OGH 15Os105/22p

OGH15Os105/22p5.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. Dezember 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Seidenschwann in der Strafsache gegen * A* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. August 2022, GZ 72 Hv 58/22h‑65, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00105.22P.1205.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Amtsdelikte/Korruption

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch B./, demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und im Ausspruch über den Verfall aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 2 und Abs 4 Z 3 SMG (A./) sowie des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 2 und 4 erster und zweiter Fall StGB (B./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in W* und S* als Mitglied einer auf fortgesetzten Suchtgifthandel und die Verschleierung der daraus lukrierten Gelder ausgerichteten kriminellen Vereinigung (§ 278 StGB), der neben ihm und anderen Personen * S*, * Ad*, * M* und * Mi* angehörten,

A./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen Anfang Juni und 24. Juni 2021 Ad* vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 4.997,4 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von 1.659,13 Gramm Cocain (US 4) überlassen, indem er es ihm für die Verwahrung und gewinnbringende In‑Verkehr‑Setzung im Rahmen der kriminellen Vereinigung übergab;

B./ im Zeitraum Sommer 2020 bis Sommer 2021 Vermögensbestandteile in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert, „nämlich zumindest 70.000 Euro Bargeld, das aus kriminellen Tätigkeiten herrührte, nämlich aus Verbrechen nach dem SMG, sonst an sich gebracht, besessen und anderen übertragen“, indem er über Auftrag von Mi* in zehn bis zwölf Angriffen von diesem und von Ad* jeweils 5.000 bis 10.000 Euro Bargeld „an Erlösen aus dem Suchtgifthandel“ übernahm, wobei er wusste, dass das Geld „aus Verbrechen nach dem SMG“ stammte, undeklariert nach Serbien transportierte und in Belgrad auftragsgemäß an weitere unbekannte Mitglieder der kriminellen Vereinigung übergab.

Rechtliche Beurteilung

[3] Ausschließlich gegen den Schuldspruch zu A./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.

[4] Das Erstgericht stützte die Feststellungen zur Beteiligung des Angeklagten an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied (US 3) nicht nur auf die aus ON 2 und 8 resultierenden Ermittlungsergebnisse sowie die Aussagen des Zeugen * F*, sondern – von der Beschwerde übergangen (vgl aber RIS-Justiz RS0119370) – auch auf das Zusammenwirken des Angeklagten insbesondere mit Ad* und Mi*, die rechtskräftigen Verurteilungen von S* und M* wegen deren Mitgliedschaft in derselben kriminellen Vereinigung sowie die Tätigkeit des Angeklagten für diese Vereinigung über einen Zeitraum von einem Jahr in Form von zehn bis zwölf Geldtransporten, der Verpackung von Suchtgift und der Überlassung desselben in einer sehr großen Menge an Ad* (US 5 f).

[5] Mit der Behauptung (Z 5 vierter Fall), ein pauschaler Verweis auf Aktenstücke, „ohne substantiell darauf einzugehen“, welche Ermittlungsergebnisse für die Feststellungen wesentlich sind, sei „jedenfalls unzureichend“, wird eine den Kriterien der Logik oder Empirie widersprechende Begründung (vgl RIS-Justiz RS0116732) nicht aufgezeigt.

[6] Dass sich das Schöffengericht im Rahmen der Beweiswürdigung auch auf „Erkenntnisse“ und die Meinung des Zeugen F* gestützt hat, begründet – der Beschwerde (Z 5 vierter Fall) zuwider – ebenso wenig Nichtigkeit wie der Umstand, dass es nicht näher erläutert hat, „in wie fern diese vage formulierten Aussagen“ des Zeugen glaubwürdig sind und weshalb auf deren Basis die Feststellungen zur kriminellen Vereinigung getroffen werden konnten.

[7] Das weitere Vorbringen, der Zeuge F* wäre angehalten gewesen, über Wahrnehmungen oder Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren auszusagen, nicht aber seine Meinung kundzutun, und das Erstgericht hätte zu erläutern gehabt, inwiefern von einer persönlichen Meinung oder Annahme auf die getroffenen Feststellungen geschlossen werden konnte, bringt einen Nichtigkeitsgrund ebenfalls nicht zur Darstellung.

[8] Soweit die Beschwerde vermeint, hätte sich das Erstgericht „eingehend mit den zu treffenden Feststellungen auseinandergesetzt“, wäre es nicht zur Ansicht gelangt, der Angeklagte habe sich einer kriminellen Vereinigung anschließen wollen, übt sie in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik.

[9] Die Behauptung (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10), die Feststellungen zur subjektiven Tatseite würden eine Subsumtion (gemeint:) nach § 28a Abs 2 Z 2 SMG nicht tragen, orientiert sich nicht an der Gesamtheit der Urteilsaussagen (vgl aber RIS-Justiz RS0099810), denen zufolge der Angeklagte wusste und wollte, dass er im Rahmen einer auf längere Zeit angelegten Vereinigung von mehr als zwei Personen, deren Zweck auf die Verwirklichung des Verbrechens nach § 28a Abs 1 SMG oder dessen Qualifikationen ausgerichtet war, tätig wurde (US 4).

