Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens über sein Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.November 1943 geborene Bauingenieur Dipl.Ing. Michael P*** des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt als Bestimmungstäter nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 17.Oktober 1988 in Drasenhofen mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem Recht auf gesetzmäßige Bemessung und Einhebung von Eingangsabgaben zu schädigen, den Vorstand des Zollamtes Drasenhofen Peter W***-L*** dazu bestimmt, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu mißbrauchen, indem er bei der Einfuhr eines PKW der Marke Tatra 57, Baujahr 1931, aus der CSR dem abgesondert verfolgten Franz F*** eine inhaltlich unrichtige Rechnung der (Prager) Verkäuferfirma, in welcher als Kaufpreis 1.150 DM aufschien, obwohl dieser tatsächlich
7.500 DM betragen hat, zur Weitergabe an Peter W***-L*** übergab, welcher die ihm sodann von Franz F*** vereinbarungsgemäß zur Verzollung vorgelegte inhaltlich unrichtige Rechnung der Bemessung der Eingangsabgaben in voller Kenntnis der unrichtigen Preisangabe zugrunde legte, wodurch dem Fiskus ein Schaden von 31.540 S erwuchs.
Von der weiteren Anklage (vgl S 83), durch die oben bezeichnete Tathandlung Peter W***-L*** dazu bestimmt zu haben, unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangsabgaben (strafbestimmender Wertbetrag 30.940 S) zu bewirken, und hiedurch das Finanzvergehen der Hinterziehung von Eingangsabgaben als Bestimmungstäter nach §§ 11 zweiter Fall, 35 Abs. 2 FinStrG begangen zu haben, wurde der Angeklagte gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Der Schuldspruch wird vom Angeklagten, der Freispruch von der Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft, die von beiden Beschwerdeführern auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO, vom Angeklagten (nominell) auch noch auf den Nichtigkeitsgrund nach Z 5 der genannten Gesetzesstelle gestützt wird. Beiden Beschwerden kommt keine Berechtigung zu.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:
Der Beschwerdeführer rügt der Sache nach das Fehlen hinreichend deutlicher Feststellungen zur subjektiven Tatseite; den bezüglichen Urteilsannahmen ließen sich (insbesondere) keine Hinweise auf ein wissentliches Handeln bezüglich eines Mißbrauchs amtlicher Befugnisse durch Peter W***-L*** entnehmen.
Der solcherart (allein) behauptete Feststellungsmangel (Z 9 lit a) liegt indes nicht vor. Denn in den Gründen des angefochtenen Urteils wurde über die Feststellung vorsätzlichen Handelns hinaus eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß der Angeklagte im Wissen (§ 5 Abs. 3 StGB) um einen Befugnismißbrauch des - (auch insoweit) bereits rechtskräftig abgeurteilten - Peter W***-L*** tätig wurde. Der Angeklagte hatte zwar zunächst keine Detailkenntnisse über die geplante Abwicklung der zwischen Peter W***-L*** und einigen anderen Mitgliedern der "Österreichischen Gesellschaft für das historische Kraftfahrwesen" vereinbarten "günstigen" Einfuhr von Oldtimern aus der CSR (vgl S 88, 89). Nach der vom Schöffengericht (gemäß § 258 Abs. 2 StPO) gewonnenen Überzeugung wußte jedoch der Angeklagte spätestens bei seinem Aufenthalt im ÖAMTC-Stützpunkt unmittelbar nach dem Grenzübertritt und damit noch vor der Stellung (§ 48 Abs. 2 ZollG) des von ihm erworbenen Oldtimers beim Grenzzollamt Drasenhofen, daß er nicht über die Originalrechnung mit dem tatsächlich entrichteten Kaufpreis von 10.500 DM, aufgrund dessen 36.000 S an Eingangsabgaben zu entrichten gewesen wären, sondern über eine Rechnung lautend auf einen Kaufpreis von nur
