European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00091.16P.1129.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Alexander S***** des Verbrechens des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 und 3 zweiter Fall StGB (A./1./) sowie Alexander S***** und Romana Su***** jeweils des Vergehens des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach §§ 2, 92 Abs 1 StGB (A./2./ und B./) schuldig erkannt.
Danach haben in W***** einem anderen, der seiner Fürsorge und Obhut untersteht und der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, körperliche oder seelische Qualen zugefügt, und zwar
A./1./ Alexander S*****, indem er seine am 22. Dezember 2011 geborene Tochter Leonie Su***** zumindest im Zeitraum von Oktober 2013 bis September 2014 einmal im Monat in die Badewanne stellte und mit kaltem Wasser abduschte, um sie zu bestrafen und zu disziplinieren, und am 25. Oktober 2014 gegen 18:00 Uhr ihren Rücken mit 60 bis 70 Grad Celsius heißem Wasser abduschte und ihr dadurch großflächige, zweit-, dritt- und viertgradige Verbrühungen des Rückens verbunden mit einer Hitzeschädigung der Rückenmuskulatur und einer Ausdehnung von rund 15 Prozent der Körperoberfläche zufügte, wobei die Tat den am 10. November 2014 aufgrund eines Multiorganversagens in Folge einer Leberfunktionsstörung, verbunden mit einer diffusen Blutungsneigung und Blutungen in den Körperhöhlen sowie unter die seriösen Häute im Zusammenwirken mit einer auch dadurch verstärkten Nierenfunktionsstörung, eingetretenen Tod der Geschädigten zur Folge hatte;
A./2./ und B./ Alexander S***** und Romana Su*****, indem sie es vom 25. Oktober 2014, 18:00 Uhr, bis zum 26. Oktober 2014, 22:00 Uhr, unterließen, ihre Tochter Leonie Su***** zur Behandlung der ihr zugefügten Verletzungen eine ärztliche Versorgung, insbesondere zur Vorbeugung von Komplikationen der flächenhaften Verbrühung mit adäquater Flüssigkeitszufuhr und Abschirmung von Infektionen, zur Schmerzlinderung und zur frühzeitigen lokalen Wundversorgung, zukommen zu lassen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von den Angeklagten gemeinsam erhobenen, auf Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden schlagen fehl.
Der (gegen die Schuldsprüche A./2./ und B./ gerichteten) Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider stehen die Angaben des Zeugen Alexander Sou*****, wonach Leonie Su***** am Tag nach der Verbrühung – anlässlich seines kurzen Aufenthalts in der Wohnung der Angeklagten – auf ihn zugekommen sei, ihm ihre Verletzung gezeigt habe, sie an diesem Tag geschlafen habe (vgl dazu US 16) und er erst nach mehrstündiger Abwesenheit bei seiner Rückkehr am Abend bemerkt habe, dass die Schmerzen des Opfers massiv seien, der Annahme der subjektiven Tatseite in Bezug auf die Zufügung körperlicher und seelischer Qualen gar nicht entgegen, womit sie keiner Erörterung in den gedrängt darzustellenden (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) Entscheidungsgründen bedurften. Zu einer Auseinandersetzung mit seiner bloßen Vermutung, das Kind habe am Nachmittag mit seiner Mutter gespielt (vgl dagegen US 6 iVm US 16), bestand ebenfalls keine Veranlassung.
Gleiches gilt für die von der Beschwerde ins Treffen geführten Mutmaßungen des Sachverständigen, wonach der Schmerzzustand des Kindes möglicherweise nicht wahrgenommen wurde (ON 58 S 70 f). Denn diese Ausführungen bezogen sich auf den in zeitlicher Nähe zur Verbrühung erlittenen Schockzustand (vgl ON 58 S 70: „frühere Phase“). Angesichts des nach den Feststellungen länger als einen Tag dauernden Tatzeitraums macht die Beschwerde nicht deutlich, weshalb durch dieses Verfahrensergebnis die Täterschaft der Angeklagten in Frage gestellt sein soll (vgl dazu im Übrigen erneut US 5 f, 15 ff).
Aus welchem Grund in der (zu sämtlichen Schuldsprüchen getroffenen) Feststellung, wonach es die Angeklagten ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden, ihrer Tochter körperliche Qualen zuzufügen (US 6 f), die für die Erfüllung der subjektiven Tatseite erforderliche Willenskomponente nicht enthalten sein soll, bleibt unerfindlich (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0088986).
Die Alexander S***** betreffende Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Urteilsannahmen dazu, wie lange die monatlichen Strafduschen mit kaltem Wasser jeweils dauerten und auch Konstatierungen zur Temperatur des Wassers. Indem der Beschwerdeführer aber die – bereits allein den Schuldspruch tragende – Feststellung unbekämpft lässt, wonach er Leonie Su***** durch das Abduschen mit heißem Wasser die todeskausalen Verbrühungen zufügte, spricht er keine entscheidenden Tatsachen an.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)