Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Nedzad S***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall und Abs 2 Z 1 und 3 SMG als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB (A./) und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 und 3 SMG (B./) schuldig erkannt.
Danach hat er in V*****, B***** und an anderen Orten vorschriftswidrig, wobei er die Straftaten gewerbsmäßig begangen hat und schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden ist,
A./ einen anderen zur Ein- und Ausfuhr von Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge (großen Menge) bestimmt, indem er
1./ etwa Ende November 2010 den abgesondert verfolgten Patrick Sch***** sowie einen Unbekannten beauftragte, ungefähr 2 kg Amphetamin (Reinheitsgehalt zumindest 10 %, US 3) von Deutschland aus- und nach Österreich einzuführen,
2./ etwa im Dezember 2010 die abgesondert verfolgte Sissy H***** beauftragte, ungefähr 1 kg Amphetamin (Reinheitsgehalt zumindest 5 %, US 4) von Deutschland aus- und nach Österreich einzuführen,
B./ Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge (großen Menge) anderen überlassen, indem er in der Zeit von etwa Ende November 2010 bis etwa Ende Jänner/Anfang Februar 2011 das in Punkt A./ angeführte Amphetamin an den abgesondert verfolgten Zarko J*****, einen unbekannt gebliebenen Abnehmer sowie an weitere unbekannte Abnehmer verkaufte und dem gesondert verfolgten Reinhard W***** zum Weiterverkauf überließ.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf Z 5 und Z 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Sie verfehlt ihr Ziel.
Entgegen dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) hat sich das Schöffengericht mit den Angaben des Zeugen W***** vor der Polizei und in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt (US 4 ff). Es ist kein Begründungsmangel, wenn das Gericht nicht den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen wie überhaupt aller Verfahrensergebnisse im Einzelnen erörtert und darauf untersucht, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, und sich nicht mit jedem gegen seine Beweiswürdigung möglichen, im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde konkret erhobenen Einwand im Voraus auseinandersetzt. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof im Urteil in gedrängter Form die entscheidenden Tatsachen bezeichnet und logisch einwandfrei und zureichend begründet, warum er von der Richtigkeit dieser Annahme überzeugt ist, ohne dagegen sprechende Umstände mit Stillschweigen zu übergehen (RIS-Justiz RS0098377).
Ebensowenig ließen die Tatrichter die Verantwortung des Angeklagten in der Hauptverhandlung außer Acht, er habe von dem von Reinhard W***** erhaltenen Betrag 3.000 Euro zur Schuldentilgung verwendet und damit keineswegs den Ankauf von Suchtgift finanziert (US 6).
Dass der Zeuge Sch***** sowohl vor der Polizei als auch in der Hauptverhandlung die Einfuhr von 2 kg Amphetamin nach Österreich bestritt, hat das Schöffengericht entgegen dem weiteren Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) ebensowenig unberücksichtigt gelassen (US 5). Das gilt auch für die Verantwortung des Angeklagten, der Kurierdienst des Zeugen Sch***** hätte lediglich dazu gedient, Schulden in Deutschland zu begleichen (US 5 ff).
Indem der Rechtsmittelwerber auf die Aussage des Zeugen W***** vor der Polizei verweist, wonach dieser lediglich aus Verzweiflung für den Angeklagten 700 Gramm Speed verkauft hätte, um seine 4.000 Euro zurückzuerhalten, gelingt es ihm ebenfalls nicht, Unvollständigkeit der Urteilsbegründung (Z 5 zweiter Fall) aufzuzeigen. Das Vorbringen, es sei völlig unerklärlich, warum der Zeuge W***** sein dem Angeklagten gegebenes Darlehen nicht zurückbekommen sollte, wenn „der Angeklagte nach Übergabe der zwei Kilo Amphetamine umgehend rund ein Kilo Amphetamine an einen unbekannt gebliebenen Abnehmer in B***** und 300 g an Zarko J***** sowie die restlichen Mengen an weitere unbekannte Abnehmer verkaufen konnte“, richtet sich nach Art einer - im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen - Schuldberufung gegen die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.
Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Mit der Wiederholung des Vorbringens der Mängelrüge, der Angeklagte hätte das von Reinhard W***** erhaltene Darlehen in Höhe von ca 4.000 Euro nicht für den Ankauf von Suchtgift, sondern zur Tilgung alter Schulden verwendet, gelingt es jedenfalls nicht, derart qualifizierte Bedenken zu wecken.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 344 StPO).
Unter dem Gesichtspunkt des § 290 Abs 1 StPO bleibt anzumerken, dass das Erstgericht zu A./ zu Unrecht die Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG angenommen hat, weil der Angeklagte nach den Feststellungen (US 3 f) die Ein- und Ausfuhr nicht in der Absicht begangen hat, daraus selbst eine Einnahme zu erzielen, eine solche sollte vielmehr erst aus dem späteren Verkauf erwirtschaftet werden (vgl Fabrizy, Suchtmittelrecht5 [2012] § 27 SMG Rz 18; Litzka/Matzka/Zeder, SMG² [2009] § 27 SMG Rz 79, jeweils zu Erwerb und Besitz). Für eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bestand jedoch kein Anlass, weil eine konkrete Benachteiligung des Angeklagten über die unrichtige Lösung der Rechtsfrage hinaus nicht gegeben ist (vgl RIS-Justiz RS0113957; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 22 ff). An die insoweit fehlerhafte Subsumtion ist das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118870; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 27a).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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