OGH 15Os146/17k

OGH15Os146/17k13.12.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Rechtshörers Biley als Schriftführer in der Strafsache gegen Gheorghe A***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 2 und Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 und 3, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Gigel T***** sowie die Berufung des Angeklagten Gheorghe A***** gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 23. Juni 2017, GZ 16 Hv 51/17g‑79, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00146.17K.1213.000

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Verfallsausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten T***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Gheorghe A***** und Gigel T***** jeweils des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 2 und Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 (erkennbar: erster Fall) und Abs 3, § 15 StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) gewerbsmäßig nachstehenden Geschädigten fremde bewegliche Sachen, zu 1./ bis 3./ und 5./ bis 14./ durch Einbruch in eine Wohnstätte, zu 12./ zusätzlich durch Aufbrechen eines Behältnisses, mit dem Vorsatz weggenommen und (zu 2./, 7./, 9./, 10./, 12./ und 13./) wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueigung unrechtmäßig zu bereichern, nämlich

1./ am 17. Juli 2016 in F***** Verena V*****, indem sie die Terrassentür mit einem Stein einschlugen, Bargeld und Schmuck im Gesamtwert von 10.053,75 Euro;

2./ von 16. bis 18. Juli 2016 in F***** Philipp M*****, indem sie ein gekipptes Fenster unter Anwendung von Körperkraft aufdrückten, Bargeld und werthaltige Gegenstände;

3./ am 16. Juli 2016 in F***** Daniel B*****, indem sie die Terrassentür mit einem Stein einschlugen, Uhren und Schmuck im Wert von 780,51 Euro;

4./ von 16. bis 17. Juli 2016 in F***** Raphaela Bo*****, indem sie sich in das unversperrte Wohnhaus begaben und dort Bargeld in Höhe von 200 Euro wegnahmen;

5./ von 16. bis 17. Juli 2016 in F***** Nadja G*****, indem sie die Terrassentür mit einem Stein einschlugen, Schmuck und Münzen im Gesamtwert von 2.653 Euro;

6./ am 17. Juli 2016 in F***** Maria Ge*****, indem sie ein gekipptes Fenster unter Anwendung von Körperkraft aufdrückten, Bargeld in Höhe von ca 115 Euro;

7./ von 16. bis 18. Juli 2016 in Fe***** Ida M*****, indem sie eine Fensterscheibe mit einem unbekannten Gegenstand einschlugen, Bargeld und werthaltige Gegenstände;

8./ am 15. Juli 2016 in R***** Günter R***** und Ingrid S*****, indem sie die Terrassentür mit einem Stein einschlugen, Bargeld und Schmuck im Gesamtwert von ca 8.980 Euro;

9./ von 13. bis 14. Juli 2016 in O***** Andrea Sc*****, indem sie ein Fenster mit einem Stein einschlugen, Bargeld und Wertgegenstände;

10./ von 12. bis 16. Juli 2016 in O***** Edit Ai*****, indem sie ein Fenster mit einem Stein einschlugen, Bargeld und werthaltige Gegenstände;

11./ am 14. Juli 2016 in S***** Christian K*****, indem sie ein Fenster mit einem Stein einschlugen, Schmuck im Gesamtwert von 1.400 Euro;

12./ von 10. bis 17. Juli 2016 in O***** Doris und Günter Ka*****, indem sie die Terrassentür mit einem Stein einschlugen und im Wohnhaus einen Tresor aufbrachen, Bargeld und werthaltige Gegenstände;

13./ von 13. bis 21. Juli 2016 in O***** Franz An*****, indem sie versuchten, die Eingangstür mit einem schraubenzieherartigen Gegenstand aufzubrechen, Bargeld und werthaltige Gegenstände;

14./ von 13. bis 14. Juli 2016 in S***** Christian und Adolf J*****, indem sie die Terrassentür mit einem Stein einschlugen, Bargeld bzw Münzen im Wert von ca 370 Euro.