[10] Die Begründung dieser Feststellung befindet sich – von der Beschwerde (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 5 vierter Fall) übergangen – auf US 7 f. Mit dem Verweis auf die Angaben des Angeklagten sowie den Akteninhalt, dem keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen seien, dass die Aktivitäten des Angeklagten über mehrere Monate angedauert hätten und sein Vorsatz den Anschluss an eine kriminelle Vereinigung umfasst habe, wird die Beweiswürdigung außerhalb des Anfechtungsrahmens der Z 5 kritisiert. Gleiches gilt für die abermalige Kritik an der Berücksichtigung der Meinung des Zeugen F* im Rahmen der Beweiswürdigung.

[11] Die von der Beschwerde (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) vermissten Feststellungen zur Dauer des Zusammenschlusses und der Zielrichtung desselben befinden sich auf US 3 zweiter Absatz (vgl auch US 4 f).

[12] Wie die Subsumtionsrüge (Z 10) ohnehin selbst erkennt, hat das Erstgericht die für die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG erforderlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite auf US 4 getroffen. Indem der Beschwerdeführer vermeint, aufgrund des Umstands, dass sich bloß auf einem von fünf Suchtgiftpäckchen eine Blutspur von ihm befunden habe, könne ihm nur dieses Päckchen zugerechnet werden, woraus „allenfalls ein Vorsatz (...) auf ein Fünftel der sichergestellten Menge ableitbar sei“, nimmt er abermals nicht an den getroffenen Feststellungen Maß, sondern übt bloß in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik.

[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[14] Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass dem Urteil im Schuldspruch B./ nicht geltend gemachte Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) zum Nachteil des Angeklagten anhaftet.

[15] Strafbarkeit wegen Geldwäscherei nach § 165 Abs 2 StGB (vgl zum hier erforderlichen Günstigkeitsvergleich [zufolge der seit 1. September 2021 in Kraft stehenden Neufassung des § 165 StGB; BGBl I 2021/159] US 11, wonach alle Taten vor dem 1. September 2021 begangen wurden) setzt eine Vortat (vgl § 165 Abs 5 StGB) eines anderen voraus, die im von § 165 Abs 7 StGB bezeichneten Ursachenzusammenhang („rührt … her“) für den oder die Täter der Vortat einen Vermögensbestandteil (Abs 6 leg cit) erbracht haben muss. Sie muss zumindest tatbestandsmäßig und rechtswidrig begangen worden sein, kann unter den in § 165 Abs 5 Z 2 StGB angeführten Voraussetzungen auch im Ausland verübt worden sein und muss im Urteil festgestellt werden (zum Ganzen zuletzt 12 Os 100/22f [mwN] und 14 Os 102/21p; Kirchbacher/Ifsits in WK2 StGB § 165 Rz 5, 11, 12/5 und 13 mwN).

[16] Im vorliegenden Fall stellte das Erstgericht fest (US 4 f), dass der Angeklagte im Zeitraum von Sommer 2020 bis Sommer 2021 in W* und S* in zehn bis zwölf Angriffen von Mi* und Ad* jeweils 5.000 bis 10.000 Euro, insgesamt zumindest 70.000 Euro Bargeld „an Erlösen aus dem Suchtgifthandel der kriminellen Vereinigung, die sohin aus dem Verbrechen des Suchtgifthandels nach dem § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG bzw. seinen Qualifikationen herrührten“, an sich brachte, undeklariert nach Serbien transportierte und die Bargeldbeträge in Belgrad auftragsgemäß an weitere unbekannte Mitglieder der kriminellen Vereinigung übergab. Dabei wusste und wollte der Angeklagte, dass diese Geldbeträge aus Suchtgiftgeschäften, „nämlich aus dem Verbrechen des Suchtgifthandels nach dem § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG bzw. seinen Qualifikationen der zuvor angeführten kriminellen Vereinigung“ stammten und sich die kriminelle Vereinigung zur fortgesetzten Geldwäscherei verbunden hatte. Er wollte als Mitglied der (zuvor angeführten) kriminellen Vereinigung Vermögensbestandteile in einem Gesamtbetrag von zumindest 70.000 Euro an sich bringen, besitzen und weiteren Mitgliedern der kriminellen Vereinigung übertragen.

[17] Auf Basis dieser Feststellungen ist die Beurteilung, ob die gegenständlichen Vermögensbestandteile aus den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechenden, tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Vortaten herrühren, nicht verlässlich möglich, weshalb dem Urteil zum Schuldspruch B./ ein Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) anhaftet.

[18] Dieser macht – bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) – die Aufhebung des Urteils im Schuldspruch B./ und demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie im auf dieses Urteilsfaktum bezogenen Verfallserkenntnis erforderlich. In diesem Umfang war die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

[19] Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Aufhebung zu verweisen.

[20] Die Kostenentscheidung, die sich nicht auf die amtswegige Maßnahme bezieht (RIS-Justiz RS0101558), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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