OGH 14Os51/15d

OGH14Os51/15d4.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. August 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Zonsics als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin P***** wegen der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 2. März 2015, GZ 25 Hv 110/14v‑34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00051.15D.0804.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin P***** mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2004/15 (A/I), der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (A/II/1, 2 und 5), nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (A/II/3, 4 und 6) und nach § 83 Abs 2 StGB (A/III), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (A/IV/1) und nach § 107 Abs 1 StGB (A/IV/2 und 3) sowie der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (B) schuldig erkannt.

Danach hat er ‑ soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant ‑

(A) in I*****

I) zwischen Februar 2010 und November 2011 Sabrina R***** in zumindest acht zeitlich voneinander getrennten Angriffen mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie jeweils trotz aktiver und verbaler Gegenwehr an den Haaren zog, sie niederriss, ihren Kopf fixierte, ihre Beine auseinander und seinen Körper zwischen ihre Beine drückte, wobei er sie weiterhin an den Haaren festhielt, und den vaginalen Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog.

Rechtliche Beurteilung

Die ausdrücklich nur gegen den Schuldspruch A/I gerichtete, aus dem Grunde der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

An sich zutreffend weist die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) darauf hin, dass die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen (nur) unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit mangelhaft erscheinen kann, wenn sich das Schöffengericht mit gegen seine Annahme sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Ebenso mit Recht hebt sie hervor, dass Bezugspunkt einer erfolgreichen diesbezüglichen Rüge jedoch nicht die Sachverhaltsannahme der (Un-)Glaubwürdigkeit, sondern ausschließlich die Feststellung entscheidender Tatsachen sein kann (RIS‑Justiz RS0119422 [insbesondere T4]).

Vorliegend ist weder die Frage, welchem Personenkreis das Tatopfer Sabrina R***** von der ersten Vergewaltigung im Februar 2010 erzählte, für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage

entscheidend, noch ist es deren Motiv für die Anzeigeerstattung gegen den Beschwerdeführer.

Indem die Rüge ‑ mit dem Ziel, die

Glaubwürdigkeit der genannten Zeugin zu erschüttern, die die Tatrichter mit ausführlicher Begründung, auch aufgrund des (durch Vorführung der Bild- und Tonaufnahmen ihrer kontradiktorischen Vernehmung [ON 30 S 26]) von ihr gewonnenen persönlichen Eindrucks bejahten (US 23 ff [US 25]) ‑ ausschließlich unterlassene Erörterung (Z 5 zweiter Fall) von (angeblichen) diesbezüglichen Widersprüchen in deren Aussagen kritisiert (und dazu eigene Beweiswertüberlegungen anstellt), verfehlt sie den oben dargestellten

Bezugspunkt.

Davon abgesehen hat sich das Erstgericht mit den von der Beschwerde hervorgehobenen Aussagedetails zu den Beweggründen für den Entschluss des Tatopfers, Anzeige gegen den Angeklagten zu erstatten, ohnehin auseinandergesetzt (US 31).

Mit dem Einwand, die dem angefochtenen Schuldspruch A/I zugrunde liegenden Feststellungen seien offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), weil sich die diesbezüglichen Erwägungen der Tatrichter darin erschöpfen würden, die Angaben des Tatopfers wiederzugeben und ‑ trotz (nicht näher bezeichneter) „kleinerer“ Widersprüche ‑ als uneingeschränkt glaubwürdig, die Verantwortung des Angeklagten demgegenüber als unglaubwürdige Schutzbehauptung zu beurteilen, unterlässt die Beschwerde die unter dem Aspekt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gebotene Gesamtbetrachtung der Entscheidungsgründe (RIS-Justiz RS0119370). Die ‑ ausführliche und äußerst detaillierte (US 17 bis 27, 30 bis 36) ‑ Beweiswürdigung des Erstgerichts entspricht sowohl den Gesetzen folgerichtigen Denkens als auch grundlegenden Erfahrungssätzen und ist solcherart aus dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116732 und RS0118317).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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