OGH 15Os101/12k

OGH15Os101/12k22.8.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. August 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Karlicek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian I***** wegen des Vergehens nach § 2 Abs 1 lit c erster Fall PornG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Mai 2012, GZ 32 Hv 23/12b-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Christian I***** des Vergehens nach § 2 Abs 1 lit c erster Fall PornG schuldig erkannt.

Danach hat er am 7. Juli 2011 in Wien dem am 24. September 1998 geborenen Oliver Ö*****, somit einer Person unter 16 Jahren, wissentlich ein Laufbild, das geeignet ist, die sittliche Entwicklung jugendlicher Personen durch Reizung der Lüsternheit oder Irreleitung des Geschlechtstriebs zu gefährden, nämlich einen pornografischen Film, auf welchem sexuelle Handlungen unter Erwachsenen dargestellt sind, vorgeführt, indem er den Film in seinem Schlafzimmer abspielte und Oliver Ö***** dazu aufforderte, im Schlafzimmer zu bleiben, sich den Film anzusehen und sich selbst zu befriedigen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a und 10a StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, die ihr Ziel verfehlt.

Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) kritisiert das Unterbleiben einer Auseinandersetzung mit den Angaben der Zeugin Doris H*****, wonach Oliver Ö***** ihr gegenüber unter Vorweisen einer SMS angegeben hätte, den Angeklagten zu erpressen, er wolle Geld, widrigenfalls er ihn wegen Vergewaltigung anzeigen werde (ON 24 S 11, 13). Damit verkennt der Beschwerdeführer, dass diese Zeugenaussage keine entscheidende Tatsache betrifft, weil dem Angeklagten eine Vergewaltigung gar nicht vorgeworfen wird. Vor allem ist der Aussage und der SMS (ON 21 S 13 iVm ON 4 S 23) nicht zu entnehmen, ob die für den Fall der Nichterfüllung der Geldforderung angedrohte Anzeigeerstattung einen wahrheitsgemäß geschilderten tatsächlichen Vorfall betroffen oder verleumderische Angaben umfasst hätte.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers, er vermute hinter der gegen ihn erstatteten Anzeige eine Racheaktion seiner ehemaligen Lebensgefährtin Bernadette G***** sind spekulativ. Soweit er daraus sowie aus den Angaben der Zeugin Doris H***** für sich günstigere Feststellungen abzuleiten trachtet, indem er den eingehenden Erörterungen der Tatrichter zu den Zeugenaussagen des Oliver Ö*****, des Markus D***** und des Sascha Do***** (US 3 f) eigene Erwägungen gegenüberstellt, bekämpft er bloß unzulässig - nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen Schuld - die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 439, 451).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit dem Hinweis, dass Bernadette G***** - vor der gegenständlichen Anzeigeerstattung - Kenntnis von behaupteten sexuellen Übergriffen durch den Angeklagten zum Nachteil von Markus D***** und Oliver Ö***** nur durch die beiden Letztgenannten erlangt haben konnte, beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Feststellungen zu erwecken, betreffen die der Frau bekannten Anschuldigungen doch einen anderen als den gegenständlichen Vorfall.

Gleiches gilt für die problematisierte, jedoch keine entscheidungswesentliche Tatsache betreffende Frage des Zeitpunkts, zu dem Oliver Ö***** den inkriminierten Vorfall seinen Freunden Markus D***** und Sascha Do***** mitteilte. Mit dem Hinweis auf - von den Tatrichtern ohnehin erörterte - Divergenzen in den Angaben dieser Zeugen, bekämpft der Beschwerdeführer einmal mehr unzulässig die Beweiswürdigung.

Die „genaue“ Feststellungen zum vorgeführten Pornofilm und zu dessen Aufbewahrungsort sowie zur subjektiven Tatseite vermissende Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht - daher insoweit nicht prozessordnungsgemäß - die Konstatierungen, wonach der Angeklagte dem am 24. September 1998 geborenen Oliver Ö***** einen pornografischen Film, der sexuelle Handlungen unter Erwachsenen darstellt, in seinem Schlafzimmer vorführte und dabei im Wissen sowohl um den Inhalt als auch die Gefährdungseignung handelte (US 2). Dass dem Angeklagten zumindest das ungefähre Alter des (tatsächlich zwölfjährigen) Opfers „klar war“, wird (disloziert) auf US 4 festgestellt und damit unter Berücksichtigung des zur Verdeutlichung heranziehbaren Urteilsspruchs auch vom Wissen um das Alter unter 16 Jahren ausgegangen.

Ein Urteil ist nur dann aus § 281 Abs 1 Z 10a StPO nichtig, wenn die darin enthaltenen Feststellungen bei richtiger Rechtsansicht die Nichtanwendung der Diversion nicht zu tragen vermögen oder wenn Ergebnisse der Hauptverhandlung auf einen Umstand hindeuten, der für die positive Beurteilung der diversionellen Voraussetzungen den Ausschlag gäbe, das Gericht aber keine Feststellungen getroffen hat. Nicht anders als im Fall von Rechts- und Subsumtionsrügen (§ 281 Abs 1 Z 9 und 10 StPO) ist somit Gegenstand der Diversionsrüge der Vergleich der im Urteil getroffenen Konstatierungen mit den Diversionskriterien. Hat das Gericht aus Sicht des Beschwerdeführers zu deren Beurteilung erforderliche Feststellungen nicht getroffen, ist ein Feststellungsmangel geltend zu machen (RIS-Justiz RS0119091).

Indem der Rechtsmittelwerber - ohne im dargelegten Sinn einen Feststellungsmangel geltend zu machen - den Sachverhaltsannahmen (US 5) der Tatrichter bloß die Behauptung gegenüberstellt, seine Schuld wäre als nicht schwer anzusehen, wird er diesen Anforderungen nicht gerecht.

Die Verantwortung des Beschwerdeführers, er könne nicht ausschließen, dass sich die Buben Pornos am Computer angesehen haben (ON 24 S 15), lässt im Übrigen eine das Unrecht des Verhaltens akzeptierende Einsicht nicht erkennen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstattete Äußerung der Verteidigerin - bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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