Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ferdinand A***** der Verbrechen der vollendeten (1.) und versuchten (2.) Vergewaltigung nach §§ 201 Abs 2 und 15 StGB schuldig erkannt, weil er am 5. April 2002 in Leibnitz außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Cornelia R***** mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung, indem er sie
1. mit der Hand festhielt, zur Duldung des heftigen Einführens eines Fingers der rechten Hand in ihre Scheide genötigt, sowie
2. mit der rechten Hand am Haupthaar im Nackenbereich festhielt und ihren Kopf zu seinem aus dem Hosenschlitz erigierten Penis drückte, zur Vornahme eines Oralverkehrs zu nötigen versucht hatte.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 10 und 11 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Soweit sich die Verfahrensrüge (Z 4) gegen die Nichtzulassung von Fragen des Verteidigers an die Zeugen Erich B***** (S 261) und Wolfhard L***** (S 264, 266) wendet, fehlt es ihr an der erforderlichen Legitimation, weil über die Fragestellung nur von der Vorsitzenden allein (§ 249 Abs 2 StPO), nicht jedoch - mangels diesbezüglicher Antragstellung - vom Gerichtshof entschieden wurde (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 4 E 6).
Durch die Abweisung (S 274 iVm US 15 ff) des auf Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Angaben der Zeugin Cornelia R***** gerichteten Antrages auf Beischaffung einer Krankengeschichte sowie auf Vernehmung sie behandelnder Ärzte und Psychologen wurden Verteidigungsrechte nicht verletzt. Der Beweisantrag (S 273) liegt nämlich, wie im Urteil zutreffend ausgeführt wird, keine Gründe für die Annahme dar, die Genannte leide an einem ihre Aussageehrlichkeit beeinträchtigenden psychischen Defektzustand. Demnach zielte der Antrag bloß auf eine im Hauptverhandlungsstadium nicht gebotene Erkundungsbeweisführung (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 331). Dem Beschwerdevorbringen zuwider eignen sich ferner die Beweisanträge auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiete der Kriminaltechnik und der Kriminalbiologie sowie eines gerichtsmedizinischen Sachverständigen (S 274) nicht als Basis für die erfolgreiche Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4. Denn es fehlt ihnen die für die Prüfung durch das Schöffengericht erforderliche Darlegung, warum gerade im gegenständlichen Fall - jeweils entgegen der Lebenserfahrung - allen die unterbliebene Feststellung von Gewebsspuren des Angeklagten an den Kleidungsstücken des Opfers bzw die unterbliebene Feststellung sichtbarer (Verletzungs-)Spuren beim Opfer und beim Täter (aus Abwehrhandlungen des Opfers; vgl Kratzen mit den Fingernägeln nach Verstreichen einer rund dreizehnstündigen Zeitspanne: S 59, 67 iVm 81) das behauptete Ergebnis erwarten lassen und in Diskrepanz zu den im Urteil inkriminierten Tathandlungen stehen sollen (vgl Ratz aaO Rz 327, 330; Mayerhofer StPO4 § 281 Abs 1 Z 4 E 19).
