OGH 14Os33/22t

OGH14Os33/22t31.5.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Fleischhacker in der Strafsache gegen A* R* wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom 17. Jänner 2022, GZ 90 Hv 28/21s‑119, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00033.22T.0531.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde A* R* des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er am 7. April 2021 in G* seine Ehefrau N* R* vorsätzlich getötet, indem er ihr zunächst mit einem runden, 1,3 kg schweren metallenen Türstopper zumindest einen wuchtigen Schlag auf den Kopf und dann mit einem Küchenmesser (Klingenlänge 18 cm) insgesamt 15, vorwiegend wuchtige Stiche und Schnitte insbesondere im Bereich des Brustkorbs versetzte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen aus § 345 Abs 1 Z 6 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

[4] Die Rüge moniert das Unterbleiben der – in der Hauptverhandlung beantragten (ON 118 S 33 f) – Stellung einer Eventualfrage nach dem Verbrechen des Totschlags (§ 76 StGB). Indizien für eine allgemeine Begreiflichkeit der heftigen Gemütsbewegung, in welcher der Beschwerdeführer seine Frau getötet habe, ergäben sich nach dem Beschwerdevorbringen aus (wörtlich zitierten) Passagen seiner Verantwortung und der Aussage des Sachverständigen Dr. * E*, weil das Opfer (zusammengefasst) eine (intime) Beziehung zu einem anderen Mann gehabt habe und von diesem schwanger gewesen sei, wobei die beim Beschwerdeführer diagnostizierte (die Impulskontrolle erschwerende) Persönlichkeitsstörung im Rahmen eines individualisierten objektiven Maßstabs (vgl RIS‑Justiz RS0092360) zu berücksichtigen sei.

[5] Indem der Beschwerdeführer seine Forderung ausschließlich auf isoliert herausgegriffene Passagen der genannten Verfahrensergebnisse stützt, vernachlässigt er das Gebot, diese in ihrem inneren Sinnzusammenhang zu betrachten (RIS‑Justiz RS0120766 insbesondere T6). Berücksichtigt man diesen, scheiden nämlich sowohl die Verantwortung des Beschwerdeführers als auch die Ausführungen des genannten Sachverständigen nach gesicherter allgemeiner Lebenserfahrung als ernst zu nehmendes Indiz (vgl RIS-Justiz RS0100860 T1) für das Vorliegen einer – durch die ehewidrige Beziehung des Opfers hervorgerufenen – heftigen Gemütsbewegung aus (vgl ON 118 S 7, 10, 11), weshalb sich die Frage nach deren allgemeiner Begreiflichkeit gar nicht stellt. Davon abgesehen betonte der Beschwerdeführer, er habe das Opfer nicht töten wollen (ON 118 S 7, 13, 15 und 35; vgl RIS-Justiz RS0120766 T5). Im Übrigen wird nicht erklärt, weshalb ein – beim Beschwerdeführer nach der (in der Rüge zitierten) Einschätzung des genannten Sachverständigen – besonders ausgeprägter Hang zur Eifersucht bei Beurteilung der allgemeinen Begreiflichkeit der Gemütsbewegung zu Gunsten des Täters berücksichtigt werden müsse (vgl Birklbauer in WK2 StGB § 76 Rz 65 und 92 f).

[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO).

[7] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§§ 285i, 344 StPO).

[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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