OGH 14Os86/12x

OGH14Os86/12x25.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. September 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Scheickl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Svetlana I***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 15, 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Predrag P***** sowie die diesen Angeklagten betreffende Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Mai 2012, GZ 082 Hv 201/11w-271, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Predrag P***** betreffenden Schuldspruch II und demgemäß im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch sowie im Einziehungserkenntnis (§ 34 SMG) aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Der Angeklagte Predrag P***** und die Staatsanwaltschaft werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im Übrigen zurückgewiesen.

Dem Angeklagten Predrag P***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - soweit für die gegenständliche Erledigung von Bedeutung - Predrag P***** der Vergehen der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach §§ 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG, 15 StGB (I), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 15, 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG (II), mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 SMG (III) und (richtig) der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (VI/2) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

(I) vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge mit dem Vorsatz, dass es in Verkehr gesetzt werde

1) erworben und besessen, und zwar ab dem 10. Februar 2011 bis zum 15. Februar 2011 97,6 Gramm Heroin mit einem Reinsubstanzgehalt von zumindest 2,6 % (2,54 Gramm Heroin Reinsubstanz) und rund 165 Gramm Kokain brutto mit einem durchschnittlichen Reinsubstanzgehalt von 86 % (131 Gramm Kokain-HCL Reinsubstanz), indem er das Suchtgift übernahm und zum Zweck des Weiterverkaufs in seiner Wohnung sowie in dem von ihm verwendeten PKW aufbewahrte,

2) zu erwerben versucht, und zwar am 15. Februar 2011 rund 393,9 Gramm Heroin mit 2,6 % Heroin und 0,2 % Monoacetylmorphin Reinsubstanzgehalt (insgesamt 10,4 Gramm Heroin- und 0,8 Gramm Monoacetylmorphin Reinsubstanz), indem er den abgesondert verfolgten Dobre D***** mit der Besorgung und der Übergabe des Suchtgifts an ihn beauftragte, das Suchtgift zur Probe entgegennahm, jedoch ausschließlich aufgrund der seiner Ansicht nach vorliegenden schlechten Qualität des Heroins vom Erwerb Abstand nahm;

(II) vor dem 15. Februar 2011 unbekannte Täter dazu zu bestimmen versucht, vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich rund 150 Gramm Kokain mit zumindest 20 % Reinsubstanzgehalt (30 Gramm reines Kokain) von Serbien aus- und nach Österreich einzuführen, indem er das Suchtgift telefonisch bestellte und vorab den Kaufpreis von 6.000 Euro bezahlte;

(III) im Zeitraum von Herbst 2005 bis Februar 2011 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich insgesamt rund 843 Gramm Heroin mit insgesamt 40 Gramm Reinsubstanz Heroin und 50 Gramm Kokain mit insgesamt 9 Gramm Reinsubstanz Kokain-HCL anderen überwiegend gegen Entgelt sowie auf Kommission zum Zweck des Weiterverkaufs überlassen, wobei er die Taten gewerbsmäßig beging und zumindest schon einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG verurteilt worden war, und zwar

1) im Zeitraum von März 2006 bis 9. Juni 2006 insgesamt zumindest 150 Gramm Heroin mit einem Reinsubstanzgehalt von zumindest 3 % durch Übergabe an Zlatan I*****;

2) durch Übergabe an Izudin S*****

a) im Zeitraum von Juli bis August 2006 nicht mehr feststellbare Mengen Heroin;

b) zwischen 24. August 2006 und 1. November 2006 rund 142 Gramm Heroin mit 19,1 Gramm Reinsubstanz Heroin sowie rund 50,2 Gramm Kokain mit 9 Gramm Reinsubstanz;

3) im Zeitraum Sommer 2010 bis Ende Jänner 2011 insgesamt rund 400 Gramm Heroin mit einer Reinsubstanz von zumindest 3 % durch Übergabe an Danijela K*****;

4) im Zeitraum von Herbst 2005 bis Mitte 2006, von Frühjahr 2008 bis Jänner 2009 sowie von Februar 2010 bis Februar 2011 (ausgenommen die Zeit von 10. Juli 2010 bis 11. August 2010) insgesamt zumindest 150 Gramm Heroin mit einem Reinsubstanzgehalt von zumindest 3 % durch Übergabe an Christina Z***** und Zoran Z*****;

