OGH 14Os32/18i

OGH14Os32/18i10.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. April 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Gschiel, LL.M., als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sara W***** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 24 Hv 78/17k des Landesgerichts Innsbruck, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom 28. Juli 2017 (ON 32), ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Jenichl und der Verteidigerin Mag. Huemer‑Stolzenburg zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00032.18I.0410.000

 

Spruch:

 

Das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 28. Juli 2017, GZ 24 Hv 78/17k‑32, verletzt im Punkt A/II/1/ des Schuldspruchs § 4 Abs 3 erster Satz sowie § 267 in Verbindung mit § 488 Abs 1 StPO.

Es werden dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Punkt A/II/1/ des Schuldspruchs und in der zu A/II/ gebildeten Subsumtionseinheit, sowie der Marco H***** betreffende Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben.

Marco H***** wird (unter Neubildung der Subsumtionseinheit nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB) unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 130 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von

17 Monaten

verurteilt.

Die Vorhaftanrechnung wird dem Erstgericht überlassen.

 

Gründe:

Marco H***** wurde – soweit hier von Bedeutung – mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 28. Juli 2017, GZ 24 Hv 78/17k‑32, (rechtskräftig mit Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. Oktober 2017, AZ 11 Bs 264/17m [ON 46]) der Vergehen des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 Abs 1 erster Fall, 15 StGB (A/II/), der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 1 StGB (B/II/) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (C/II/) schuldig erkannt.

Danach hat er

A/II/ folgenden Personen fremde bewegliche Sachen gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar

1/ am 12. Dezember 2016 Alena D***** Damenstiefeletten im Wert von 130 Euro;

2/ am 21. März 2017 in T***** Samuel P***** „allfällig vorzufindende Wertgegenstände“, wobei die Tat beim Versuch blieb;

3/ am 12. April 2017 in T***** Heidemarie Wi***** „allfällig vorzufindende Wertgegenstände“, wobei die Tat beim Versuch blieb;

4/ Ende März/Anfang April 2017 in T***** einer unbekannten Person ein Mountainbike im Wert von etwa 500 Euro;

5/ vor dem 29. April 2017 in T***** einer unbekannten Person 15 Euro Bargeld und zehn Gutscheine für einen Frühstückskaffee im Wert von insgesamt etwa 80 Euro;

6/ am 24. Jänner 2017 in T***** Marco N***** eine Geldbörse samt ca 350 Euro Bargeld, ein Mobiltelefon im Wert von ca 600 Euro und eine Packung Zigaretten im Wert von etwa 5 Euro;

7/ vor dem 29. April 2017 in I***** einer unbekannten Person eine Jacke;

8/ von 16. bis 17. Jänner 2017 in T***** dem Julian T***** einen Aschenbecher im Wert von etwa 150 Euro, 60 Euro Bargeld, zwei Parfümflaschen im Wert von ca 200 Euro und einen Tankgutschein im Wert von 100 Euro;

9/ am 29. April 2017 Sercan A***** eine Packung Zigaretten im Wert von 5,20 Euro und eine Parfümflasche im Wert von etwa 20 Euro, wobei die Tat beim Versuch blieb;

10/ am 27. Jänner 2017 Veronika M***** eine Geldbörse samt 20 Euro Bargeld;

B/II/ in T***** unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, sich mit dem Vorsatz verschafft, sich durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1/ am 24. Jänner 2017 eine Bankomatkarte des Marco N*****;

2/ am 27. Jänner 2017 eine Bankomatkarte der Veronika M*****;

C/II/ in T***** Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar

1/ von 16. bis 17. Jänner 2017 eine Tankkarte der O***** und eine abgelaufene Kreditkarte des Julian T*****;

2/ am 27. Jänner 2017 einen Führerschein, eine Sozialversicherungskarte, einen Ö*****-Ausweis, einen Studentenausweis, ein Semesterticket und verschiedene Kundenkarten der Veronika M*****.

Rechtliche Beurteilung

Punkt A/II/1/ des Schuldspruchs verletzt – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt – § 4 Abs 3 erster Satz sowie § 267 in Verbindung mit § 488 Abs 1 StPO, weil die davon erfasste Tat von der Anklage nicht Marco H***** (sondern ausschließlich Sara W*****) zur Last gelegt wurde (vgl ON 23 sowie ON 31 S 3 und 18).

Da eine Marco H***** benachteiligende Wirkung dieses Fehlers nicht auszuschließen war, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, die Feststellung der Gesetzesverletzung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

Bei der erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof erschwerend die (nicht bereits durch § 70 Abs 1 Z 3 erster Fall StGB erfasste) Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) und die zahlreichen Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB), welchem Umstand durch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 Abs 1 StGB und durch den raschen Rückfall nach dem letzten Strafvollzug (am 13. Juli 2016 [vgl ON 27 S 3]) besonderes Gewicht verliehen wird (RIS-Justiz RS0108868 [insbesondere T2 und T3]), mildernd hingegen den teilweisen Versuch (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) und die großteils reumütig geständige Verantwortung (§ 34 Abs 1 Z 17 StGB). Im Rahmen allgemeiner Strafbemessungserwägungen (§ 32 Abs 3 StGB) war die (teilweise) Sicherstellung der Beute und deren Ausfolgung an die Opfer (ON 32 S 13) zum Vorteil zu berücksichtigen ( Ebner in WK 2 StGB § 34 Rz 33).

Davon ausgehend erschien mit Blick auf den Wegfall eines Punktes des Schuldspruchs eine geringfügige Reduktion der verhängten Freiheitsstrafe (von 18 Monaten) schuldangemessen. Eine (auch nur teilweise) bedingte Strafnachsicht kam insbesondere aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht.

Die Anrechnung der Vorhaft war dem Erstgericht zu überlassen (§ 400 StPO; Lässig , WK-StPO § 400 Rz 3).

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