Spruch:
Galip Y***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Galip Y***** legt inhaltlich der mittlerweile rechtswirksamen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Steyr vom 10. Juni 2009 (ON 39) zur Last, er habe am 14. Mai 2009 in Steyr im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Sanel G***** und Yusuf Gü*****
1./ Daniel S***** dadurch, dass sie auf diesen mit Fäusten einschlugen und mit Füßen auf ihn eintraten und dessen Geldbörse samt 150 Euro Bargeld und sein Handy im Wert von 20 Euro an sich nahmen, mit Gewalt gegen seine Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern
2./ dadurch, dass sie während der zu 1./ bezeichneten Tat die ÖBB-Vorteilskarte und einen Staplerführerschein des Daniel S***** an sich nahmen, Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts gebraucht werden, sowie
3./ während der zu 1./ bezeichneten Tat ein unbares Zahlungsmittel, über das sie nicht verfügen durften, nämlich die Bankomartkarte S*****s, ausgestellt von der BAWAG PSK, mit dem Vorsatz, dessen Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, durch Ansichnehmen unterdrückt.
Danach hätte er das Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB sowie die Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB begangen.
Mit Beschluss vom 18. Mai 2009 wurde über Galip Y***** die Untersuchungshaft aus den Gründen des § 173 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit b und lit c StPO verhängt (ON 8).
Am 19. Mai 2009 wurde ihm Rechtsanwalt Dr. P***** als Verfahrenshilfeverteidiger gemäß § 61 Abs 2 StPO beigegeben (ON 11).
Am 25. Mai 2009 gaben Rechtsanwälte Dr. L***** und Kollegen dem Gericht ihre Bevollmächtigung durch Y***** bekannt (ON 20).
Mit Beschluss vom 27. Mai 2009 wurde die Untersuchungshaft des Genannten zum Vollzug zweier Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von insgesamt 78 Tagen unterbrochen (ON 21), jedoch bereits am 2. Juni 2009 nach Zahlung der Geldstrafen wieder fortgesetzt (ON 30).
Am 3. Juni 2009 wurde für diesen Beschuldigten eine Haftverhandlung für den 5. Juni 2009 anberaumt, von der das Gericht irrtümlich den ehemaligen (§ 62 Abs 4 StPO) Verfahrenshilfeverteidiger, nicht aber den Wahlverteidiger verständigte (ON 1, S 3d). In dieser Haftverhandlung war der Beschuldigte durch Rechtsanwalt Dr. U***** als Substitut für den ehemaligen Verfahrenshilfeverteidiger vertreten, während der Wahlverteidiger nicht anwesend war. Nach Verkündung des Beschlusses über die Fortsetzung der Untersuchungshaft verzichtete der Beschuldigte auf Rechtsmittel (ON 31).
Aufgrund eines Enthaftungsantrags des Wahlverteidigers vom 8. Juni 2009 wurde am 9. Juni 2009 eine weitere Haftverhandlung durchgeführt, von der der Wahlverteidiger verständigt wurde und in der der Beschuldigte durch dessen Konzipienten Dr. Gu***** vertreten wurde (ON 35). Der Ermittlungsrichter beschloss die weitere Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den bisherigen Haftgründen (ON 36).
Die gegen beide Beschlüsse gerichtete Beschwerde des Beschuldigten (ON 42a) wies das Oberlandesgericht Linz hinsichtlich des Beschlusses vom 5. Juni 2009 zurück und gab ihr hinsichtlich des Beschlusses vom 9. Juni 2009 nicht Folge (ON 51).
Die dagegen gerichtete Grundrechtsbeschwerde behauptet, dass die am 5. Juni 2009 durchgeführte Haftverhandlung infolge Beiziehung eines bloßen „Scheinverteidigers" „nichtig" gewesen sei und somit innerhalb der ersten Haftfrist (§ 175 Abs 2 Z 1 StPO) keine Haftverhandlung stattgefunden habe. Infolge Fristüberschreitung hätte daher in der Haftverhandlung am 9. Juni 2009 nicht die Fortsetzung der Untersuchungshaft beschlossen werden dürfen, sondern es wäre der Beschuldigte zu enthaften gewesen (§ 175 Abs 1 StPO).
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde schlägt fehl.
Während § 176 Abs 2 StPO vorschreibt, dass vom Termin der Haftverhandlung ua der Beschuldigte und sein Verteidiger zu verständigen sind, normiert Abs 3 leg cit lediglich, dass der Beschuldigte bei der Haftverhandlung durch einen Verteidiger vertreten sein muss.
Die Unterlassung der Verständigung des Wahlverteidigers stellt zwar eine Verletzung des § 176 Abs 2 StPO dar, die jedoch infolge Verzichts auf Rechtsmittel gegen den somit rechtskräftigen Beschluss vom 5. Juni 2009 im nunmehrigen Grundrechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr relevierbar ist. Letzteres gilt aber auch für die die Vertretung des Beschuldigen in der Haftverhandlung vom 5. Juni 2009 kritisierenden Behauptungen: Infolge Rechtskraft des diesbezüglichen Haftfortsetzungsbeschlusses ist die Art des Zustandekommens desselben einer Anfechtung im weiteren Verfahren entzogen. Dies betrifft auch die Behauptung, die ohne Verteidiger durchgeführte Haftverhandlung sei „nichtig" bzw sei gar keine Haftverhandlung iSd § 176 StPO gewesen.
Im Übrigen ändert die Vertretung durch einen unzuständigen (§ 62 Abs 4 StPO) Verteidiger nichts daran, dass der Beschuldigte in der Haftverhandlung vom 5. Juni 2009 durch einen Verteidiger vertreten war. Nur auf die in § 48 Abs 1 Z 4 erster Satzteil StPO definierte Berechtigung zur Verteidigung, nicht auf den Akt der Bestellung kommt es an, sonst hätte das Gesetz nicht einen unbestimmten Artikel verwendet; Mängel bei der Bevollmächtigung oder Bestellung sind dabei ebenso ohne Bedeutung wie die Behauptung, das Gericht hätte statt des Verfahrenshilfeverteidigers den Wahlverteidiger zulassen müssen (vgl RIS-Justiz RS0098186; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 146 f).
Die Fortsetzung der Untersuchungshaft nach der am 9. Juni 2009 durchgeführten Haftverhandlung erfolgte daher ohne Verstoß gegen die Haftfristen des § 175 Abs 2 StPO. Dem die erstinstanzliche Entscheidung bestätigenden Beschluss des Oberlandesgerichts haftet somit kein Rechtsfehler an.
Soweit die Grundrechtsbeschwerde substratlos (und auch ohne jede Bezugnahme auf den gegebenen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren und die aktuelle Dauer der Haft von knapp sechs Wochen) bloß behauptet, die Fortsetzung der Untersuchungshaft durch das Oberlandesgericht sei unverhältnismäßig, bedarf sie mangels einer gemäß § 3 Abs 1 GRBG erforderlichen Beschwerdebegründung keiner inhaltlichen Erwiderung.
Der Beschwerdeführer wurde daher durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.
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