OGH 14Os80/97

OGH14Os80/9721.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Rouschal, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Rohan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ziya K***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG sowie wegen eines Finanzvergehens über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 14. März 1997, GZ 17 Vr 1.065/96-235, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ziya K***** - nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens abermals - des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 3 Z 3 SGG sowie des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Darnach hat er am 5. Jänner 1991 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem deshalb bereits im früheren Verfahren rechtskräftig mitabgeurteilten Bayram C***** als Mittäter

(1) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, welche zumindest das 25fache jener Menge ausmachte, deren Weitergabe geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, und zwar acht Kilogramm Heroin, welches im Reservereifen seines Pkw versteckt war, aus der Türkei aus- und über den Grenzübergang Spielfeld nach Österreich eingeführt; sowie

(2) bei der Einreise nach Österreich über das Zollamt Spielfeld eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich die erwähnten acht Kilogramm Heroin, worauf Eingangsabgaben in der Höhe von 2.560.000 S entfallen, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- oder Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen.

Die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Einen Verfahrensmangel (Z 3) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der in der Hauptverhandlung (nunmehr) als Zeuge vernommene Bajram C***** (S 77/I) weder auf sein Entschlagungsrecht hingewiesen wurde noch auf dieses rechtswirksam verzichtet hat. Dieses Recht ergebe sich aus § 152 Abs 1 Z 1 (erste Alt) StPO, weil sich Bajram C***** im Hinblick auf seine als Angeklagter im früheren Verfahren gemachten geständigen und zugleich den Beschwerdeführer belastenden Angaben durch seine Zeugenaussage im vorliegenden Verfahren der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung wegen Verleumdung ausgesetzt haben könnte, lag doch der Grund für die Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer gerade darin, daß von Zeugen behauptet wurde, Bajram C***** habe ihnen gegenüber eingestanden, den Beschwerdeführer seinerzeit fälschlich belastet zu haben.

Der Beschwerdeauffassung zuwider war jedoch der Zeuge C***** nicht berechtigt, seine Aussage im nunmehrigen Verfahren zu verweigern:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen hat, darf der in Rede stehende Entschlagungsgrund im Falle von wiederholten Befragungen nicht durch eine der Aussagen selbst geschaffen worden sein. Nur die mögliche Offenbarung eines außerhalb der gerichtlichen Aufarbeitung des Straffalles allenfalls gesetzten kriminellen Verhaltens, nicht aber ein innerhalb dessen vielleicht zustande gekommenes "Aussagedelikt" (§§ 288, 297 StGB) führt zum Entschlagungsrecht des Zeugen. Diese thematische Beschränkung ist unverzichtbar, soll sich der Sinn der Strafdrohung gegen Falschaussagen nicht in sein Gegenteil verkehren (13 Os 90/97; vgl EvBl 1994/138; Höpfel in Platzgummer-FS, 259; aM Steininger in Odersky-Fs, 513; Bertel JBl 1995, 238).

Dem weiteren Beschwerdeeinwand zuwider stand dem Zeugen C***** auch nach der zweiten Alternative des § 152 Abs 1 Z 1 StPO kein Entschlagungsrecht zu, weil angesichts der seinerzeit in Übereinstimmung mit seinem Geständnis erfolgten rechtskräftigen Verurteilung eine Selbstbelastung nur in einem Sonderfall denkbar wäre (EvBl 1994/138, EvBl 1995/42 und EvBl 1995/93), wie ihn die Aktenlage in keiner Weise nahebringt.

Mangels eines Entschlagungsrechtes des Zeugen ist dem Erstgericht durch die Unterlassung einer diesbezüglichen Belehrung kein Fehler unterlaufen, der wegen der fehlenden Verzichtserklärung (§ 152 Abs 5 StPO) Nichtigkeit des Verfahrens zur Konsequenz hätte (§ 281 Abs 1 Z 3 StPO).

Fehl schlägt auch die weitere Verfahrensrüge (Z 4), mit der die unterbliebene Vernehmung der in der Hauptverhandlung beantragten Zeugen Ahmed D*****, Erhan I***** und Muhittin P***** (113/IV) geltend gemacht wird. Das Schöffengericht hat nämlich die vom Beschwerdeführer in seinem Beweisantrag behaupteten Tatsachen ohnehin dem Urteil zugrundegelegt (S 115/IV; US 11).

Dem Beschwerdeeinwand, es könne nicht mit letzter Konsequenz ausgeschlossen werden, daß durch die Einvernahme der drei genannten Zeugen nicht doch (über das im Beweisantrag angeführte Beweisthema hinaus) neue Aspekte hervorgekommen wären, die zu einem für den Angeklagten günstigeren Ergebnis geführt hätten, ist zu entgegnen, daß es diesbezüglich nicht nur an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung fehlt, sondern daß einem solchen, auf einen bloßen Erkundungsbeweis gerichteten Antrag die formelle Eignung als Basis für den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund fehlen würde.

Mit der Tatsachenrüge (Z 5a) vermag der Beschwerdeführer keine Bedenken - geschweige denn solche erheblicher Art - gegen die Richtigkeit des Schuldspruchs zu erwecken. Die im wesentlichen kritisierte Feststellung, wonach der Beschwerdeführer wußte, daß im Reservereifen seines Autos das Heroin transportiert wurde, ist nach der Aktenlage zwanglos nachvollziehbar.

Zu Unrecht erblickt die Strafbemessungsrüge (Z 11) einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot darin, daß die Tatrichter als erschwerend "die Begehung der Tat in bezug auf ein Vielfaches der sogenannten übergroßen Menge" berücksichtigten. Angesichts der Qualifikationsmenge von 37,5 Gramm reinem Heroin (§ 12 Abs 3 Z 3 SGG) bildet die tatverfangene Heroinmenge von 4180 Gramm Reinsubstanz in der Tat einen besonderen (und zudem sehr gewichtigen) Erschwerungsgrund.

Soweit die Strafbemessungsrüge schließlich die Berücksichtigung des Milderungsumstandes nach § 34 Z 18 StGB vermißt, macht sie in Wahrheit nur einen Berufungsgrund geltend (vgl RZ 1989/19).

Die somit teils offenbar unbegründete, teils nicht gesetzmäßig ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurück- zuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO).

Die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten fällt darnach dem Oberlandesgericht Innsbruck zu (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte