Spruch:
Der Beschluß des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22.April 1996, GZ 12 E Vr 880/96-26 (S 163), mit welchem die dem Josef L***** im Urteil des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 18. Jänner 1993, GZ 4 U 20/93-3, gewährte bedingte Nachsicht gemäß § 494 a Abs 1 Z 4 StPO widerrufen wurde, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 494 a Abs 4, 498 StPO.
Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieser Beschluß aufgehoben.
Text
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit (gemäß § 458 Abs 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 18.Jänner 1993, GZ 4 U 20/93-3, wurde Josef L***** des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür zu einer - gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt. Nach Ablauf der Probezeit faßte der Bezirksrichter (nach Einholung einer Äußerung des Bezirksanwaltes, in der einer endgültigen Strafnachsicht zugestimmt wurde) am 22.März 1996 den Beschluß auf endgültige Nachsicht der Freiheitsstrafe (S 39 Punkt III. iVm ON 8). Dieser Beschluß wurde zwar dem Verurteilten, nicht aber dem Bezirksanwalt zur Einsicht zugestellt (abermals S 39, 45 f), sodaß er noch nicht rechtskräftig ist. Dennoch verfügte der Bezirksrichter zugleich mit seinem Beschluß die Verständigung des Strafregisteramtes (mit StPOForm BedV 8). Die darin gelegene Verletzung der Bestimmung des § 4 Abs 1 StRegG (vgl 15 Os 128-130/94) wurde von der Generalprokuratur allerdings nicht zum Gegenstand der vorliegenden Nichtigkeitsbeschwerde gemacht.
Mit (gemäß §§ 488 Z 7, 458 Abs 2 und 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22.April 1996, GZ 12 E Vr 880/96-26, wurde Josef L***** (erneut) wegen verschiedener, innerhalb der erwähnten Probezeit begangener Vergehen zu einer (unbedingten) fünfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurde (nach der Aktenlage ersichtlich von Amts wegen) gemäß "§ 494 a" (zu ergänzen: Abs 1 Z 4) StPO die bedingte Nachsicht der einmonatigen Freiheitsstrafe widerrufen (163). Urteil und Widerrufsbeschluß erwuchsen am 26.April 1996 in Rechtskraft (ON 28).
Der bezeichnete Widerrufsbeschluß steht - wie der Generalprokurator in seiner gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Obwohl der bezughabende Vorstrafakt des Bezirksgerichtes Voitsberg dem Einzelrichter des Landesgerichtes für Strafsachen Graz seit 19. April 1996 - demnach auch bei Beschlußfassung in der Hauptverhandlung - zur Verfügung stand (vgl die Verfügung des Einzelrichters anläßlich der Ausschreibung der Hauptverhandlung S 1 b vs, das Ersuchen um Aktenübersendung StPOForm Anfr 4 im Akt 4 U 20/93 des Bezirksgerichtes Voitsberg und die korrespondierende Eintragung in der Aktenübersicht des Aktes des Landesgerichtes für Strafsachen Graz), hat er den im bezirksgerichtlichen Akt erliegenden (wenngleich noch nicht rechtskräftigen) Beschluß vom 22.März 1996 auf endgültige Nachsicht nicht beachtet und die Entscheidungskompetenz über den Widerruf der bedingten Nachsicht zu Unrecht in Anspruch genommen. Da der Beschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg auch schon vor Eintritt der Rechtskraft Sperrwirkung erzeugte, derzufolge ein Gericht ohne vorangegangene Aufhebung dieses Beschlusses nicht berechtigt ist, über den Entscheidungsgegenstand neuerlich abzusprechen, vermochte der (zeitlich nachfolgende) Widerrufsbeschluß weder die schon vorher beschlossene endgültige Strafnachsicht zu beseitigen noch gegen den Verurteilten irgendwelche Rechtsfolgen nach sich zu ziehen; die Sperrwirkung des Beschlusses des Bezirksgerichtes Voitsberg blieb vielmehr hievon unberührt (erneut 15 Os 128-130/94, 15 Os 143/95 uam).
Der Widerrufsbeschluß des Einzelrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Graz verletzt sonach das Gesetz in dem sich aus §§ 494 a Abs 4, 498 StPO hervorgehenden Grundsatz der Sperrwirkung gerichtlicher Entscheidungen ("ne bis in idem").
In Stattgebung der Beschwerde war sohin der verfehlte Widerrufsbeschluß zu kassieren.
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