Spruch:
Der Strafausspruch des Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 2.Mai 1996, GZ 4 E Vr 985/96-9, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen des § 494 a Abs 1 Z 3 StPO und des § 15 JGG.
Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft vom 2.Mai 1996 (S 43) auf nachträglichen Ausspruch der Strafe zum Verfahren AZ 4 E Vr 2905/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 10.Februar 1994, GZ 4 E Vr 2905/93-29, wurde der am 31.Jänner 1978 geborene (damals jugendliche) Beschuldigte Rene S***** neben anderen Mitbeschuldigten des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 2 StGB und des Vergehens der Körperverletzung als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt; gemäß § 13 JGG wurde der Ausspruch der zu verhängenden Strafe für eine Probezeit von drei Jahren vorbehalten.
Mit rechtskräftig gewordenen Urteil desselben Gerichtshofes vom 21. September 1994, GZ 4 E Vr 1505/94-34, wurde der genannte Jugendliche neben anderen Beschuldigten des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 und Z 2 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB schuldig erkannt. Für diese (überwiegend im März 1994 begangenen) Taten verhängte der Einzelrichter unter Einbe- ziehung des im vorangeführten Urteil ergangenen Schuldspruches gemäß § 494 a Abs 1 Z 3 StPO (§§ 15, 16 JGG) eine für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von fünf Monaten; gleichzeitig beschloß er, daß im Verfahren AZ 4 E Vr 2905/93 ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht kommt (S 289 in AZ 4 E Vr 1505/94 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz). Die (laut S 300 verfügte) Verständigung des Strafregisteramtes (auch) von der nachträglichen Straffest- setzung unterblieb offenbar (vgl Strafregisterauskunft S 15 in AZ 4 E Vr 985/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz).
Mit ebenfalls rechtskräftig gewordenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 2.Mai 1996, GZ 4 E Vr 985/96-9, wurde der genannte Jugendliche der Vergehen der versuchten Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (begangen am 15.März 1996) schuldig erkannt. Unter abermaliger Einbeziehung des im eingangs angeführten Urteil vom 10.Februar 1994 ergangenen Schuldspruches sprach der Einzelrichter eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 100 S (Ersatzfreiheitsstrafe 90 Tage) aus. Auch hier erging der Beschluß nach § 494 a Abs 1 Z 3 letzter Halbsatz StPO zum Verfahren GZ 4 E Vr 2905/93 (S 53). Vom Widerruf der bedingten Strafnachsichten zu den (im Verhältnis der §§ 31 und 40 StGB zueinander stehenden) Verfahren AZ 4 E Vr 1505/94 und 4 E Vr 408/95 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz - deren Probezeiten bereits auf fünf Jahre verlängert worden waren (s ON 10, 11 in AZ U 239/95 des Jugendgerichtes Graz) - sah der Einzelrichter ab.
Rechtliche Beurteilung
Der Strafausspruch des zuletzt genannten Urteils verletzt § 494 a Abs 1 Z 3 StPO und § 15 Abs 1 JGG; war doch zum Zeitpunkt dieses Urteils vom 2.Mai 1996 die zufolge dem Schuldspruch im Strafverfahren AZ 4 E Vr 2905/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz verwirkte Strafe bereits (mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 21. September 1994, GZ 4 E Vr 1505/94-34) rechtskräftig festgesetzt. Nach den erwähnten Vorschriften (arg. aus § 15 Abs 1 JGG: "... so ist die Strafe auszusprechen ..." und aus § 494 a Abs 1 Z 3 StPO: "... ein nachträglicher Strafausspruch nicht mehr in Betracht kommt") kann der nachträgliche Strafausspruch nicht mehrmals, sondern nur ein einziges Mal erfolgen.
Die von der Generalprokuratur in ihrer gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend gerügte Gesetzesverletzung war festzustellen, der bekämpfte Strafausspruch zu kassieren und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung in diesem Umfang aufzutragen. Eine Strafneubemessung durch den Obersten Gerichtshof konnte nicht eintreten, weil die maßgeblichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Obersten Gerichtshof (Mayerhofer/Rieder StGB3 § 19 E 14) dem Akt nicht zu entnehmen sind und der zum Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof nicht erschienene Verurteilte hiezu auch nicht gehört werden konnte.
Der Antrag der Staatsanwaltschaft vom 2.Mai 1996 auf nachträglichen Strafausspruch zum Verfahren AZ 4 E Vr 2905/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Graz war im Hinblick auf die res iudicata zurückzuweisen.
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