(VI) vorschriftswidrig Suchtgift wiederholt ausschließlich zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen und zwar

2) im Zeitraum August 2010 bis 15. Februar 2011 Heroin, Kokain und Substitol (enthaltend Morphine).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten Predrag P***** aus Z 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist - wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme ausführt - teilweise im Recht:

Im Ergebnis zutreffend zeigt der Beschwerdeführer nominell im Rahmen der Mängelrüge einen Rechtsfehler mangels Feststellungen (der Sache nach Z 10) betreffend die vom Schuldspruch II erfasste Suchtgiftmenge bezogen auf deren Reinsubstanz auf. Die vom Erstgericht (lediglich) konstatierte Reinsubstanz „Kokain-HCL“ (US 19) entspricht nämlich - entgegen der verfehlten Ansicht der Tatrichter (US 101) - nicht der im Anhang 1 zur Suchtgift-Grenzmengenverordnung genannten Substanz „Cocain“; die zu dieser festgesetzte Grenzmenge von 15 Gramm bezieht sich gemäß § 2 SGV nur auf die Base dieses Suchtgifts (vgl 11 Os 116/10h, EvBl-LS 2011/47). Eine Überschreitung der Grenzmenge (§ 28b SMG) lässt sich auf dieser Sachverhaltsgrundlage somit nicht verlässlich beurteilen.

Dieser Rechtsfehler erfordert eine Aufhebung des Schuldspruchs II, demgemäß auch des Straufausspruchs. Urteilsannahmen, die einen - insoweit nicht erfolgten - Schuldspruch nach § 27 Abs 1 Z 1 fünfter und sechster Fall SMG allenfalls zu tragen vermögen, können nicht bestehen bleiben (RIS-Justiz RS0115884). Eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens, soweit es sich auf diesen Schuldspruch und auf den Strafausspruch bezieht, erübrigt sich daher.

Aus Z 11 erster Fall reklamiert die Rüge darüber hinaus zutreffend, dass das Einziehungserkenntnis (US 9) den Gegenstand der verfügten vorbeugenden Maßnahme (§ 34 SMG iVm § 26 StGB) nicht hinreichend determiniert, was auch die Aufhebung des Einziehungserkenntnisses erforderlich machte.

Im Übrigen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde keine Berechtigung zu:

Der zu den Schuldsprüchen I, III und IV eine Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Betreff der Vorschriftswidrigkeit vermissenden Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter diese zum Schuldspruch III mängelfrei (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452) aus dem objektiven Geschehen (US 79), den Vorstrafen (mehrfache Verurteilungen des Angeklagten zu Haftstrafen wegen Suchtmitteldelinquenz auch während deren Vollzug; III/1, 2/a und b, 4; US 14 ff) und der langjährigen Erfahrung des Beschwerdeführers im Umgang mit Suchtgiften (US 14, 79 f) abgeleitet und die beiden letztgenannten Komponenten auch zum Schuldspruch IV ins Kalkül gezogen (US 94). Angesichts der Tatzeiten ist damit entgegen der Äußerung des Angeklagten auch sein Wissen anlässlich der Begehung der dem Schuldspruch I zugrundeliegenden Tat ebenso zureichend begründet, wie die Feststellung der Angeklagte habe vorschriftswidrig gehandelt in der Annahme, dass er über keine verwaltungsbehördliche Bewilligung zum Umgang mit Suchtgiften verfügt hat (US 17, 20, 21) ihre Begründung erfährt.

Die den Schuldspruch III betreffende Behauptung eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen zur die Vorschriftswidrigkeit des Überlassens von Suchtgift umfassenden subjektiven Tatseite (Z 9 lit a) übergeht die sämtliche Schuldsprüche des Beschwerdeführers umfassenden Konstatierungen zu seinem Wissen von der Strafbarkeit des Umgangs mit (und demzufolge auch des Überlassens von) Suchtgift in Österreich (US 22, 94) sowie seiner fehlenden verwaltungsbehördlichen Bewilligung zum Umgang mit Suchtgiften (US 21, 19, 22) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt (vgl RIS-Justiz RS0099810).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO).

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