European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00085.21P.0914.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** H***** der Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./) sowie der Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (III./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in W*****
I./ mit der unmündigen ***** G***** dadurch den Beischlaf und diesem gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, dass er
1./ zwischen 2011 und 2015 von ihr zwei Mal den Oralverkehr an sich vornehmen ließ (US 5);
2./ zwischen 2011 und 2015 ein Mal den Beischlaf mit ihr durchführte;
3./ 2015 oder 2016 ein weiteres Mal (zunächst) von ihr den Oralverkehr an sich vornehmen ließ und (sodann) den Beischlaf mit ihr durchführte;
II./ im Zeitraum 2011 bis 2015 von der unmündigen ***** G***** dadurch geschlechtliche Handlungen an sich vornehmen lassen, dass er insgesamt drei Mal (US 4 f) ihre Hand an seinen erigierten Penis führte und sie diesen nicht bloß flüchtig berührte;
III./ durch die zu I./ und II./ dargestellten Handlungen mit einer minderjährigen Person, die seiner Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen oder von ihr an sich vornehmen lassen.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und Z 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
[4] Soweit die Mängelrüge eine (ausreichende) Begründung für die Beurteilung der Überzeugungskraft der den Angeklagten belastenden Aussage der Zeugin ***** G***** vermisst, lässt sie außer Acht, dass die Annahme der Tatrichter von der (in der Regel erheblichen Tatsache der) Glaubwürdigkeit einer Beweisperson als (bloß) beweiswürdigende Erwägung keinen zulässigen Bezugspunkt des hier der Sache nach erhobenen Einwands offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall, nominell auch Z 5 zweiter Fall) darstellt (RIS‑Justiz RS0106588).
[5] Die Tatrichter gingen zwar davon aus, dass (von der Beschwerde missverstanden) im Zeitpunkt der belastenden Aussagen der ***** G***** die Taten länger zurücklagen (US 10) und die Auseinandersetzung über die Aufteilung des gemeinsamen Hauses beendet war (US 12), erblickten darin aber erkennbar keine notwendige Bedingung für die Feststellungen zum (jeweils) objektiven Tatgeschehen. Diese Sachverhaltsannahmen sind daher einer Kritik aus Z 5 ebenfalls entzogen (RIS‑Justiz RS0116737).
[6] Mit dem Einwand, das Erstgericht sei zu Unrecht (siehe aber ON 2 S 37 ff und ON 9) von einer Mehrzahl an belastenden Aussagen der ***** G***** ausgegangen, greift die Beschwerde der Sache nach (nominell Z 5 dritter und fünfter Fall) abermals nur die erstgerichtliche Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugin an.
[7] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) aus dem von den Tatrichtern erörterten (US 9 f) Umstand, dass ***** G***** in einem früheren (wegen einer anderen Straftat geführten) Strafverfahren gegen den Angeklagten bestritt, von ihm „unsittlich berührt“ worden zu sein (ON 2 S 26 in ON 10), für ihren Standpunkt günstigere Schlussfolgerungen zieht, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen, sondern kritisiert sie bloß die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung (RIS‑Justiz RS0099674).
[8] Soweit die Rüge mit der Behauptung eines Zirkelschlusses und einer verfehlten Bewertung der zu Beginn der Vernehmung erfolgten Wahrheitserinnerung der ***** G***** versucht, Bedenken aus den Erwägungen des Erstgerichts selbst abzuleiten, verfehlt sie die Argumentation „aus den Akten“, also die Bezugnahme auf aktenkundiges Beweismaterial (RIS‑Justiz RS0117961).
[9] Dass ***** G***** behauptete, wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung im bereits angesprochenen früheren Strafverfahren gegen den Angeklagten den zuständigen Richter und die Staatsanwaltschaft über die hier gegenständlichen Vorfälle informiert zu haben, begründet keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundeliegenden entscheidenden Tatsachen zu den vom Angeklagten zum Nachteil der Zeugin begangenen Taten.
[10] Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit b, nominell – verfehlt – auch Z 8) in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf § 263 Abs 2 StPO einen Feststellungsmangel geltend macht, legt sie nicht dar, inwiefern – auch nach dem Beschwerdevorbringen – ausschließlich außerhalb der Hauptverhandlung des früheren Strafverfahrens erfolgte Beschuldigungen der Begehung der hier gegenständlichen Taten einen Sachverhalt indizieren sollten, der die rechtliche Annahme des reklamierten Verfolgungshindernisses (eines Verlusts des entsprechenden Verfolgungsrechts) tragen würde. Dass die insoweit belastenden Angaben der Genannten Eingang in die frühere Hauptverhandlung gefunden hätten (vgl zum Ganzen Lewisch, WK‑StPO § 263 Rz 11 f und 16), behauptet die Beschwerde nicht. Solcherart verfehlt sie die prozessordnungskonforme Ausführung materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0116565).
[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagtenfolgt (§ 285i StPO).
[12] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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