OGH 14Os7/15h

OGH14Os7/15h3.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. März 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Humer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Redzep T***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. November 2014, GZ 071 Hv 133/13t-284, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00007.15H.0303.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. März 2014, GZ 071 Hv 133/13t‑262, wurde Redzep T***** im ersten Rechtsgang ‑ soweit hier noch relevant ‑ des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG (A/II) und der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (F) schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** und an anderen Orten

(A) vorschriftswidrig Suchtgift, und zwar

...

(II) in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 968,5 Gramm Heroin mit einem Reinheiltsgehalt von zumindest 1,1 % Acetylcodein, 17 % Heroin und 0,5 % Monoacetylmorphin (entspricht einer Reinsubstanz von zumindest 11,5 Gramm Acetylcodein, 164 Gramm Heroin und 4,6 Gramm Monoacetylmorphin) „als Bestimmungstäter aus- und eingeführt, indem er am 21. Mai 2013 dem im Verfahren AZ 64 Hv 93/13h des Landesgerichts für Strafsachen Wien rechtskräftig verurteilten Ervin K***** das genannte Suchtgift in Serbien übergab und [ihn] aufforderte, es aus Serbien aus- und über Ungarn nach Österreich einzuführen“, wobei er diese Straftat nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG gewerbsmäßig beging und schon einmal wegen einer § 28a Abs 1 SMG zu unterstellenden Straftat, nämlich mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 1. März 2007, AZ 62 Hv 16/07m, wegen § 28 Abs 2 und 4 Z 3 SMG idF BGBl I 2002/134, verurteilt wurde;

(F) zwischen Anfang 2013 und 22. Mai 2013 Natasa P***** durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, nämlich durch die wiederholte Äußerung, wenn sie die Polizei anrufe, würde dies nicht das Ende sein, weil er wieder aus der Haft entlassen würde und dann würde sie schon sehen, wie es weitergehen würde, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Verständigung der Polizei und der Aussage gegen ihn, genötigt.

Mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 12. August 2014, AZ 14 Os 59/14d, wurde die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten zurückgewiesen, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt blieb, jedoch aus deren Anlass in der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch A/II zugrundeliegenden Tat (auch) unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG sowie im Schuldspruch F, demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Redzep T***** im

zweiten Rechtsgang (zum ursprünglichen Schuldspruch A/II) erneut gewerbsmäßiger Tatbegehung nach § 28a Abs 2 Z 1 SMG (1) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er ‑ soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung ‑ (1) die dem im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch A/II zugrunde liegende Tat in der Absicht begangen, „sich durch die wiederkehrende vorschriftswidrige Ein- und Ausfuhr von Suchtgiftquanten in jeweils die Grenzmenge übersteigenden Mengen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen“.

Rechtliche Beurteilung

Ausschließlich die Annahme der Qualifikation des § 28a Abs 2 Z 1 SMG bekämpft der Angeklagte erneut mit einer nominell auf Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der indes keine Berechtigung zukommt.

Indem die Beschwerde (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) einwendet, das Erstgericht habe „kaum Feststellungen zur inneren Tatseite getroffen“, diese seien „vage ‑ zu vage“ geblieben, sich im Folgenden aber inhaltlich bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung unzulässig gegen die entsprechende Beweiswürdigung der Tatrichter (US 6) wendet, ohne darzulegen, welche konkreten Konstatierungen sie vermisst, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0095939, RS0118342; Ratz, WK‑StPO Rz 584).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Auf die als „Antrag“ auf Vernehmung mehrerer Personen „für die Wiederaufnahme, Nichtigkeit und Berufung“ titulierte handschriftliche Eingabe des Beschwerdeführers war im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzugehen, weil die Strafprozessordnung nur eine einzige Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde zulässt (RIS‑Justiz RS0100175).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO bleibt anzumerken, dass die Tatrichter im zweiten Rechtsgang hinsichtlich der gewerbsmäßigen Tatbegehung zwar Feststellungen zur zeitlichen Komponente („über zumindest einige Wochen“, US 5) getroffen und deutlich gemacht haben, dass es dem Angeklagten darauf ankam, „sich durch die wiederkehrende vorschriftswidrige Ein- und Ausfuhr von Suchtgiften bzw die Bestimmung eines anderen hierzu in jeweils großen, die Grenzmenge jeweils übersteigenden Mengen aus Serbien über Ungarn nach Österreich eine fortlaufende Einnahme … zu verschaffen“ (US 5; vgl zum Ganzen RIS-Justiz RS0119090 [T8 und T11], RS0114843 [T2 und T5], RS0112225 [T11 und T14]). Eine Konkretisierung, worin die eigene unrechtmäßige Bereicherung nach der Täterintention bestehen sollte, wurde jedoch erneut nicht vorgenommen, was mit Blick auf die inkriminierte Bestimmung eines Dritten zum Schmuggel (eigenen) Suchtgifts umso mehr erforderlich gewesen wäre, als die angenommene Qualifikation in Bezug auf die Ein- und Ausfuhr von Suchtgift nur dann in Betracht kommt, wenn gerade diese Tathandlung in der Absicht begangen wurde, aus ihr selbst (und nicht etwa aus dem späteren Inverkehrsetzen) eine Einnahme zu erzielen (15 Os 163/12b; Fabrizy, Suchtmittelrecht5 [2012] § 27 SMG Rz 18; Litzka/Matzka/Zeder, SMG² [2009] § 27 SMG Rz 79, jeweils zu Erwerb und Besitz). Damit vermögen die getroffenen Feststellungen die Subsumtion des Täterverhaltens (auch) unter § 28a Abs 2 Z 1 SMG ‑ zufolge zirkulärer Verwendung der verba legalia ohne Herstellung eines Sachverhaltsbezugs ‑ ein weiteres Mal nicht zu tragen.

Für eine Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bestand jedoch kein Anlass, weil die Bestimmung mit Blick auf die gleichzeitige Verwirklichung der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG auf den Strafrahmen keinen Einfluss hatte und bei der Strafbemessung ebenfalls nicht in Anschlag gebracht wurde (US 9), womit eine konkrete Benachteiligung des Angeklagten über die unrichtige Lösung der Rechtsfrage hinaus nicht gegeben ist (vgl RIS‑Justiz RS0113957; Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 22 ff). An die insoweit fehlerhafte Subsumtion ist das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nicht gebunden (RIS‑Justiz RS0118870; Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 27a).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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