Der in der Mängelrüge (Z 5) erhobene Einwand unzureichender Urteilsbegründung geht fehl. Das Erstgericht begründet die Feststellung, das Eindringen eines Fingers des Angeklagten in die Scheide der Cornelia R***** sei so heftig erfolgt, dass die Genannte Schmerzen erlitt (US 8), aktenkonform (S 163, 173) mit deren für uneingeschränkt glaubwürdig beurteilten Aussage (US 10). Die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite - ebenfalls auf den Angaben der Cornelia R***** (S 151 iVm S 73 bis 77, S 153 ff) basierend - sind mängelfrei aus dem objektiven Tathergang, der unter den gegebenen Umständen nur vorsätzlich bewirkt werden konnte, sowie aus der Äußerung des Angeklagten, "wenn ich schon nicht darf, dann machst du mit was, nimm ihn in den Mund hinein", abgeleitet (US 15). Der Einwand mangelhafter Begründung unter Hinweis einerseits auf die Aussage der Zeugin R***** (sie habe an der Hose des Angeklagten einen weißen Fleck bemerkt - S 167) und andererseits auf das gerichtsmedizinische Gutachten (ON 10), wonach an dieser Hose unter UV-Lichtbestrahlung keine - für das Vorliegen von Samenflüssigkeit charakteristischen - Fluoreszenzen auftraten (S 43), entfernt sich von der Aktenlage. Cornelia R***** erklärte nämlich nicht, der Fleck sei durch einen Samenerguss entstanden. Im Übrigen gab sie an, der Angeklagte habe sich bemüht, die Verunreinigung zu entfernen (S 151 iVm 77, S 167), was mit dem Befund der DNA-Expertin (S 43 oben: Im Bereich des Reißverschlusses der Hose lassen sich kleinste weißliche Antragungen erkennen) durchaus im Einklang steht. Somit besteht keine erörterungsbedürftige Diskrepanz zwischen der Zeugenaussage und dem Gutachten.
Das Vorbringen der Tatsachenrüge (Z 5a), der belastete Werdegang und die zerrütteten Lebensverhältnisse des "vermeintlichen Tatopfers", das Verlassen der eigenen Kinder und die Behandlung in der Sigmund Freud-Klinik wegen Essstörungen seien Indizien gegen die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Genannten; die - im Übrigen in der Folge widerrufene (ON 7) - Zustimmung zur Vornahme eines Mundhöhlenabstriches, die Unbescholtenheit sowie die geregelten familiären Verhältnisse hingegen Belege für die Richtigkeit der Verantwortung des Angeklagten, erschöpft sich im Vorwurf, das Erstgericht habe Beweisergebnisse verfehlt gewürdigt. Es ist daher nicht geeignet, die Nichtigkeitsbeschwerde zu tragen (vgl Mayrhofer aaO § 281 Z 5a E 4).
Die Einwände, die Aussagen des Erich B***** und der Silvia E***** über Telefonate mit der Zeugin R*****, jene des Siegfried R***** über deren angeblichen Mitteilungen betreffend sexuelle Übergriffe behandelnder Ärzte sowie die räumlichen Gegebenheiten am Tatort ließen Zweifel an der Richtigkeit der Aussage der Cornelia R***** entstehen, richten sich ebenso bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung unzulässig gegen die eingehende, formell fehlerfreie (§ 258 Abs 2 StPO) und zum gegenteiligen Ergebnis führende tatrichterliche Beweiswürdigung (US 11 f, 13, 14).
Gleiches gilt für die neuerlich nur auf die Erschütterung der Glaubwürdigkeit der Zeugin R***** zielenden, weitgehend hypothetischen Ausführungen zu behaupteten Kontakten der Genannten ins Prostituiertenmilieu und zu einer möglicherweise geplanten Erpressung des Angeklagten sowie für die weitwendigen Darlegungen zur Aussagenanalyse, ferner über das gemeinsame Betrachten pornografischer Darstellungen auf dem PC-Bildschirm sowie für die Tatsache, dass Cornelia R***** den Angeklagten nach den ersten sexuellen Übergriffen nicht sofort des Geschäftslokals verwiesen hatte.
Von der behaupteten Relativierung der Aussage zum Schuldspruch 2. kann nicht die Rede sein. Denn die Zeugin R***** hielt im Rahmen der richterlichen (kontradiktorischen) Vernehmung ihre Angaben vor der Gendarmerie (der Angeklagte habe sie verbal aufgefordert, seinen Penis in den Mund zu nehmen - S 77) ausdrücklich als der Wahrheit entsprechend aufrecht (S 151 f). Ergänzend hiezu gab sie an, sich heute (also am Tag der gerichtlichen Vernehmung) nicht mehr an den Wortlaut der Aufforderung erinnern zu können (S 165). Zusammenfassend gesagt, weckt das weitwendige Vorbringen der Tatsachenrüge somit keine erheblichen Bedenken gegen die entscheidenden Konstatierungen zum Schuldspruch 1. und 2.. Den Erwägungen zur Subsumtionsrüge (Z 10) ist voranzustellen, dass die digitale Penetration nach der Judikatur eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung iSd § 201 StGB (vgl EvBl 2001/152; Mayerhofer StGB5 § 201 E 17 a; 11 Os 101/99 uam.). Das Eindringen mit dem männlichem Glied in die Scheide einer Frau ist Beischlaf. Daraus ist zu folgern, dass der Gesetzgeber - wie sich aus der beispielhaften Anführung auch einer (anderen) vaginalen Penetration als eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung in den Gesetzesmaterialien (vgl JAB 927 BlgNR 17. GP 3) ergibt - andere Formen des Eindringens in die Scheide einer Frau als tatbestandsmäßig erfassen wollte (vgl EvBl 1995/153).
