OGH 14Os93/02

OGH14Os93/0229.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Oktober 2002 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaller als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mag. Christoph R***** und eine andere Angeklagte wegen des versuchten Verbrechens nach §§ 15 StGB, 28 Abs 2 erster Fall SMG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mag. Christoph R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 24. April 2002, GZ 8 Hv 31/02a-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Ruhri zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Christoph R***** "des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG" schuldig erkannt.

Darnach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen, und zwar

1./ im Zeitraum von 1997 bis August 2001 im Raum Graz nicht näher bekannte Mengen an Cannabisprodukten sowie

2./ in einem nicht näher bekannten Zeitraum bis 24. August 2001 in Graz weiteres Suchtgift, nämlich 23,1 Gramm Cannabiskraut, 10,5 Gramm Cannabisharz, 1 Briefchen Amphetamin sowie 2 Gramm Psilocybinpilze sowie

3./ einer anderen Person überlassen, indem er für die gemeinsamen Konsumationen mit Sarah S***** dieser eine nicht näher bekannte Menge Cannabisharz wiederholt über den Zeitraum von zumindest Juni 1999 bis August 2001 im Raum Graz und Wien unentgeltlich zur Verfügung stellte.

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil (lediglich) mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er die Unterlassung der vorläufigen Einstellung durch das Gericht gemäß § 37 SMG iVm § 35 Abs 2 SMG rügt.

Rechtliche Beurteilung

Wird eine Person angezeigt, weil sie den bestehenden Vorschriften zuwider eine geringe Menge Suchtmittel zum eigenen Gebrauch erworben oder besessen hat, so hat die Staatsanwaltschaft unter den nachstehenden Voraussetzungen und Bedingungen (siehe § 35 Abs 3 bis 7 SMG) die Anzeige für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig zurückzulegen (§ 35 Abs 1 SMG).

Wird eine Person angezeigt, weil sie sonst eine nach §§ 27 oder 30 SMG strafbare Handlung oder auf Grund ihrer Gewöhnung an Suchtmittel eine nicht in die Zuständigkeit des Schöffen- oder Geschworenengerichts fallende strafbare Handlung im Zusammenhang mit der Beschaffung eines Suchtmittels begangen hat, so kann die Staatsanwaltschaft unter den nachstehenden Voraussetzungen und Bedingungen (siehe wieder § 35 Abs 3 bis 7 SMG) die Anzeige für eine Probezeit von zwei Jahren vorläufig zurücklegen, wenn die Schuld nicht schwer und die Zurücklegung nicht weniger als eine Verurteilung geeignet erscheint, den Angezeigten von einer solchen strafbaren Handlung abzuhalten (§ 35 Abs 2 SMG).

Ist gegen den Angezeigten bereits ein Antrag auf Bestrafung gestellt worden, so gelten die §§ 35 und 36 SMG dem Sinne nach für eine vorläufige Einstellung des Strafverfahrens durch das Gericht (§ 37 erster Satz SMG).

Die vorläufige Zurücklegung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 35 Abs 1 SMG ist obligatorisch, während die Entscheidung gemäß § 35 Abs 2 SMG fakultativ und damit in das (gebundene) Ermessen der Staatsanwaltschaft gelegt ist (vgl Kodek/Fabrizy, Suchtmittelgesetz, § 35 Anm 2.1 und 3.1, Foregger/Litzka/Matzka, Suchtmittelgesetz, § 35 Anm II.1, III. und XII.1). Die zwingende Regelung des § 35 Abs 1 SMG normiert daher jedenfalls einen Strafausschließungsgrund im weiteren Sinn (vgl SSt 58/22 = EvBl 1987/173; aber auch Burgstaller E-Anm JBl 2000, 607), während die Ermessensbestimmung des § 35 Abs 2 SMG bloß einen das Legalitätsprinzip des § 34 Abs 1 StPO einschränkenden Fall der Opportunität darstellt (Kodek/Fabrizy, Suchtmittelgesetz, § 37 Anm 4; nicht differenzierend jedoch Foregger/Litzka/Matzka, Suchtmittelgesetz, § 35 Anm XIII. und § 37 Anm III.). Demzufolge vermag bloß die Verletzung der zwingenden Vorschrift des § 35 Abs 1 SMG durch das gemäß § 37 SMG zu ihrer Anwendung berufene Gericht (11 Os 36, 37/00), nicht aber dessen Unterlassung eines Vorgehens nach § 35 Abs 2 SMG den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO zu begründen. Dies ergibt sich auch aus der stringenten Formulierung des erwähnten Nichtigkeitsgrundes, der nur dann gegeben ist, wenn durch den Ausspruch über die Frage, ob Umstände vorhanden seien, durch die die Strafbarkeit der Tat aufgehoben oder die Verfolgung wegen der Tat ausgeschlossen ist, ein Gesetz verletzt oder unrichtig angewendet wurde.

Auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10a StPO, welcher nicht auf § 35 SMG, vielmehr ausschließlich auf das IXa-te Hauptstück abstellt, wurde die Nichtigkeitsbeschwerde nicht gestützt. Soweit das Vorbringen der Sache nach mangelnde Strafwürdigkeit der Tat ins Treffen führt (§ 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO), scheitert es schon an der notwendigen spezialpräventiven Voraussetzung des § 42 Z 3 erster Fall StGB, weil der Beschwerdeführer über einen Zeitraum von mehreren Jahren mehrfach und regelmäßig Suchtgift erworben und besessen und zum Teil auch weitergegeben hat (s auch US 8). Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte