European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00124.15X.1209.000
Spruch:
In teilweiser Stattgebung und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A./2./, demgemäß auch im Strafausspruch sowie im Konfiskations- und im Verfallserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil (in der Fassung zweier Berichtigungsbeschlüsse vom 23. Juni und 1. Juli 2015) wurde Dietmar G***** der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 dritter Fall SMG (A./1./), der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 1 SMG (A./2./), des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 dritter Fall und Abs 2 SMG (B./1./) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (B./2./) schuldig erkannt.
Danach hat er in G***** und U***** vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabisblüten, enthaltend Delta‑9‑THC und THCA
A./
1./ „in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) nicht übersteigenden Menge von Anfang März 2014 bis 13. Juli 2014 erzeugt, indem er in mehrfachen Angriffen eine nicht mehr feststellbare Menge Cannabispflanzen in einer Holzhütte (Indoor) anpflanzte, bis zur Erntereife aufzog und daraus eine nicht mehr exakt feststellbare Menge von zumindest 150 Gramm Cannabiskraut, enthaltend eine Reinsubstanz von 19,77 Gramm Delta‑9‑THC und THCA, zum Zweck des gewinnbringenden Weiterverkaufs gewann;
2./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er im Zeitraum von September 2011 bis 13. Juli 2014 die zu A./1./ angeführte Menge an Cannabiskraut sowie zumindest 1.320 Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt von 13,18 %, somit 173,98 Gramm Delta‑9‑THC in Reinsubstanz), das er in mehrfachen Angriffen von unbekannten Dealern in G***** angekauft hatte, in wöchentlichen Übergaben an den abgesondert verfolgten Jürgen Gs***** zum Grammpreis von zumindest 8 Euro gewinnbringend verkaufte, wobei er die Taten in der Absicht vornahm, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und schon mehrfach wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war (8 Vr 4091/86, 4 Vr 429/86, 8 Vr 508/92 Hv 12/92, 8 Hv 179/03t und 8 Hv 117/05b jeweils des Landesgerichts für Strafsachen Graz sowie Ls 232 Js 19250/96 des Amtsgerichts Würzburg/Deutschland)“;
B./ ausschließlich zum persönlichen Gebrauch
1./ von Juli bis 7. Oktober 2014 erzeugt, indem er zumindest drei Cannabispflanzen im Rahmen einer Outdoor‑Plantage bis zur Erntereife aufzog und daraus 23,20 Gramm Cannabiskraut gewann;
2./ seit 16. April 2009 bis 3. Februar 2015 in mehrfachen Angriffen von unbekannten Dealern in kleinen Mengen erworben und besessen.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.
Soweit sich die undifferenziert ausgeführte Mängelrüge (Z 5 zweiter und vierter Fall) auch gegen den Schuldspruch zu A./1./ richtet, vermag sie keine Begründungsmängel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes darzulegen. Die Feststellungen zu den dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen wurden von den Tatrichtern ‑ logisch und empirisch mängelfrei ‑ auf die im Zuge der Hausdurchsuchung sichergestellten Hanfpflanzen, Cannabisblüten, die digitale Grammwaage und die Natriumdampflampe sowie auf die Aussage des Zeugen Gs***** gestützt (US 4 f; Z 5 vierter Fall). Mit dem wechselnden Aussageverhalten dieses Zeugen haben sich die Tatrichter ‑ dem Einwand der Rüge zuwider ‑ auch auseinandergesetzt (US 5; Z 5 zweiter Fall).
Zu A./2./ zeigt die Rüge allerdings auf, dass dem Schuldspruch wegen mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels in Ansehung der Annahme der Qualifikation nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG Nichtigkeit aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO anhaftet. Den Entscheidungsgründen sind nämlich weder Feststellungen zur Absicht, sich durch das wiederholte Überlassen von die Grenzmenge (jeweils) übersteigenden Suchtgiftquanten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (RIS‑Justiz RS0112225 [T11]), noch zu einer auf Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge bezogenen Vorverurteilung zu entnehmen. Die in den Gründen zitierten Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 18. Dezember 2003 und vom 21. September 2005 (US 3) betrafen (jeweils ua) § 28 Abs 2 SMG idF vor der SMG‑Novelle 2007 (BGBl I 2007/110). Eine die Qualifikation des § 28a Abs 2 Z 1 SMG allenfalls begründende Vorverurteilung nach einer früheren Strafnorm ist aber dahin zu überprüfen, ob sie sich auf eine Tat bezieht, die auch alle Merkmale des geltenden § 28a Abs 1 SMG aufweist (RIS‑Justiz RS0088000 [T1]). Solche Konstatierungen fehlen dem angefochtenen Urteil indes.
Überdies konnte sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugen, dass diesem Schuldspruch schon in Ansehung des Grundtatbestands (§ 28a Abs 1 fünfter Fall SMG) Feststellungen zur Suchtgiftreinsubstanzmenge fehlen. Die bloße Anführung von Tatumständen im Urteilsspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO; US 2 laut Berichtigungsbeschluss vom 23. Juni 2015) vermag nämlich mangelnde Konstatierungen in den Urteilsgründen nicht zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0117119; Lendl , WK‑StPO § 260 Rz 8). Diese Rechtsfehler mangels Feststellungen machen eine Aufhebung des gesamten Schuldspruchs A./2./ wie auch des Strafausspruchs und des auf den Schuldspruch bezogenen Konfiskationsausspruchs und Verfallserkenntnisses unumgänglich. Das weitere darauf bezogene Rechtsmittelvorbringen (Z 5) bedarf daher keiner Erörterung. Im zweiten Rechtsgang werden auch die unterschiedlichen Grenzmengen für Delta‑9‑THC und THCA, zu beachten sein.
Im aufgezeigten Umfang war das angefochtene Urteil daher aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.
Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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