Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die durch die Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz B*** der Verbrechen (C) des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB, (B) des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB und (E) der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie der Vergehen (A) des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB, (D) der Sachbeschädigung nach § 125 StGB und (F) der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 23 StGB in eine Anstalt für gefährliche Rückfallstäter eingewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs 1 Z 1 a, 2, 3, 4, 5, 9 lit. a, 9 lit. c und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt keine Berechtigung zu.
Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 1 a) erblickt der Beschwerdeführerin darin, daß das erkennende Gericht nichts zur Bestellung eines anderen Verteidigers für ihn (durch die Rechtsanwaltskammer) unternommen habe, obwohl er außerstande gewesen sei, zu dem ihm "formell zugeteilten" Verteidiger Vertrauen zu fassen, jenem seine Situation im Tatzeitpunkt und seine Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung eines sozialgerechten Verhaltens zu schildern und ihn "als den ihm vorstellbaren Verteidiger zu ersehen"; hiedurch sei "die materielle Seite dieser Formalbestimmung" (gemeint anscheinend: § 41 Abs 3 StPO) nicht erfüllt worden, wonach "der Verteidiger für die ganze Dauer der Hauptverhandlung vorgeschrieben" sei.
Die Rüge versagt. Denn abgesehen davon, daß die Auswahl der Person eines zu bestellenden Verteidigers der gerichtlichen Ingerenz nicht unterliegt (§ 42 Abs 1 StPO), gehört das - prozessual gar nicht überprüfbare - Bestehen eines Vertrauensverhältnisses zwischen dem Angeklagten und seinem Verteidiger keineswegs zu den begrifflichen (oder sonst gesetzlich vorausgesetzten) Erfordernissen einer verfahrensrechtlichen "Vertretung" im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes; diesen ist vielmehr im vorliegenden Fall dadurch, daß der für den Beschwerdeführer bestellt (und damit zur Wahrung seiner Interessen berufen) gewesene Verteidiger an der gesamten (am 23.April, 19.Mai und 26.Mai 1987 durchgeführten) Hauptverhandlung teilgenommem hat, vollauf entsprochen worden. Gleiches gilt dementsprechend für den auf die Behauptung, der "formell anwesende Verteidiger" habe aus den zuvor erörterten Gründen "tatsächlich diese formelle Verteidigungsfunktion im Sinne des Art. 6 (3) Menschenrechtskonvention nicht erfüllt", gestützten weiteren Vorwurf (Z 3) einer "materiellen Nichtbeachtung" des § 439 Abs 1 StPO (mit Bezug auf die Anordnung der Maßnahme nach § 23 StGB): auch insoweit kann davon, daß "nicht während der ganzen Hauptverhandlung ein Verteidiger ... anwesend" gewesen wäre, keine Rede sein.
Jene Beschwerdeauffassung jedoch, wonach die Verlesung eines (während der dortigen Hauptverhandlung erstatteten) Gutachtens und eines (Hauptverhandlungs-) Protokolls (aus anderen Akten), gegen die sich der Angeklagte (hier) schon in der Hauptverhandlung verwahrt hatte (S 307), der Verlesung eines Schriftsatzes über einen nichtigen Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakt (Z 2) "gleichkomme", ist bereits deswegen nicht zielführend, weil eine Ausdehnung des Katalogs der gesetzlichen Nichtigkeitsgründe durch Analogie (arg. "nur" in § 281 Abs 1 StPO) nicht zulässig ist. Die Rechtsrügen (Z 9 lit. a, 9 lit. c, 10) und ein Teil der Mängelrüge (Z 5) richten sich gegen den Schuldspruch zum Faktum A. Insoweit liegt dem Beschwerdeführer zur Last, am 27. November 1985 in Wien einen Beamten während einer Amtshandlung, und zwar den Richter Dr. Max O*** als Schöffengerichtsvorsitzenden während einer Hauptverhandlung, tätlich angegriffen zu haben, indem er die beiden Schwurkerzen sowie den Tischapparat der Aufrufanlage gegen ihn warf.
Inwiefern die Urteilsfeststellungen zu diesem Schuldspruch in bezug auf die Frage, ob der Angeklagte die ihm angelasteten Tathandlungen noch während der Amtshandlung begangen hat, widersprüchlich undeutlich, unzureichend oder unvollständig begründet sein sollten (Z 5), ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Hat doch das Erstgericht stets bedeutungskonform und unmißverständlich als erwiesen angenommen, daß die Tat jedenfalls noch vor der Abgabe einer Rechtsmittelerklärung durch ihn und vor der Anordnung seiner Rück-Eskorte vom Verhandlungssaal in die Untersuchungshaft stattfand (US 7, 12 f.); diese Konstatierung findet in der Aussage der Zeugin V*** (S 306 f.) ebenso wie in den übrigen Verfahrensergebnissen vollauf Deckung.
Der Sache nach remonstriert der Beschwerdeführer mit seinen darauf bezogenen Einwänden gegen die "Bewertung der sämtlichen Zeugenaussagen" ebenso wie mit der - die gegenteiligen Feststellungen (US 7) einfach negierenden - Behauptung, im Urteil werde die "klare Tatsache" nicht festgestellt, daß "keines der Mitglieder des Senates tatsächlich konkret attackiert" worden sei (Z 5), nur nach Art einer im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht vorgesehenen (und deshalb nicht weiter beachtlichen) Schuldberufung (zudem völlig unsubstantiiert) unzulässigerweise gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung. Mit der Kritik daran aber, daß man "den 'Kronzeugen' dieses Vorfalles, den Hauptzeugen, den Justizwachebeamten, ... überhaupt ungehört" lasse, wird in Wahrheit kein Begründungs- (Z 5), sondern ein Verfahrensmangel (Z 4) reklamiert, zu dessen Geltendmachung jedoch der Angeklagte mangels einer dementsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung nicht legitimiert ist.
Nicht zu seinen Gunsten ausgeführt (§ 282 StPO) schließlich sind die Mängel- (Z 5) und die Verfahrensrüge (Z 4) des Beschwerdeführers insoweit, als er damit, ohne das Vorliegen der Einweisungsvoraussetzungen nach § 23 StGB zu bestreiten, seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB anstatt in einer solchen für gefährliche Rückfallstäter anstrebt; denn im Hinblick darauf, daß die Anhaltung in einer Anstalt der zuletzt bezeichneten Art nicht länger als zehn Jahre dauern darf, jene nach § 21 Abs 2 StGB hingegen dieser Beschränkung nicht unterliegt (§ 25 Abs 1 StGB), ist die Unterbringung in einer Anstalt nach § 21 StGB als die strengere Sanktion anzusehen (vgl. EvBl. 1977/117 ua).
Die zum Teil offenbar unbegründete und im übrigen nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 und Z 1 i.V.m. § 285 a Z 2 StPO). Zur Entscheidung über die Berufung hingegen wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung anberaumt werden (§ 296 Abs 3 StPO).
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