OGH 14Os76/13b

OGH14Os76/13b27.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bandarra als Schriftführer in der Strafsache gegen Mag. Anton B***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15, 207 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Privatbeteiligten Sophie-Marie B***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 30. Jänner 2013, GZ 42 Hv 84/11p-60, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Der Privatbeteiligten fallen die durch ihr Rechtsmittel verursachten Kosten des Strafverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Anton B***** gemäß § 259 Z 3 StPO von der Anklage freigesprochen, er habe am 17. April 2011 in K*****

A. dadurch, dass er seine am 29. Jänner 2003 geborene Tochter Sophie-Marie B***** mit beiden Händen an der Scheide zu betasten suchte,

I. außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person vorzunehmen versucht;

II. mit einer mit ihm in absteigender Linie verwandten minderjährigen Person eine geschlechtliche Handlung vorzunehmen versucht;

B. Sophie-Marie B***** durch die Ankündigung, ihr andernfalls mit einem Messer ins Herz zu stechen, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Mitteilung des unter A beschriebenen Verhaltens an ihre Mutter genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 4 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Privatbeteiligten Sophie-Marie B*****, die gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurde, kritisiert zu Unrecht die Abweisung von in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträgen und verfehlt damit ihr Ziel.

Denn der Antrag auf „Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens“ zum Beweis dafür, dass die (gemeinsam mit einem Zeitungsausschnitt vom 29. April 2011 auf einem Foto abgebildete) Verletzung im Bauchbereich „nicht durch einen Buchdeckel entstanden sein kann“ (ON 59 S 2), lief auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330 f), legte er doch nicht dar, weshalb ein solches Gutachten die den Depositionen der Privatbeteiligten widersprechende Erklärung des Angeklagten zur Entstehung der Verletzung (nämlich im Zuge des Entreissens eines Buches) bloß aufgrund der im Akt erliegenden Fotos widerlegen können sollte.

Auch das Begehren auf (neuerliche) Vernehmung der Mutter der Privatbeteiligten zum Beweis dafür, dass diese ihre Tochter nicht beeinflusst habe (ON 59 S 11), wurde ohne Verletzung von Strafverfolgungsinteressen der Sophie-Marie B***** abgewiesen. Denn der Antrag ließ im Hinblick auf die nach Einbringung der Anklage erstattete schriftliche Erklärung dieser bereits im Ermittlungsverfahren gemäß § 165 StPO im Beisein der Staatsanwältin, des Verteidigers und der Privatbeteiligtenvertreterin ausführlich vernommenen Zeugin (ON 20), sich in der Hauptverhandlung gegen ihren Ehemann (vgl § 156 Abs 1 Z 1 StPO) der Aussage zu entschlagen (ON 39), die gebotene Begründung vermissen, weshalb sich diese nunmehr zu einer Aussage bereit finden sollte (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 331; RIS-Justiz RS0121344).

Der Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung der die Beschwerdeführerin behandelnden Psychotherapeutin, (richtig:) Dr. W*****, zum Beweis dafür, dass „die Kinder nicht von der Mutter beeinflusst worden sind und aufgrund der Vorfälle eine Belastungssituation bei (richtig:) Sophie-Marie gegeben ist“ (ON 59 S 11), ließ nicht erkennen, aus welchem Grund die Genannte das Fehlen einer (im Urteil angenommenen) Beeinflussung (primär) der Sophie-Marie B***** durch deren Mutter bestätigen können sollte, zumal die im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegenden Beweisergebnisse dafür keinen Anhaltspunkt ergaben (vgl die Kontaktaufnahme der Sachverständigen für Kinderpsychologie, Dr. E*****, mit Dr. W***** und diesbezügliche Ergänzungen in der Hauptverhandlung, ON 53 S 11 f und ON 59 S 3 und 8).

Nach Art eines Gutachtens gezogene Schlussfolgerungen (zum Vorliegen einer „Belastungssituation“) sind überdies nicht Gegenstand einer Zeugenaussage (RIS-Justiz RS0097540).

Im Übrigen fand der Umstand, dass Dr. W***** bei der Privatbeteiligten Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung bemerkt haben will, ohnehin Eingang in das von den Tatrichtern berücksichtigte (US 11 und 14) Gutachten der Sachverständigen Dr. E***** (ON 53 S 11 f und 19). Zudem stützten die Tatrichter ihre Überzeugung von der Richtigkeit der leugnenden Depositionen des Angeklagten primär auf den von Mag. Sonja B***** und Sophie-Marie B***** (ON 20) nach Vorspielen deren kontradiktorischer Vernehmungen (ON 18 und 20) selbst gewonnenen Eindruck (vgl ON 42 Teil 2 S 1 und ON 59 S 2) sowie auf die Situation und den Ablauf bei berichteten Befragungen der Kinder durch die Mutter (US 8 bis 14; vgl auch § 258 Abs 2 StPO und RIS-Justiz RS0106588).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 zweiter Satz StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte