OGH 14Os46/17x

OGH14Os46/17x30.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Mai 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Dr. Mann in Gegenwart der Richterin Dr. Sadoghi als Schriftführerin in der Strafsache gegen Jose B***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 und 3 SMG, § 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 20 Hv 48/15g des Landesgerichts Linz, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten Jose B***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 29. März 2017, AZ 9 Bs 87/17h (ON 738), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0140OS00046.17X.0530.000

 

Spruch:

 

Jose B***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

Gründe:

Der Angeklagte Jose B***** war – soweit gegenständlich von Bedeutung – mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 28. April 2016, GZ 20 Hv 48/15g‑661, der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 und 3 SMG, § 12 dritter Fall und § 15 StGB (A./), der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 15 StGB, § 28 Abs 1 erster Fall, Abs 2 und 3 SMG (B./), des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 1 SMG (D./), der Aussetzung nach § 82 Abs 1 StGB (E./) und der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 und 2 StGB (F./) schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt worden. Diesen Schuldspruch und demgemäß (unter anderem) auch den Strafausspruch hat der Oberste Gerichtshof mit Erkenntnis vom 24. Jänner 2017, AZ 14 Os 78/16a, aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Linz der Beschwerde des Angeklagten gegen den über seinen Enthaftungsantrag ergangenen Beschluss des Landesgerichts Linz vom 3. März 2017 (ON 727), mit dem die (vom Landesgericht Korneuburg am 8. März 2015 verhängte [ON 170]) Untersuchungshaft fortgesetzt worden war, nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft wegen dringenden Verdachts eines vom Beschwerdegericht den zuvor genannten Verbrechen unterstellten Verhaltens aus den Haftgründen der Flucht‑ und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a und b StPO fort (ON 738).

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Grundrechtsbeschwerde, die eine Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit ausschließlich daraus ableitet, dass das Beschwerdegericht die Untersuchungshaft unter Missachtung der gesetzlich zulässigen Höchstdauer von zwei Jahren (§ 178 Abs 1 Z 2 letzter Fall StPO) fortgesetzt habe, kommt keine Berechtigung zu.

Nach ständiger Rechtsprechung gelten die Fristen des § 178 Abs 1 und 2 StPO nur bis zum erstmaligen Beginn der Hauptverhandlung und entfallen selbst dann endgültig, wenn das Rechtsmittelgericht ein ergangenes Urteil (zur Gänze oder teilweise) aufhebt und die Sache an das Gericht erster Instanz zurückverweist (RIS‑Justiz RS0098035; Kirchbacher/Rami, WK‑StPO § 178 Rz 7). Die Untersuchungshaft ist nach Beginn einer Hauptverhandlung daher nur mehr durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§§ 173 Abs 1, 177 Abs 2 StPO) begrenzt (RIS‑Justiz RS0125949).

Soweit die Beschwerde behauptet, das gegenständliche Strafverfahren sei durch die kassatorische Entscheidung des Obersten Gerichtshofs „in den Zustand des Ermittlungsverfahrens zurückgesetzt“ worden und es habe im Zeitpunkt des Enthaftungsantrags keine rechtskräftige Anklage bestanden, übersieht sie, dass auch bei Rückverweisung der Sache an das Erstgericht das Stadium des Ermittlungsverfahrens endgültig überschritten und die Rechtswirksamkeit der Anklageschrift unberührt bleibt (vgl §§ 210 Abs 2, 213 Abs 4, 285e, 288 Abs 2 Z 1 StPO; zur alten Rechtslage siehe auch RIS‑Justiz RS0098035 [T3]).

Die Beschwerde war daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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