European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0140OS00060.19H.0625.001
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Manfred K***** gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er in W***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, nämlich einer wahnhaften Störung (ICD‑10: F22), mit dem Vorsatz C*****, M***** und M***** K***** als Antragsteller im Verfahren AZ ***** des Bezirksgerichts I***** in ihrem Recht auf Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Kindesunterhalt nach § 231 Abs 1 ABGB zu schädigen, Beamte zu bestimmen versucht hat, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als deren Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfts vorzunehmen, dadurch zu missbrauchen, dass sie mittels Weisung die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch das Bezirksgericht I***** im bezeichneten Verfahren unterbinden, und zwar
1. im Zeitraum von 7. Oktober 2016 bis 20. Februar 2017 die Vorsteherin des genannten Bezirksgerichts Mag. S***** durch Übermittlung von insgesamt sechs Schreiben, in denen er sie sinngemäß aufforderte, darauf hinzuwirken, dass ihm künftig keine gerichtlichen Schriftstücke durch dieses Gericht zugestellt werden, sowie
2. am 1. Juni 2017 den damaligen Bundesminister für Justiz Dr. B***** durch Übermittlung eines Schreibens mit der Aufforderung, die Vorsteherin des genannten Bezirksgerichts anzuweisen, dass zukünftig keinerlei „Geschäftsangebote“ an ihn versendet werden,
obwohl er wusste, dass Mag. S***** die ihr als Vorsteherin des Bezirksgerichts I***** und Dr. B***** die ihm als Bundesminister für Justiz jeweils eingeräumte Befugnis, im Namen des Bundes als deren Organe in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, durch entsprechende Weisungserteilung zumindest vorsätzlich missbrauchen würden,
sohin Taten begangen hat, die als Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB mit jeweils ein Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedroht sind.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen; sie ist nicht im Recht.
Der Mängelrüge (der Sache nach Z 5 vierter Fall) zuwider hat das Schöffengericht die Feststellungen, denen zufolge der Betroffene bei Verfassung seiner Schreiben wusste, dass Mag. S***** und Dr. B***** im Fall der Befolgung seiner Aufforderungen ihre Befugnisse, Amtsgeschäfte vorzunehmen (vgl dazu RIS‑Justiz RS0096134), missbrauchen würden, mit der Ableitung aus dem objektiven Geschehen (US 11 f; RIS‑Justiz RS0116882) nicht offenbar unzureichend begründet. Denn für diese Annahme genügt es vorliegend, dass – wovon die Tatrichter ohne Verstoß gegen die Kriterien logischen Denkens und grundlegende Erfahrungen ausgingen (vgl US 12) – dem Betroffenen die Gesetzwidrigkeit einer Verhinderung der gebotenen Zustellung gerichtlicher Schriftstücke an ihn und damit der Erteilung einer darauf abzielenden Weisung bewusst war, sodass es keine Rolle spielt, ob er auch über den Umfang der (von ihm grundsätzlich als gegeben angenommenen: US 11) Weisungsbefugnisse der Gerichtsvorsteherin und des Bundesministers gegenüber Richtern im Rahmen der Dienstaufsicht (§ 25 Abs 1, § 74 Abs 2, § 76 Abs 1 GOG, vgl auch § 57 Abs 2 RStDG) Bescheid wusste.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) vernachlässigt mit dem bloßen Verweis auf die Ausführungen der Mängelrüge die wesensmäßige Verschiedenheit der Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 StPO und die deshalb bestehende Pflicht, sie gesondert auszuführen (RIS‑Justiz RS0115902).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet mit Hinweis auf unter einem erhobene Geldforderungen des Betroffenen Untauglichkeit des Versuchs iSd § 15 Abs 3 StGB, legt aber nicht methodengerecht dar, warum die Vollendung der Tat auf die vorgesehene Art bei generalisierender (Ex‑ante‑)Betrachtung, somit losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls, aus diesem Grund denkunmöglich sei und demzufolge unter keinen wie immer gearteten Umständen erwartet werden könne (vgl RIS‑Justiz RS0115363). Weshalb der vorliegende Fall mit einem Tötungsversuch mit einer ungeladenen Schusswaffe zu vergleichen sei, macht die – dies behauptende – Rüge gleichfalls nicht klar und zeigt Verfahrensergebnisse, welche Feststellungen zum reklamierten negativen Tatbestandsmerkmal indizieren würden, nicht auf (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 602).
Die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) übersieht mit der Bestreitung des Vorliegens einer Anlasstat, dass Bezugspunkt dieses Nichtigkeitsgrundes nur der Ausspruch nach Z 3, nicht aber jener der Z 2 des § 260 Abs 1 (hier iVm § 430 Abs 2) StPO sein kann (13 Os 150/18k).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die (implizite: § 290 Abs 1 letzter Satz StPO; RIS‑Justiz RS0116499) Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).
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