OGH 15Os138/17h

OGH15Os138/17h14.2.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Februar 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinz K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 12. Mai 2017, GZ 73 Hv 130/14a‑231, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00138.17H.0214.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Heinz K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A./ und B./) sowie des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB (C./) schuldig erkannt.

Danach hat er in K***** und an anderen Orten mit dem Vorsatz, sich und die von ihm als (faktischer) Geschäftsführer geleiteten Unternehmen durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern,

A./ im Juni 2007 Verantwortliche der in Slowenien etablierten G***** d.o.o. durch Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit, teils untermauert durch die Leistung von Anzahlungen, zur Lieferung von sieben Personenkraftwagen der Marke Smart im Wert von insgesamt 59.544,08 Euro verleitet, wodurch das Unternehmen in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurde;

B./ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger schwerer Betrugshandlungen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, nachdem er bereits mit dem Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 14. Mai 2009, AZ 18 Hv 61/09t, wegen einer solchen Tat verurteilt worden war, im Urteil näher bezeichnete Personen durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen verleitet, die diese in einem insgesamt 300.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

I. am 25. Juni 2010 und im Frühjahr 2012 in zwei im Urteil näher beschriebenen Angriffen durch Vortäuschung seiner Zahlungsfähigkeit und ‑willigkeit, teils untermauert durch die Leistung von Anzahlungen, zur Lieferung von Personenkraftwagen;

II. von 4. Dezember 2009 bis 10. März 2016 in 13 im Urteil näher beschriebenen Angriffen durch Vortäuschung seiner Lieferfähigkeit und ‑willigkeit und seiner rechtsgeschäftlichen Verfügungsmacht über die verkauften Fahrzeuge, teils auch durch die Vorlage von fiktiven Kaufvereinbarungen oder Bestätigungen über geleistete Anzahlungen, zur Überweisung des Kaufpreises oder einer Anzahlung;

C./ zwischen Jänner und März 2015 ein ihm anvertrautes Gut, nämlich die Anzahlung des Horst M***** in der Höhe von 109.500 Euro für den PKW der Marke Lamborghini Gallardo dadurch, dass er diese vertragswidrig für den Geschäftsbetrieb der KT***** GmbH verwendete, dieser mit dem Vorsatz zugeeignet, sie dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 1, 5, 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

Mit der Besetzungsrüge (Z 1) moniert der Beschwerdeführer eine Ausgeschlossenheit der an der Entscheidung beteiligten Berufsrichter wegen Befangenheit und „vorangegangener vorsätzlicher Förderung und Ermöglichung der Freiheitsberaubung“, weil der vorsitzende Richter an einer Entscheidung beteiligt gewesen sei, mit der sein Wiederaufnahmeantrag in einem anderen Verfahren (AZ 16 Vr 512/00 des Landesgerichts Klagenfurt) abgewiesen worden war. Die beisitzende Richterin sei in jenem Verfahren als Untersuchungsrichterin tätig gewesen.

Soweit sich die Beschwerde auf letztere bezieht, scheitert sie schon am Unterbleiben einer rechtzeitigen Rüge zu Beginn der Hauptverhandlung am 7. März 2017 (vgl das Protokoll ON 195), zumal nicht ersichtlich ist, weshalb der Angeklagte an einer Geltendmachung zu diesem Zeitpunkt gehindert gewesen wäre.

Aber auch inhaltlich werden keine über die Vorbefasstheit in einem anderen Verfahren reichende Gründe (vgl dazu aber Lässig , WK‑StPO § 43 Rz 12) vorgebracht, die Zweifel an der Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der abgelehnten Richter erwecken könnten. Insbesondere werden keine Umstände angesprochen, wonach sich diese schon vor der Hauptverhandlung eine Meinung über den Fall gebildet hätten, geschweige denn für die begründete Annahme, sie wären auch angesichts allfälliger gegenteiliger Verfahrensergebnisse nicht gewillt gewesen, ihre Meinung zu ändern (RIS-Justiz RS0096733).

Entgegen der Kritik der Mängelrüge wurden die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite zu A./ und B./ nicht unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall). Die diesbezüglichen Feststellungen wurden von den Tatrichtern– logisch und empirisch mängelfrei – auf das äußere Tatgeschehen, die triste finanzielle Situation des Angeklagten und der von ihm vertretenen Unternehmen, sein durch die Tathandlungen erlangtes „weit überdurchschnittliches und regelmäßiges Einkommen“ im Zusammenhalt mit seinen eigenen Angaben („Loch-auf-Loch-zu-Politik“) gegründet (US 21 ff). Indem die Beschwerde diesen Überlegungen bloß eigenständige Beweiswerterwägungen und die Verantwortung des Angeklagten gegenüberstellt, verbleibt sie im Bereich einer lediglich im Einzelrichterverfahren zulässigen Beweiswürdigungskritik nach Art einer Berufung wegen Schuld.

Auf die Behauptung, dass aus den vorliegenden Umständen auch andere Schlüsse gezogen werden könnten und jene des Urteils nicht zwingend sind, kann eine Rüge nicht gestützt werden (RIS‑Justiz RS0099455). Ebenso wird mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz keine Nichtigkeit aus Z 5 aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0102162).

Auch der auf eine 300.000 Euro übersteigende Schädigung gerichtete Vorsatz (§ 147 Abs 3 StGB) wurde mit Blick auf die Kaufverträge, die – vom Angeklagten nicht bestrittenen – Überweisungsbestätigungen im Zusammenhalt mit den ihm zugeflossenen hohen Geldbeträgen ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und allgemeine Erfahrungssätze begründet (US 24; Z 5 vierter Fall). Das dazu erstattete Vorbringen, „bei Beachtung des Vorbringens und der Prüfung des Angeklagten“ sei „ein solcher Schluss definitiv auszuschließen“, lässt sich keinem Nichtigkeitsgrund zuordnen.

Soweit der Beschwerdeführer kritisiert, es hätte einer „nachhaltigen Prüfung eines geeigneten Sachverständigen aus dem KFZ‑Bereich sowie eines beeideten Wirtschaftsprüfers“ bedurft, legt er nicht dar, wodurch er– anwaltlich vertreten – gehindert gewesen wäre, dementsprechende Beweisanträge zu stellen (RIS‑Justiz RS0115823).

Schließlich wurde auch zu C./ der auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtete Vorsatz mängelfrei aus dem äußeren Geschehensablauf abgeleitet (US 33; RIS‑Justiz RS0116882).

Gegenstand von Rechts‑ und Subsumtionsrüge ist ausschließlich der Vergleich des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts mit dem festgestellten Sachverhalt. Die gesetzesgemäße Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat daher das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung des Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) den Konstatierungen des Erstgerichts lediglich die Verantwortung des Angeklagten gegenüberstellt und – entgegen dem im Nichtigkeitsverfahren geltenden Neuerungsverbot (RIS‑Justiz RS0098978) – auf eine dem Rechtsmittel beiliegende – vom Beschwerdeführer selbst stammende – „Strafanzeige und Chronologie“ verweist, wird der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung gebracht. Soweit sie meint, das Erstgericht hätte aus dem Vorbringen und den Ausführungen des Angeklagten den rechtlichen Schluss ziehen müssen, dass dieser keinen Schädigungs‑ oder Bereicherungsvorsatz hatte, kritisiert sie neuerlich lediglich die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Berufung wegen Schuld.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) beruft sich weiters auf das Vorliegen eines entschuldigenden Notstands (§ 10 Abs 1 StGB) und bringt hiezu unsubstanziiert vor, der Beschwerdeführer und seine Familie seien von der Mafia erpresst und bedroht worden, er habe immer wieder erhebliche Geldbeträge bezahlen müssen, unterlässt es aber, konkrete Beweisergebnisse zu bezeichnen, die die Konstatierung einer zu den Tatzeitpunkten aktuellen Notstandssituation ermöglicht hätten (RIS‑Justiz RS0118580).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sogleich zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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