Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Hans P***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 30. Juli 2007 in Wien mit Gewalt sowie durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) und unter Verwendung von Waffen Marko M***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen, nämlich 2.000 Euro Bargeld, weggenommen und abgenötigt, indem er mit einer 36 cm langen Hacke mit einer Axtklingenbreite von 10 cm auf dessen Kopf und Oberkörper einschlug und ein Messer mit einer Gesamtlänge von 25 cm und einer Klingenlänge von 13 cm gegen diesen richtete, wobei er äußerte, ihn umzubringen, wenn er ihm nicht das gesamte Geld gebe. Die dagegen aus den Gründen der Z 6 und 10a des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
Die Fragenrüge (Z 6) wendet sich gegen das Unterbleiben einer Eventualfrage in Richtung des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB.
Gegenstand von Eventualfragen ist ein von jenem der Hauptfrage abweichendes Tatgeschehen, welches - rechtlich konsequent - die Subsumtion des Prozessgegenstandes unter eine oder mehrere andere als jene strafbaren Handlungen zur Folge hätte, auf die sich die Hauptfrage bezog. Die gesetzeskonforme Ausführung einer Fragenrüge (Z 6) erfordert eine Substantiierung dahin, durch welche in der Hauptverhandlung konkret vorgebrachten Tatsachen (§ 314 Abs 1 StPO) die begehrte weitere Fragenstellung indiziert gewesen sein soll (vgl Schindler, WK-StPO § 314 Rz 12 f; Ratz, WK-StPO § 345 Rz 23, 42). Ein solches Tatsachenvorbringen, das auch Anhaltspunkte für das Vorliegen von (zumindest bedingtem) Verletzungsvorsatz erfordert hätte, vermag der Rechtsmittelwerber mit dem bloßen Verweis auf seine - im Übrigen bloß bruchstückhaft und verzerrt zusammengefasst zitierte - Verantwortung, wonach er Marko M***** nicht beraubt habe, sondern die Axt bloß „verwendete", um diesem im Zuge einer Auseinandersetzung über ein vorangegangenes Suchtgiftgeschäft „Angst einzujagen, um den Protest desselben im Keim zu ersticken", nicht aufzuzeigen. Seinen Widersacher mit der Axt geschlagen und eine dadurch entstehende Verletzung ernstlich für möglich gehalten und sich mit deren Eintritt abgefunden zu haben, hat der Angeklagte im Übrigen stets bestritten und behauptet, aus Zorn (S 17) oder um M***** Angst zu machen (S 259), mit der Hacke gegen die Wand geschlagen zu haben, wobei es möglich sei, dass er das Tatopfer dabei mit dem Griffstück der Hacke „erwischt" und leicht verletzt habe (S 17, 259 f, insbesonders S 273 oben).
Eine Eventualfrage nach dem Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB aber wurde vom Schwurgerichtshof ohnehin gestellt.
Der Tatsachenrüge ist vorweg zu erwidern, dass der Nichtigkeitsgrund der Z 10a seinem Wesen nach erst greift, wenn sich „aus den Akten" nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen konstatierten Tatsachen ergeben. Die Worte „aus den Akten" beziehen sich in erster Linie auf in der Hauptverhandlung vorgekommenes Beweismaterial (iwS [§ 258 Abs 1]). Nicht in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweismittel sind nur insoweit Gegenstand der Rüge, als sie so rechtzeitig zum Akt gekommen sind, dass sie in der Hauptverhandlung noch hätten vorkommen können und dürfen, auch unter dem Gesichtspunkt, dass sie Anlass zur Durchführung von Beweisaufnahmen gegeben hätten. In beiden Fällen steht die Rüge nur dann zu, wenn der Beschwerdeführer an einer auf Vorführung solcher Beweismittel oder auch daran geknüpfte weitere Aufklärung abzielende Antragstellung gehindert war (RIS-Justiz RS0119310; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 482). Mit anderen Worten will Z 10a als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Spekulationen dazu, welche günstigere Beweissituation sich für den Angeklagten aus einer Überprüfung seiner - nach dem Vorbringen der Tatsachenrüge „offensichtlich" nicht sichergestellten - Jacke, in der sich noch ein Rest Kokain sowie Bargeld befunden haben soll, ergeben hätte, sind demzufolge einer sachbezogenen Erörterung ebensowenig zugänglich wie aus der Nichtberücksichtigung des Fehlens dieses Beweismittels durch die Geschworenen erhebliche Bedenken an deren Erwägungen abgeleitet werden können.
Unter dem Gesichtspunkt einer Aufklärungsrüge mangelt es der Beschwerde an Ausführungen dazu, wodurch der Rechtsmittelwerber an der Ausübung seines Rechts, entsprechende Beweisaufnahmen in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war und daher belehrt hätte werden müssen, um so die Ermittlung der Wahrheit zu fördern (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).
Dem an die „Rüge" der „Protokollierung in der Hauptverhandlung vom 22. November 2007" anknüpfenden Vorbringen ist durch die rechtskräftige Abweisung dieses Protokollsberichtigungsantrags mit Beschluss des Erstgerichtes vom 29. Februar 2008 (ON 49) der Boden entzogen.
Indem der Beschwerdeführer weiters die Angaben des Zeugen Marko M***** - unter der Prämisse der Richtigkeit seiner eigenen (von den Geschworenen verworfenen) eben dargestellten Verantwortung - als reine Schutzbehauptung, mit der Lebenserfahrung unvereinbar und nicht realitätsbezogen bezeichnet, sowie Spekulationen dazu anstellt, wie sich der Angeklagte hätte verhalten müssen, wenn er tatsächlich einen „angeblich vorangegangenen Raub kaschieren möchte", und solcherart die Glaubwürdigkeit des Tatopfers durch eigene Beweiswerterwägungen in Zweifel zu ziehen trachtet, zielt er auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung außerhalb der oben dargestellten Sonderfälle ab, womit er sich auf der Ebene einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung bewegt.
Dass dieser Zeuge anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung erwähnte, 2.000 Euro mit sich geführt zu haben, um damit bei seinen Freunden anzugeben und in der Hauptverhandlung die Absicht, mit seiner Barschaft zu prahlen, bestritt, erschüttert seine Verlässlichkeit keineswegs in einem den Anfechtungsrahmen der Tatsachenrüge tangierenden Umfang. Gleiches gilt in Bezug auf die Zeugin Senada K*****, deren von der Beschwerde thematisierten Bekundungen, wonach der Angeklagte einerseits die Zeche von 2,50 Euro nicht bezahlen konnte, weil er „angeblich" nur 1,80 Euro bei sich hatte und andererseits „angeblich von der Polizei in der Jacke eine leere Geldbörse gefunden worden ist", dem Beschwerdevorbringen zuwider nicht unvereinbar sind.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d, 344 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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