OGH 15Os135/07b

OGH15Os135/07b21.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Jänner 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Thomas S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Thomas S*****, Alexandra F***** und Bernhard K***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 22. Mai 2007, GZ 27 Hv 222/06t-32, sowie über die Beschwerde des Angeklagten K***** gegen den Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Sämtlichen Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Thomas S***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (A./1./), des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG (B./) und des Vergehens der (zu ergänzen: schweren) Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB (D./), Alexandra F***** der Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB (A./1./ und E./) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (C./) sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG (B./) und Bernhard K***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 15 StGB (A./1./ und 2./) sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG (B./) schuldig erkannt.

Danach haben

A./ in Telfs fremde bewegliche Sachen jeweils 3.000 Euro nicht übersteigenden Wertes durch Einbruch weggenommen, um sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1./ Thomas S*****, Alexandra F***** und Bernhard K***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 24. April 2006 Paul Sa***** zumindest 50 Gramm Marihuana, indem S***** und F***** durch ein von ihnen geöffnetes Fenster in die Wohnung Sa*****s einstiegen und K***** vor der Wohnungstür Schmiere stand und das Suchtgift in der Folge an sich nahm;

2./ Bernhard K***** in der Nacht zum 29. März 2007 Ina L***** im Lokal T***** vorzufindende Wertgegenstände, indem er durch eine von ihm zerschlagene Fensterscheibe in das Gebäude, in welchem sich das Cafe T***** befindet, eindringen wollte, wobei die Tat beim Versuch blieb;

B./ Thomas S*****, Alexandra F***** und Bernhard K***** durch die zu Punkt A./1./ beschriebene Tat den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich zumindest 50 Gramm Marihuana, erworben und besessen;

C./ Alexandra F***** am 6. Oktober 2006 in Innsbruck August G***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass sie ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB, sohin einer Straftat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, falsch verdächtigte, indem sie gegenüber Beamten der Polizeiinspektion Telfs die Behauptung aufstellte, G***** habe S***** und K***** zu der unter Punkt A./1./ beschriebenen Tat verleitet, obwohl sie wusste, dass die Verdächtigung falsch war;

D./ Thomas S***** am 1. September 2006 fremde Sachen beschädigt, indem er mit einem Stuhl auf drei Autos einschlug und dadurch einen 3.000 Euro übersteigenden Schaden, nämlich zumindest in Höhe von 3.675,30 Euro, herbeiführte, und zwar

1./ das Kraftfahrzeug des Heinrich I***** an beiden Türen auf der Beifahrerseite;

2./ das Kraftfahrzeug des Klaus St***** durch Kratzer auf der Motorhaube und der Stoßstange sowie Eindellung der Beifahrertür, wobei der Schaden 2.000 Euro betrug;

3./ das Kraftfahrzeug des Michael M***** durch Eindellen des hinteren Kotflügels und Zerkratzen der hinteren Scheibe, wobei der Schaden 1.585,63 Euro betrug;

4./ den Gartenstuhl des Jochen H*****, wodurch dieser verbogen wurde und ein Schaden von 90 Euro entstand;

E./ Alexandra F***** am 16. Februar 2006 in Innsbruck im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Samuel C***** im Lokal „M*****" Swantie Su***** und der Melanie Sch***** die Handtaschen samt Inhalt (50 Euro Bargeld und ein Mobiltelefon) mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Lediglich gegen die zu A./1./ und B./ ergangenen Schuldsprüche richten sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4 und 5a gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Thomas S***** und die aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 4 und 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Bernhard K*****, während Alexandra F***** mit ihrer nominell auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a, 10, 10a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde den gesamten Schuldspruch bekämpft. Sämtliche Nichtigkeitsbeschwerden schlagen fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Thomas S*****:

Die Verfahrensrüge (Z 3) behauptet pauschal, dass in der neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 22. Mai 2007 „Protokolle über die Vernehmung von Zeugen und Mitbeschuldigten" aus der Hauptverhandlung vom 13. März 2007 entgegen § 252 Abs 1 StPO verlesen worden seien, legt aber nicht dar, auf welche Angeklagten und/oder Zeugen sie sich bezieht. Im Übrigen wurde das Protokoll der Hauptverhandlung vom 13. März 2007 tatsächlich gar nicht verlesen.

Soweit die Beschwerde - der Sache nach aus Z 5 - in diesem Zusammenhang auch behauptet, im Urteil seien Beweise verwertet worden, die in der Hauptverhandlung nicht vorkamen, verabsäumt sie es, solche konkret zu bezeichnen. Mit der Nennung einzelner Zeugenaussagen in der Äußerung gemäß § 35 Abs 2 StPO aF (nunmehr § 24 StPO) kann die soweit undeutliche Nichtigkeitsbeschwerde nicht saniert werden (Schroll, WK-StPO § 35 Rz 17).

Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich nicht auf einen in der gemäß § 276a StPO neu durchgeführten (vgl Danek, WK-StPO § 276a Rz 3), der Urteilsfällung unmittelbar vorangehenden - somit iSd § 238 StPO allein maßgebenden - Hauptverhandlung vom 22. Mai 2007 gestellten Antrag (WK-StPO § 276a Rz 10). Im Übrigen enthielt der zuvor am 13. März 2007 gestellte Antrag, dem Zeugen Ma***** aufzutragen, den Namen der Person, die ihm eine vertrauliche Mitteilung gemacht hatte, bekannt zu geben, nicht einmal ein Beweisthema (S 43/II). Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Verweis auf die - mangels Bekanntgabe der Identität unter Berufung auf die Amtsverschwiegenheit (vgl 11 Os 138/00, 15 Os 66/04) - erfolgte Unterlassung der Vernehmung einer Augenzeugin sowie mit eigenständigen Beweiswerterwägungen in Bezug auf die vorliegenden für und wider die Angeklagten sprechenden Verfahrensergebnisse keine erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch zu A./1./ und B./ tragenden Feststellungen zu wecken.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Alexandra F*****:

Die Mängelrüge (Z 5) zeigt zu A./1./ keinen inneren Widerspruch von Feststellungen auf, ergibt sich aus den getroffenen Konstatierungen doch unmissverständlich, dass die Angeklagten F***** und S***** - nach den Annahmen der Tatrichter - durch ein Fenster in die Wohnung eingestiegen sind (US 9). Die Urteilsausführungen über das Erinnerungsvermögen des Angeklagten K***** (US 10) geben hingegen lediglich im Rahmen der Beweiswürdigung dessen Verantwortung wider. Die Feststellungen zur Menge des Suchtgifts zu B./ blieben nicht unbegründet (US 11 iVm S 113/I, vgl auch S 51/II).

Zu C./ wurde die Konstatierung, die Beschwerdeführerin wusste, dass ihre gegenüber den Polizeibeamten geäußerten Anschuldigungen gegen August G***** nicht der Wahrheit entsprachen, nicht offenbar unzureichend, sondern ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungen damit begründet, dass sie selbst unmittelbare Täterin des bezughabenden Einbruchsdiebstahls war. Ob die Angeklagte geäußert habe, sie vermute, dass August G***** ihre Mittäter zum Einbruchsdiebstahl angeleitet habe, oder aber, sie wisse dies, ist schon deshalb ohne Relevanz, weil auch die bloß in Form einer Vermutung geäußerte Behauptung eine Verdächtigung iSd § 297 StGB darstellen kann. Die Verantwortung der Angeklagten hiezu blieb nicht unerörtert, sondern wurde vom Schöffengericht als widerlegt angesehen (US 17).

Dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend waren die Tatrichter zu A./1./ und B./ nicht verhalten, sich im Urteil mit allen Einzelheiten der - mit eingehender Begründung insgesamt als widerlegt angesehenen - leugnenden Verantwortungen der Angeklagten auseinander zu setzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).

Soweit die Beschwerde eine Unterlassung der Erörterung von Aussagen lediglich in der Hauptverhandlung vom 13. März 2007 vernommener Zeugen rügt, übersieht sie, dass diese mangels Verlesung in der dem Urteil unmittelbar vorangehenden neu durchgeführten Hauptverhandlung keine Berücksichtigung bei der Urteilsfällung finden durften (§ 258 Abs 1 erster Satz StPO).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) kritisiert die Unterlassung einer „näheren Befragung" des Zeugen Gr***** zu einzelnen im Rechtsmittel angeführten Punkten, legt aber nicht dar, wodurch der Beschwerdeführer gehindert gewesen sei, dies in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480). Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet pauschal, die Feststellungen zur subjektiven Tatseite seien infolge Verwendung der verba legalia unzureichend, legt aber nicht dar, welche darüber hinausgehenden Konstatierungen aus ihrer Sicht erforderlich gewesen wären.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Bernhard K*****:

Mit seiner Verfahrensrüge (Z 4) wird dieser Angeklagte auf die Ausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten S***** verwiesen.

Die Mängelrüge (Z 5) zeigt zu A./1./ und B./ mit den pauschalen Behauptungen, die Anzeige sei widersprüchlich und beruhe nur auf Vermutungen der Polizeibeamten, das widerrufene Geständnis des Beschwerdeführers könne nicht als Grundlage für eine Verurteilung herangezogen werden, sowie den Feststellungen entgegenstehende Verfahrensergebnisse seien unberücksichtigt geblieben, keine - konkret zu bezeichnenden - Begründungsmängel auf. Zu A./2./ vernachlässigt die Beschwerde mit der Behauptung, das Schöffengericht habe lediglich die nicht widerlegte Verantwortung des Angeklagten als Schutzbehauptung verworfen, die darüber hinaus gehende, eingehende, auf mehrere Verfahrensergebnisse gestützte Beweiswürdigung der Tatrichter (US 13 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerden war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde resultiert (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich § 390a Abs 1 StPO.

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