Nach gefestigter Judikatur ist für die Tatvollendung des § 201 Abs 1 und Abs 2 StGB der "Vollzug" des Beischlafs oder einer diesem gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung nicht Voraussetzung. Es genügt vielmehr, dass der Täter anfängt, die Handlung vorzunehmen, und das Tatopfer beginnt, diese zu erdulden (vgl EvBl 1991/13; JUS 2001, 25; Leukauf/Steininger StGB3 § 201 Rz 8; Fabrizy StGB MKK8 § 201 Rz 8 ). Das Delikt ist daher schon dann vollendet, wenn es zwar noch zu keinem Eindringen (hier: des Fingers) in die Vagina oder den After des Tatopfers, wohl aber mit darauf gerichtetem Vorsatz bereits tatsächlich zum Körperkontakt gekommen ist (vgl EvBl 2001/152). Das Erstgericht subsumierte folglich die Tathandlung zu Punkt 1. des Urteilsspruchs - der Beschwerdemeinung zuwider - zutreffend unabhängig von der Dauer des Eingriffs und der Tiefe des Eindringens unter den Tatbestand des § 201 Abs 2 StGB.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass - ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 7) - der Angeklagte bei (hypothetischer) Außerachtlassung von Ausführungshandlungen ab dem Setzen ausführungsnaher Verhaltensweisen nicht - wie von der Beschwerde angestrebt - das Vergehen der geschlechtlichen Nötigung (S 202 Abs 1 StGB), sondern das Verbrechen der versuchten Vergewaltigung (§§ 15, 201 Abs 2 StGB) zu verantworten hätte.
Das Vorbringen zur Sanktionsrüge (Z 11), es liege ein von einem einheitlichen Tatwillen umfasstes Geschehen vor, übergeht die erstgerichtliche Feststellung, wonach der Angeklagte nach Verhinderung weiterer Vaginalpenetrtaion durch Cornelia R***** von seinem ursprünglichen Tatvorhaben abließ und hierauf den - Realkonkurrenz auslösenden (vgl JUS 2001, 3) - gesonderten Willensentschluss fasste, die Genannte zur Vornahme eines Oralverkehrs zu nötigen (US 8 und 18). Solcherart bringt der Beschwerdeführer den Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 201 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 28 und des § 43a Abs 2 iVm § 43 Abs 1 StGB eine Geldstrafe von 240 Tagessätzen (für den Uneinbringlichkeitsfall 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe), wobei es den einzelnen Tagessatz mit 22 EUR festsetzte, und eine unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von acht Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die "zweifachen Angriffe"; als mildernd berücksichtigte es den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten und den Umstand, dass es in einem Fall beim Versuch geblieben ist.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes und des einzelnen Tagessatzes an.
Demzuwider hat das Schöffengericht die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen richtig herangezogen und die Höhe der Geld- und Freiheitsstrafe in Relation zur Tat- und Persönlichkeitsschuld nicht überhöht ausgemessen. Unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen des angeklagten (Sorgepflicht für drei Kinder, Ehegattin verfügt über ein eigenes Einkommen - US 3) erweist sich auch der einzelne Tagessatz als nicht zu hoch bemessen. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher insgesamt zu keiner Änderung der Sanktion bestimmt.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
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