OGH 15Os154/96

OGH15Os154/9624.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Oktober 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Berger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann A***** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 26.Juni 1996, GZ 16 Vr 873/95-55, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Johann A***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB angeordnet, weil er am 7.September 1995 im Krankenhaus der Stadt St.Pölten dadurch, daß er dem Dr.Bernhard F***** gegenüber äußerte, er sei eine Kampfmaschine, ein Terminator und habe den telefonischen Auftrag, den Bürgermeister von St.Pölten, Wilhelm G*****, "zu erledigen", einen anderen mit dem Tode gefährlich bedroht hat, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, sohin eine mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohte Tat begangen hat, die ihm, wäre er zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen, als das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB zuzurechnen gewesen wäre, wobei er nur deshalb nicht bestraft werden kann, weil er sie unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustande (§ 11 StGB) begangen hat, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht und wobei nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat zu befürchten ist, daß er sonst unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen wird.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Einweisungsausspruch bekämpft der Betroffene mit einer (in Zweifel zu seinen Gunsten als rechtzeitig angemeldet zu beurteilenden - vgl hiezu die Äußerung des Vorsitzenden auf dem Vorlagebericht S

301) Nichtigkeitsbeschwerde, die er auf die Z 5, 5 a, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO stützt, sowie mit Berufung.

Die in der Mängelrüge (Z 5) behauptete Widersprüchlichkeit zwischen der erstgerichtlichen Feststellungspassage, "wobei er [A*****] bezweckte, diesen [Wilhelm G*****] in Furcht und Unruhe zu versetzen" (US 4 oben), und der in den Entscheidungsgründen (teilweise) wiedergegebenen Aussage des Zeugen Dr.F*****, seiner Meinung nach "hätte der Betroffene nicht daran gedacht, daß seine Äußerungen weitergegeben würden" (US 5 mitte), kann schon deshalb nicht vorliegen, weil es sich dabei weder um sich gegenseitig ausschließende Tatsachenfeststellungen noch um den Denkgesetzen widersprechende Schlußfolgerungen tatsächlicher Art handelt, die auf der Basis der Gutachten der Sachverständigen Dr.Sch***** und Prim.Dr.Si*****, einer Aussage des Betroffenen vor dem Untersuchungsrichter und seiner letztlich auch die subjektive Tatkomponente einräumenden Verantwortung in der Hauptverhandlung vom 26. Juni 1996 gezogen wurden (US 4 f) (vgl Foregger/Kodek StPO6 S 397).

Das daran anknüpfende, weitestgehend von spekulativen Überlegungen getragene Beschwerdevorbringen läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß der Nichtigkeitswerber einzelne, isoliert hervorgehobene (allerdings jeweils unvollständig und daher teilweise sinnverkehrt) zitierte Teile der an sich unfechtbaren schöffengerichtlichen Erwägungen (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 281 Z 5 E 2, 26) sowie einen Satz aus der Verantwortung des Betroffenen in der Hauptverhandlung (274 oben) und einige Stellen aus der Aussage des Zeugen Dr.F***** zu seinen Gunsten umzudeuten trachtet und - selbst beweiswürdigend - zum Ergebnis gelangt, er habe keine Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) gehabt, Wilhelm G***** in Furcht und Unruhe zu versetzen und daraus ableitet:

"Mit dem Wegfall der Absicht, daß das von mir Erzählte an den Bürgermeister der Stadt St.Pölten weitergeleitet wird, fällt aber der Tatbestand des § 107 StGB hin".

Solcherart wird aber bloß unzulässiger Weise und demnach unbeachtlich nach Art einer in den Verfahrensgesetzen gegen kollegialgerichtliche Urteile nicht vorgesehenen Schuldberufung die Beweiswürdigung der Erkenntnisrichter bekämpft, die in einer ausführlichen und kritischen Gesamtschau aller maßgebenden Beweisergebnisse nach den Grundsätzen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nicht nur die für die Erfüllung des in Rede stehenden Vergehenstatbestandes erforderlichen subjektiven und objektiven Sachverhaltselemente festgestellt, sondern diese auch mängelfrei begründet haben.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermißt (inkonsequenter Weise) gerade jene Urteilsfeststellung (US 6 unten bis 7 oben, in der unmißverständlich zum Ausdruck gebracht wird, daß nach Ansicht des Erstgerichts "nur" die angeordnete Anstaltsunterbringung beim Betroffenen die spezifische Tatbegehungsgefahr zu beseitigen vermag), welche in der Tatsachenrüge (Z 5 a) zu Unrecht kritisiert wird, weil sie nach Meinung des Beschwerdeführers weder den Entscheidungsgründen noch dem Inhalt des Strafaktes entspreche. Die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Rechtsrüge hinwieder vertritt die Ansicht, daß "unter den gegebenen Voraussetzungen eine Unterbringung in eine Anstalt für geistig-abnorme Rechtsbrecher mangels festgestellter Tatbestandsvoraussetzungen nicht hätte erfolgten dürfen, mithin das Erstgericht seine 'Strafbefugnis' überschritten hat".

Indes wendet sich der Rechtsmittelwerber mit allen diesen Ausführungen bloß gegen die Annahme seiner Gefährlichkeit im Sinne des § 21 Abs 1 Ende StGB. Die Gefährlichkeitsprognose ist aber als richterliche Ermessensentscheidung ausschließlich mit einer (hier ohnehin erhobenen) Berufung (auf Seite 5 der Rechtsmittelschrift versehentlich als "Schuldberufung" bezeichnet) bekämpfbar, auch wenn - wie gegenständlich - das Vorliegen prozessualer und materieller Nichtigkeitsgründe behauptet wird (vgl zu all dem 15 Os 54/95 und Leukauf/Steininger Komm3 § 21 RN 17 jeweils mwN).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher als teils offenbar unbegründet, teils nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 und Z 2 iVm § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung dem Oberlandesgericht Wien zukommt (§ 285 i StPO).

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