OGH 14Os72/21a

OGH14Os72/21a10.8.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. August 2021 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Lampret in der Strafsache gegen ***** J***** wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach §§ 15, 232 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 30. April 2021, GZ 601 Hv 3/21y‑40, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00072.21A.0810.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** J***** des Verbrechens der Geldfälschung nach §§ 15, 232 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er nachgemachtes oder verfälschtes Geld im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten (§ 12 StGB) oder einem Mittelsmann mit dem Vorsatz zu übernehmen versucht, es als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen, indem er am 12. September 2020 im „Darknet“ beim Anbieter „c*****“ via „W*****“ eine Lieferung von Falschgeld im Nominalwert von 170 Euro (ein Stück 50‑Euro‑Banknote und sechs Stück 20‑Euro‑Banknoten) aus den Niederlanden bestellte, wobei es beim Versuch blieb, weil diese mit seinem Namen und seiner Adresse versehene Lieferung vom österreichischen Zoll sichergestellt wurde.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

[4] Die Mängelrüge geht mit ihrem Einwand undeutlicher und offenbar unzureichender Begründung (Z 5 erster und vierter Fall) der – erkennbar auch in objektiver Hinsicht – zum einverständlichen Erwerb von einem an der Fälschung Beteiligten (§ 12 StGB) oder einem Mittelsmann getroffenen Feststellungen (US 2 f) nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus (RIS‑Justiz RS0119370). Denn diese führen zunächst zum äußeren Tatbestand aus, dass der Anbieter des Falschgeldes einer Tätergruppe zuzurechnen sei, die „Geldfälschungen selbst herstellt und über verschiedene Vendoren im Darknet verkauft“. Bei den von dieser Gruppe nachgemachten Banknoten handle es sich um solche „der höchsten Fälschungsklassen“, weshalb sie „im Darknet besonders beliebt“ seien (US 2). Das konstatierte Wissen des Beschwerdeführers um das vom Tatbestand vorausgesetzte Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann beim Erwerb der Banknoten stützte das Erstgericht – von der Rüge übergangen – insbesondere auch auf deren besondere Qualität (US 3). Zudem leiteten sie die Feststellungen zur subjektiven Tatseite „aus dem objektiven Geschehen“ ab (US 4). Nach der (maßgeblichen) Beurteilung des Obersten Gerichtshofs ist dies für sämtliche Urteilsadressaten unzweifelhaft erkennbar (RIS‑Justiz RS0117995). Der Beschwerdeführer vermag auch nicht aufzuzeigen, dass diese Erwägungen (in objektiver wie in subjektiver Hinsicht) den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprächen (vgl RIS‑Justiz RS0118317, RS0116882).

[5] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) aus von den Tatrichtern ohnehin erörterten Beweisergebnissen (der Verantwortung des Beschwerdeführers und der Aussage des Zeugen ***** A*****) für ihren Standpunkt günstigere Schlussfolgerungen zieht, weckt sie keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen, sondern kritisiert bloß die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung (RIS‑Justiz RS0099674).

[6] Soweit die Rüge versucht, Bedenken aus den Erwägungen des Erstgerichts selbst abzuleiten, verfehlt sie die Argumentation „aus den Akten“, also die Bezugnahme auf aktenkundiges Beweismaterial (RIS‑Justiz RS0117961).

[7] Die Feststellung, der Vorsatz des Beschwerdeführers habe sich auch auf den Erwerb (die Übernahme) einer – von ihm nicht bestellten – nachgemachten 50-Euro-Banknote bezogen (US 3), ist weder für die Schuld- noch für die Subsumtionsfrage entscheidend und daher einer Anfechtung mit Tatsachenrüge entzogen (RIS‑Justiz RS0118780).

[8] Die Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht mit ihrer Kritik, es fehlten Feststellungen zu einem auf den Erwerb im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann bezogenen Vorsatz, die dazu – bei gebotener Betrachtung der Gesamtheit der Entscheidungsgründe keineswegs bloß mit Hilfe der verba legalia – getroffenen Konstatierungen (US 3; RIS-Justiz RS0099810).

[9] Weshalb eine nähere sachverhaltsmäßige Klärung des Vorliegens einer der beiden Tatbestandsvarianten (Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann) für die rechtsrichtige Subsumtion erforderlich sei, wird nicht erklärt (vgl RIS‑Justiz RS0095665; Schroll in WK 2 StGB § 232 Rz 26).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[11] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die gegen den Strafausspruch gerichtete Berufung (§ 285i StPO).

[12] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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