European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133330
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* im zweiten Rechtsgang (zum ersten: 15 Os 136/20v) unter Bezugnahme auf das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 26. August 2020, GZ 79 Hv 21/20z‑47a, des Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a StGB (I./) sowie des Verbrechens der Ausbildung für terroristische Zwecke nach § 278e Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er von 2006 bis zum 1. Oktober „2019“ (ersichtlich gemeint: 2016) im Libanon
I./ an einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, die, wenn auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohen, oder schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Menschen, der Schlepperei oder des unerlaubten Verkehrs mit Kampfmitteln, Kernmaterial und radioaktiven Stoffen, gefährlichen Abfällen, Falschgeld oder Suchtmitteln ausgerichtet ist, die dadurch eine Bereicherung im großen Umfang anstrebt und die andere zu korrumpieren oder einzuschüchtern oder sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abzuschirmen versucht, nämlich an der Terrororganisation der libanesischen „Hisbollah Miliz“, in dem Wissen als Mitglied beteiligt, dass er dadurch die Vereinigung oder deren strafbare Handlungen fördert, indem er dieser Organisation freiwillig beitrat, als Kommandant eine Einheit von ca 60 Kämpfern anführte, sich selbst im Umgang mit Waffen ausbilden ließ und in weiterer Folge selbst für die Terrororganisation Menschen rekrutierte und im Umgang mit Waffen ausbildete;
III./ andere im Gebrauch von Schuss‑ oder sonstigen Waffen unterwiesen, indem er zumindest ab dem 1. Jänner 2011 bis zum Jahr 2014 für die libanesische „Hisbollah Miliz“ junge Männer rekrutierte, die „in der Folge im Gebrauch von Schuss‑ oder sonstigen Waffen zum Zweck der Begehung einer terroristischen Straftat zumindest nach § 278c Abs 1 Z 1, Z 2 und Z 6 StGB, unterwiesen wurden, wobei er bereits bei der Rekrutierung wusste, dass die Rekruten in der Folge durch die Ihnen vermittelten Fähigkeiten für diese Zwecke eingesetzt werden sollen“.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
[4] Mit den im Fernsehen verbreiteten Erklärungen des Hisbollah‑Führers, die Organisation habe „nichts mit Drogenhandel zu tun“, mussten sich die Tatrichter nicht gesondert auseinandersetzen (Z 5 zweiter Fall), stehen sie den Konstatierungen zu den Aktivitäten der terroristischen Vereinigung doch nicht entgegen (vgl US 4: „Schutzgelderpressungen“, „Geldwäscheaktivitäten“).
[5] Entgegen der weiteren Kritik der Mängelrüge wurde die die Vorwürfe in Abrede stellende Verantwortung des Angeklagten nicht übergangen, ihr aber von den Tatrichtern – basierend auf den Ausführungen im für schlüssig erachteten Sachverständigengutachten – keine Glaubwürdigkeit zuerkannt (US 15 iVm ON 47a S 17 f). Die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerde kritisieren lediglich die Beweiswürdigung des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Berufung wegen Schuld, ohne ein Begründungsdefizit aufzeigen zu können.
[6] Auch die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei nicht für die „Hisbollah“, sondern für die „Saraya al‑Muqawama al‑Lubnaniya“ (Kompanien des libanesischen Widerstands; US 11) tätig gewesen, bedurfte keiner Erörterung, gehörte diese Organisation doch nach den – mit dem Sachverständigengutachten (vgl US 11) übereinstimmenden – eigenen Angaben des Beschwerdeführers zur „Hisbollah“ (vgl ON 5 S 97, 101, 103).
[7] Das Vorbringen, im Spruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) werde ein Tatzeitraum bis 1. Oktober 2019, in den Feststellungen hingegen nur bis 2016 genannt (Z 5 dritter Fall), spricht mit Blick auf den davon unberührt bleibenden Tatzeitraum von 2006 bis 2016 (I./) bzw von 1. Jänner 2011 bis 2014 (III./) keinen entscheidenden Tatumstand an. Im Übrigen handelt es sich bei dieser Datumsangabe ersichtlich um einenSchreibfehler („Zahlensturz“), gingen die Tatrichter doch davon aus, dass der Angeklagte ab 2. Oktober 2016 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hatte (US 14).
[8] Der Verweis auf die Beweiswürdigung im Ersturteil, die sich der Schöffensenat ausdrücklich zu eigen gemacht hat (US 15), ist zulässig und stellt per se keine unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) dar (vgl RIS‑Justiz RS0124017; Ratz WK‑StPO § 281 Rz 396).
[9] Die subjektive Tatseite zu III./ wurde nicht nur auf den Umstand, dass der Angeklagte schon früher junge Männer im Umgang mit Waffen unterwiesen hat, sondern – logisch und empirisch einwandfrei (Z 5 vierter Fall) – auf seine Angaben im Ermittlungsverfahren, seine Position als Kommandant einer Einheit und die von ihm in dieser Funktion „durchgeführten Aufgaben“ sowie auf die Ausführungen im Sachverständigengutachten zu Kampfhandlungen in Syrien ab Sommer 2011 und die dafür benötigten Kämpfer gegründet (US 15 f iVm ON 47a S 16 f). Dass dies dem Beschwerdeführer nicht überzeugend erscheint, stellt den Nichtigkeitsgrund nicht her.
[10] Die Rekrutierung von 250 jungen Männern für die Hisbollah durch den Angeklagten, der sie auch im Umgang mit (Schuss-)Waffen unterwies (III./), wurde von den Tatrichtern konstatiert (der Sache nach Z 9 lit a; US 12, 14) und – im Einklang mit den Grundsätzen logischen Denkens und allgemeinen Erfahrungssätzen – auf dessen Angaben in den Vernehmungen vor dem LVT gegründet (US 15 iVm ON 47a S 15, 17).
[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
[12] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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