Weiters wurde hinsichtlich beider Angeklagter ein Betrag von jeweils 24.602,26 Euro für verfallen erklärt (US 4, 18).

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Strafausspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten T*****, die ihr Ziel verfehlt.

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider hat das Erstgericht – trotz des ausschließlich im Juli 2016 gelegenen Tatzeitraums  –  zu Recht von einer Bedachtnahme gemäß §§ 3140 StGB auf das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 29. September 2016, GZ 7 Hv 49/16x-52 (rechtskräftig seit 4. Oktober 2016), Abstand genommen (US 18). Letzteres (mit Tatzeit zuletzt vom 3. April 2015) hatte nämlich seinerseits bereits auf ein näher bezeichnetes „Urteil des Gerichts Valence vom 26. Mai 2015 in Verbindung mit dem Urteil des Appellationsgerichts Grenoble vom 4. August 2015“ Bedacht genommen (US 6, 18; ON 29, 77; ON 52 im Vorstrafakt). Somit liegen die gegenständlichen Tatzeiten zwar vor Fällung des Urteils des Landesgerichts Eisenstadt, nicht aber auch vor Fällung jenes (ausländischen) Urteils, auf das schon vom Landesgericht Eisenstadt Bedacht genommen wurde. Die erwähnte Bedachtnahme wäre aber unterblieben, wenn schon das Landesgericht Eisenstadt auch die prozessgegenständlichen Taten abgeurteilt hätte, weil dann nicht sämtliche zu beurteilende Taten auch vor dem ausländischen Urteil verübt worden wären. Da die aktuell vorliegenden Taten zwischen zwei früheren Urteilen begangen wurden und bereits im zweiten eine Zusatzstrafe zum ersten verhängt wurde, war im hier angefochtenen (dritten) Urteil § 31 StGB nicht mehr anzuwenden (RIS-Justiz RS0090606, RS0090713).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch von einer nicht geltend gemachten, beiden Angeklagten zum Nachteil gereichenden Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO) in Ansehung des Verfallsausspruchs. Diesbezüglich ging das Schöffengericht nämlich – worauf auch die Generalprokuratur hinweist – rechtsirrig von einer „Solidarhaftung“ der beiden Angeklagten aus (US 4, 18). Eine solche ist jedoch im Hinblick darauf, dass die dem Verfall unterliegenden Vermögenswerte (Abs 1), Nutzungen und Ersatzwerte (Abs 2) oder ein entsprechender Wertersatz (Abs 3) nur dem tatsächlichen Empfänger abgenommen werden dürfen, nicht vorgesehen. Sind daher Vermögenswerte mehreren Personen zugekommen, so ist bei jedem Empfänger nur der von ihm tatsächlich rechtswidrig erlangte Vermögenswert im Sinn des § 20 StGB für verfallen zu erklären (RIS‑Justiz RS0129964).

Diese Nichtigkeit war vom Obersten Gerichtshof von Amts wegen aufzugreifen (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), weil sich die Berufungen der Angeklagten jeweils nur gegen den Ausspruch über die Strafe richten und dem Berufungsgericht – zufolge Beschränkung auf die der Berufung unterzogenen Punkte (§ 295 Abs 1 erster Satz StPO)    – die amtswegige Wahrnehmung der das Verfallserkenntnis betreffenden Nichtigkeit zugunsten der Angeklagten verwehrt ist (RIS‑Justiz RS0119220 [T9, T10]).

Das Verfallserkenntnis war somit schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben (§ 285e StPO). Im diesbezüglichen neuen Verfahren steht die Entscheidung im Sinn des letzten Satzes des § 445 Abs 2 StPO dem Vorsitzenden des Schöffengerichts als Einzelrichter zu (vgl RIS‑Justiz RS0117920, RS0100271).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO; sie bezieht sich nicht auf die amtswegige Maßnahme ( Lendl , WK‑StPO § 390a Rz 12).

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