1.150 DM verfüge und daß die Zollabwicklung aufgrund dieser zum Zweck der Verschleierung des wahren Wertes des importierten Gutes ausgestellten, inhaltlich unrichtigen Rechnung erfolgen werde, wobei ihm auch klar war, daß W***-L*** keine ordnungsgemäße Verzollung vornehmen werde (vgl S 90, 91). Daraus ergibt sich, daß der Angeklagte nicht nur in seinen Vorsatz aufgenommen hat, daß die Eingangsabgaben auf Grund der vorgelegten Zollbemessungsgrundlagen niedriger festgesetzt würden, als dies bei Zugrundelegung des tatsächlichen Zollwertes der Fall gewesen wäre, und der Fiskus solcherart geschädigt werde, sondern daß er sich auch dessen gewiß war, daß Peter W***-L*** als der zur Vornahme der Verzollung befugte Träger der daraus resultierenden besonderen Pflichtenstellung bei diesem Hoheitsakt vorsätzlich gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstoßen werde. Sowohl das Vorliegen der vom Gesetz auch für den extranen Beteiligten eines Sonderdelikts erforderlichen speziellen Vorsatzform der Wissentlichkeit in der Person des Angeklagten, als auch dessen Wissen um den (zumindest bedingt) vorsätzlichen Mißbrauch des in Beamteneigenschaft an der Tat mitwirkenden Hoheitsträgers wurde damit auf der Basis der getroffenen Tatsachenfeststellungen rechtlich zutreffend bejaht (vgl 15 Os 34/89; EvBl 1987/37, 1988/104; JBl 1988/33 ua). Es versagt aber auch der Beschwerdeeinwand, Bestimmungstäterschaft komme nicht in Betracht, weil Peter W***-L*** zu der vom Angeklagten gewünschten Handlungsweise grundsätzlich bereit gewesen und dessen Tatentschluß daher durch den Angeklagten nicht geweckt worden sei. Denn die bloße "grundsätzliche" Bereitschaft eines Täters, eine individuell noch nicht bestimmte Straftat vorzunehmen, schließt nicht aus, daß die Einwirkung eines anderen den Anstoß dazu geben und sohin dafür ursächlich sein kann, daß dieser die tatbildmäßige Handlung setzt (Leukauf-Steininger Komm2 § 12 RN 21). Sofern man aber die erstgerichtlichen Feststellungen so verstehen will, daß Peter W***-L*** schon im Hinblick auf die unmittelbar vorangegangene gemeinsame Besichtigung des vom Angeklagten erworbenen Oldtimers und der hiebei getroffenen Absprachen (vgl S 89) zur konkreten Tat entschlossen war, verantwortet der Angeklagte diesfalls Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB), weil er durch die Vorlage einer inhaltlich unrichtigen Rechnung als Zollbemessungsgrundlage die tatplangemäße Deliktsbegehung erst ermöglicht und auf diese Weise jedenfalls einen kausalen Beitrag zur Tatausführung geleistet hat. Ob er aber den Tatbestand des Mißbrauchs der Amtsgewalt als Bestimmungstäter oder als Beitragstäter verwirklicht hat, ist angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der im § 12 StGB angeführten Beteiligungsformen ohne Belang (SSt 53/54; Leukauf-Steininger aaO RN 4).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Das Erstgericht hat die gerichtliche Zuständigkeit für das dem Angeklagten angelastete Finanzvergehen mit der Begründung verneint, daß der strafbestimmende Wertbetrag unterhalb der (nach § 53 Abs. 2 lit a FinStrG) maßgeblichen Wertgrenze von 500.000 S liege und § 53 Abs. 4 FinStrG nicht zur Anwendung kommen könne, weil der gewerbsmäßig handelnde Täter W***-L*** mangels einer ihn treffenden abgabenrechtlichen Wahrheitspflicht nicht als Haupttäter des Finanzvergehens anzusehen sei.
Demgegenüber hält die Anklagebehörde die gerichtliche Zuständigkeit zur Durchführung des Strafverfahrens gegen den Angeklagten (wegen des bezeichneten Finanzvergehens) für gegeben, weil dieser an der Hinterziehung von Eingangsabgaben durch Peter W***-L***, der wegen des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Hinterziehung von Eingangsabgaben bei Vorliegen erschwerender Umstände nach §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit a und 13 FinStrG (als unmittelbarer Täter) verurteilt wurde, beteiligt gewesen sei. Diese (Gerichts-)Zuständigkeit sei auch durch die getrennte Führung und den getrennten Abschluß der Finanzstrafverfahren nicht verloren gegangen.
