European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0150OS00015.19Y.0227.000
Spruch:
Das Urteil des Bezirksgerichts Weiz vom 17. Oktober 2018, GZ 10 U 88/18h‑13, verletzt § 293 Abs 2 StGB.
Dieses Urteil sowie der unter einem gemäß § 494a StPO gefasste Beschluss werden aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:
P***** U***** wird von dem wider ihn erhobenen Vorwurf gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen, er habe am 30. April 2018 in W***** ein falsches Beweismittel in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren gebraucht, indem er der Bezirkshauptmannschaft W***** in einem Verfahren nach der Gewerbeordnung eine von ihm unterfertigte Erklärung vorlegte, wonach gegen ihn keine ungetilgte gerichtliche Verurteilung wegen einer strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen vorläge, obwohl dieser Gewerbeausschlussgrund gegeben war.
Gründe:
Mit Urteil des Bezirksgerichts Weiz vom 17. Oktober 2018, GZ 10 U 88/18h‑13, wurde P***** U***** des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 30. April 2018 in W***** durch die Vorlage einer von ihm unterschriebenen Erklärung über das Nichtvorliegen von Gewerbeausschlussgründen nach § 13 Abs 1 GewO, in der er eine noch nicht getilgte gerichtliche Verurteilung wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verschwieg, „ein gefälschtes Beweismittel“ in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren vor der Bezirkshauptmannschaft W***** zur Anmeldung des Gewerbes „Wartung und Überprüfung von Handfeuerlöschern“ gebraucht.
Unter einem wurde mit Beschluss vom Widerruf der dem Angeklagten mit drei Urteilen jeweils gewährten bedingten Strafnachsichten gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO abgesehen, in zwei Fällen wurden die Probezeiten auf fünf Jahre verlängert.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil steht – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt – mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Der in § 293 StGB verwendete – auf Sachbeweise einzuschränkende – Begriff „Beweismittel“ umfasst alles, was dazu dienen kann, ein Gericht oder eine Behörde von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Behauptung zu überzeugen (RIS‑Justiz RS0096383; Plöchl/Seidl in WK² StGB § 293 Rz 9). Falsch im Sinn der Gesetzesstelle ist ein Beweismittel, wenn es bei seinem Gebrauch geeignet ist, die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen in eine falsche (oder andere) Richtung zu lenken, weil es (formell) unecht ist (den Anschein anderen Ursprungs erweckt) oder einen unrichtigen Inhalt hat (vgl RIS‑Justiz RS0104980; 15 Os 41/15s; Plöchl/Seidl in WK2 StGB § 293 Rz 17; Kirchbacher in WK² StGB § 147 Rz 38). Eine schriftliche Lüge ist aber nur dann tatbildlich, wenn ihr ein über die bloße Behauptung des Vorliegens der dem jeweiligen Verfahren zugrunde liegenden Anspruchsvoraussetzungen oder das bloße Vorbringen des eigenen Verfahrensstandpunkts hinausgehender Beweiswert zukommt (Plöchl/Seidl in WK² StGB § 293 Rz 18; Tipold SbgK § 293 Rz 19 f). Diesen Kriterien entsprechen unwahre schriftliche Erklärungen von Verfahrensparteien, die der Sache nach nicht über unrichtiges Vorbringen oder Behauptungen hinausgehen, nicht (vgl RIS‑Justiz RS0117739; zur Gewerbeanmeldung: 14 Os 71/14v; 15 Os 41/15s).
Demgemäß stellt die von P***** U***** unterfertigte Erklärung über das Nichtvorliegen von Tatsachen, die einer Eintragung in das Gewerberegister entgegenstehen können, bloß die (unrichtige) Behauptung des Gewerbeanmelders dar, dass die – von der Behörde zu prüfenden (§ 340 Abs 1 GewO) – gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vorliegen, ohne dass ihr ein darüber hinausgehender Beweiswert zukommt.
Das Bezirksgericht Weiz hat daher den Gebrauch der schriftlichen Erklärung anlässlich der Gewerbeanmeldung bei der Bezirkshauptmannschaft zu Unrecht dem Tatbestand der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 2 StGB unterstellt.
Die aufgezeigte Gesetzesverletzung gereichte dem Verurteilten zum Nachteil; der Oberste Gerichtshof sah sich veranlasst, ihrer Feststellung wie aus dem Spruch ersichtlich konkrete Wirkung zuzuerkennen (§ 292 letzter Satz StPO). Rechtslogisch davon abhängige weitere Entscheidungen und Verfügungen gelten damit gleichermaßen als beseitigt (RIS‑Justiz RS0100444).
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