach Österreich einreiste und das Kokain am 11. Februar 2009 Rodolfo G***** und dessen Bruder Nelson Aquilino G***** übergab;
2./ anderen überlassen, indem er die zu oben I./1./b./ beschriebenen, durch Schmuggel nach Österreich gelangten Kokainmengen, dh zumindest 1.000 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 40 % (400 Gramm Cocain Reinsubstanz) sowie zwischen Jänner 2008 und 21. September 2008 in regelmäßigen wöchentlichen Teilankäufen (38 Wochen) zu je 60 Gramm Kokain zum Grammpreis zwischen 80 Euro und 90 Euro bei Jacinto de Jesus F***** alias Ivan Alexis C***** („N*****“) erworbene 2.280 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 40 % (912 Gramm Cocain Reinsubstanz) großteils unbekannten Abnehmern durch gewinnbringenden Verkauf überließ, ua um den 1. Jänner 2010 im Lokal „C*****“ an zwei Unbekannte eine nicht näher bekannte Menge Kokain;
II./ am 7. Juni 2010 vor Gericht als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem er im Verfahren gegen Nelson Aquilino G***** zu AZ 61 Hv 48/10a des Landesgerichts Linz angab, er bleibe bei seinen polizeilichen Angaben, es stimme nicht, dass Eliana (R*****) Suchtgift aus der Dominikanischen Republik transportieren sollte, Grund für das Treffen im Februar 2009 in Steyr sei gewesen, dass Eliana ihm zwei Bilder und seinem Bruder Papiere für Immobilien mitgebracht habe“.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gegründeten Nichtigkeitsbeschwerde; sie verfehlt ihr Ziel.
Keine oder eine nur offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) liegt dann vor, wenn für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen entweder überhaupt keine oder nur solche Gründe angegeben sind, aus denen sich nach Denkgesetzen und allgemeiner Lebenserfahrung ein Schluss auf die zu begründende Tatsache entweder überhaupt nicht ziehen lässt oder der logische Zusammenhang kaum noch erkennbar ist (RIS-Justiz RS0108609).
In diesem Sinn blieben die Feststellungen zur Begehung der Taten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (und nicht - wovon die Beschwerde offenbar ausgeht - einer kriminellen Organisation) nicht unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern wurden auf verschiedene Zeugenaussagen aus der „Dominikaner-Szene“, insbesondere auf jene von Y***** und Rogelio H*****, gegründet (US 10 f; ON 2 S 205, 295). Mit eigenständigen Beweiswerterwägungen hiezu bestreitet die Beschwerde diese Annahmen bloß, ohne einen formellen Begründungsmangel aufzeigen zu können.
Nichts anderes gilt für die erstgerichtlichen Annahmen zur Menge des aus- und eingeführten Suchtgifts sowie zu dessen Reinheitsgehalt (US 5 f). Die Konstatierungen zur transportierten Suchtgiftmenge stützen die Tatrichter - logisch und empirisch einwandfrei - auf die Aussage der Zeugin Eliana R***** (US 11). Den Reinheitsgehalt des eingeführten und überlassenen Suchtgifts leiteten sie - im Unterschied zu dem der vom Verteidiger zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, AZ 14 Os 146/10t, zugrunde liegenden Ersturteil - aus einem Vergleich mit anderen sichergestellten Kokainmengen vergleichbarer Provenienz ab, wobei sie auf Basis einer (nicht überraschenden - vgl die in der Hauptverhandlung vorgetragenen Anklageschrift ON 38 [RIS-Justiz RS0119094 T1] und überdies schon die Haftentscheidung des Oberlandesgerichts ON 27) Gerichtsnotorietät zugunsten des Angeklagten von einem „im unterstmöglichen gesicherten Bereich“ liegenden Wert ausgingen (US 13).
Auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite schlossen die Tatrichter - zulässigerweise (RIS-Justiz RS0116882; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452) - aus der Erfüllung des objektiven Tatbestands (US 13). Dies gilt auch für den festgestellten Vorsatz, die Taten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung zu begehen, der somit - der Beschwerde zuwider - nicht unbegründet geblieben ist. Die diesbezüglichen Ausführungen des Rechtsmittels, es fehlten „jegliche Hinweise auf ein übergeordnetes Organ“ und „die Verbindungen zwischen den verschiedenen Vertriebsstufen“, geht offenbar wiederum fälschlicherweise von einer Verurteilung wegen Begehung der Taten im Rahmen einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) aus.
In Bezug auf Faktum I./2./ (Ankauf von Suchtgift bei „N*****“ und dessen Weiterverkauf) vermisst die Beschwerde eine Auseinandersetzung mit der Aussage der Zeugin Isaura Ho***** (Z 5 zweiter Fall). Diese haben die Tatrichter jedoch nicht übergangen, vielmehr wurden die Depositionen der Zeugin vor der Polizei deren anders lautenden Angaben in der Hauptverhandlung gegenübergestellt und dabei ersteren Glauben geschenkt (US 12). Mit der eigenständigen Bewertung dieser Aussage kritisiert der Beschwerdeführer neuerlich lediglich die Beweiswürdigung des Erstgerichts, ohne einen Begründungsmangel im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen.
Weshalb es zur Beweiswürdigung einer näheren Beschreibung zweier Abnehmer („D*****“ und „Di*****“) und „konkreter Ausführungen zur Dominikaner-Szene“ bedurft hätte, vermag die Beschwerde nicht anzugeben. Ebenso war „der Schluss auf den Verkauf von Drogen nur auf Basis von Zeugen vom 'Hörensagen'“ - bei Unerreichbarkeit unmittelbarer Beweismittel - nicht unzulässig.
Der formelle Nichtigkeitsgrund nach Z 5a greift seinem Wesen nach erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können und dürfen, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht ermöglicht (RIS-Justiz RS0119583).
Mit dem Vorwurf, das Erstgericht sei nicht völlig unvoreingenommen gewesen, der Behauptung, die Zeugin R***** habe sich nicht an alle Details erinnern können (vgl aber ON 48 S 28: „Ich kann nur sagen, dass ich ein Päckchen mit einem Kilogramm übergeben habe.“), dem Hinweis, dass kein Suchtgift sichergestellt worden sei und einer eigenständigen Interpretation der Angaben der Zeugin Ho***** vermag es die Tatsachenrüge nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken. Der Zweifelsgrundsatz („in dubio pro reo“) schließlich ist nicht Gegenstand des formellen Nichtigkeitsgrundes der Z 5a (RIS-Justiz RS0102162).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) bestreitet auf Basis selektiv hervorgehobener Zeugenaussagen das Vorliegen einer Bestimmungshandlung. Sie übergeht dabei aber die erstgerichtliche Feststellung, wonach der Angeklagte seine Ex-Freundin Eliana R***** beauftragte, Mitte August 2008 für ihn Kokain nach Österreich zu schmuggeln (US 5), und verfehlt so den Bezugspunkt der Geltendmachung materiellrechtlicher Nichtigkeit. Dass der Erwerb und die Übergabe der Tickets für den Flug „noch keine Bestimmungshandlung oder Vorbereitungshandlung gewesen“ sei, wird vom Beschwerdeführer ebenfalls bloß behauptet, nicht aber aus dem Gesetz abgeleitet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Linz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde ergibt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO).
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