Der Argumentation der Staatsanwaltschaft kann nicht beigetreten werden: Wie sich schon aus der Unterscheidung zwischen dem "Täter" und den "anderen" vorsätzlich an der Tat Beteiligten, aber auch zufolge historisch-teleologischer Interpretation (vgl die vor Inkrafttreten der FinStrG-Novelle 1985 geltende Fassung des § 53 Abs. 4 FinStrG; siehe EBRV zu dieser Novelle, 668 BlgNR 16.GP, 14) ergibt, tritt die gerichtliche Zuständigkeit für Beteiligte im Sinne der zweiten und dritten Täterschaftsform des § 11 FinStrG nur dann ein, wenn das Verhalten des unmittelbaren Täters (erste Täterschaftsform) gerichtlich strafbar ist. Die Verfolgung des Bestimmungs- oder Beitragstäters durch das Gericht bewirkt hingegen nicht (mehr) die Gerichtszuständigkeit für das Verfahren gegen den unmittelbaren Täter oder weitere vorsätzlich Beteiligte (14 Os 120/89; Harbich, FinStrG MTA3, Anm 4 a zu § 53; siehe auch Erl 3 d zu § 53 FinStrG in Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch). Entscheidend ist mithin die Frage, welchem der an dem vorliegenden Finanzdelikt Beteiligten die Stellung eines unmittelbaren Täters zukam. Entgegen der Meinung der Anklagebehörde trifft diese Voraussetzung ausschließlicih auf den Angeklagten selbst zu. Denn unmittelbarer Täter des Finanzvergehens nach § 35 Abs. 2 FinStrG kann nur sein, wer zur Stellung einer Ware verpflichtet ist. Gemäß § 48 Abs. 1 ZollG ist dies jeder, der die Ware im Gewahrsam hat, dh über sie gemäß § 51 Abs. 1 ZollG verfügungsberechtigt ist. Ein Zollbeamter kann daher den Tatbestand des Schmuggels oder der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben nur verwirklichen, wenn er eine Ware, über die er persönlich verfügungsberechtigt ist, unter Verletzung der ihn selbst treffenden abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht in das Zollinland verbringt und hiedurch eine Verkürzung von Eingangsabgaben bewirkt, nicht aber wenn er - wie hier - in seiner Eigenschaft als Zollorgan unter Mißbrauch der ihm obliegenden Amtspflichten es einem anderen ermöglicht, Waren, über die dieser Dritte verfügungsberechtigt ist, ohne Entrichtung der (dem tatsächlichen Zollwert entsprechenden) Eingangsabgaben in das Zollinland zu verbringen. In diesem letzteren Fall verantwortet (der Zollamtsvorstand) Peter W***-L*** neben dem von ihm außerdem verwirklichten Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt das Finanzvergehen nach § 35 Abs. 2 FinStrG als Beitragstäter nach § 11 dritter Fall FinStrG
(vgl Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, aaO § 35 ENr 36 bis 38). Demgemäß konnte die Verfolgung des Beitragstäters Peter W***-L*** durch das Gericht nicht auch dessen Zuständigkeit für das Verfahren gegen den Angeklagten als unmittelbaren Täter (wegen des in Rede stehenden Finanzvergehens) bewirken.
Daran kann auch nichts ändern, daß im Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 10.Juli 1989, GZ 11 e Vr 765/88-98, das Tatverhalten des Peter W***-L*** in Ansehung der vom Angeklagten hinterzogenen Eingangsabgaben - ebenso wie in jenen (weiteren) Fällen, in denen W***-L*** selbst als Verfügungsberechtigter auftrat - rechtsirrig als unmittelbare Täterschaft gewertet wurde. Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 41, 302 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, die gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurde.
Bei der Strafbemessung wertete es keinen Umstand als erschwerend, hingegen das Geständnis vor der Gendarmerie, den bisher ordentlichen Lebenswandel und die Schadensgutmachung als mildernd. Mit ihrer Berufung strebt die Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf das zu geringe Strafausmaß von "zwei" Monaten die Verhängung einer allen Strafzwecken gerecht werdenden unbedingten Geldstrafe an. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Geständnis im Vorverfahren wurde zu Recht als Milderungsgrund berücksichtigt (vgl Leukauf-Steininger aaO § 34 RN 26); hinzu kommt, daß der Angeklagte auch in der Hauptverhandlung hinsichtlich der ihm zur Last liegenden Straftat im wesentlichen geständig war. Dem Umstand aber, daß er der Anstifter des von W***-L*** begangenen Verbrechens (des Mißbrauchs der Amtsgewalt) war, kommt im Hinblick darauf, daß dem Angeklagten bekannt war, daß der Genannte als Zollamtsvorstand bereits seit längerer Zeit und in zahlreichen Fällen amtsmißbräuchlich falsche Einfuhrabgabenbemessungen vornahm, kein besonderes Gewicht zu. In zusammenfassender Würdigung der vorliegenden Strafzumessungsgründe ist der Staatsanwaltschaft einzuräumen, daß der Unrechtsgehalt der dem Angeklagten zur Last liegenden Straftat sicherlich nicht als besonders gering zu veranschlagen ist. Nichtsdestoweniger ist aber vorliegend die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB im Hinblick auf das bisher tadelfreie Vorleben des nunmehr 46jährigen Angeklagten, die im Ergebnis doch gezeigte Schuldeinsicht und die geleistete Schadensgutmachung im Zusammenhalt mit der nicht in Frage stehenden günstigen Verhaltensprognose jedenfalls gerechtfertigt. Hinsichtlich der von der Anklagebehörde angestrebten Verhängung einer Geldstrafe gelangte der Oberste Gerichtshof jedoch zur Ansicht, daß in Fällen wie diesen generalpräventive Erwägungen eine Sanktion in Gestalt einer Freiheitsstrafe erfordern, um dem Ziel der Sauberkeit der staatlichen Verwaltung zum Durchbruch zu verhelfen. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
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