European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0140OS00197.9300000.0412.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsan- waltschaft wird teilweise Folge gegeben und es wird das angefochtene Urteil, das im Freispruch des Angeklagten Albert L* vom Vorwurf des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB durch Zueignung von 8.546,50 S aus einem Wertzeichenvorschuß (Anklagepunkt I/7) unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und in der Sache selbst erkannt:
Albert L* und Heinz T* sind schuldig, sie haben in der Zeit vom 11. Dezember 1992 bis 12. Feber 1993 in Bergheim, und zwar:
1. Albert L* als am Paketschalter des Postamtes * B* bei Salzburg tätiger Vertragsbediensteter der Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, die Republik Österreich sowie Absender und Empfänger von Postsendungen an ihren Vermögensrechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er in mehreren Angriffen von ihm vereinnahmte Aufgabegebühren für EMS‑Sendungen, für Massensendungen und für Paketsendungen, Abgabegebühren für Paketsendungen, Nachnahmebeträge, Eingangsabgaben (Zoll), und im voraus entrichtete Postgebühren ("Kundenguthaben") in der Höhe von insgesamt 146.857,58 S sich zueignete und die entsprechenden Verrechnungsbelege unterdrückte;
2. Heinz T* durch die an Albert L* gerichtete wiederholte Aufforderung, Geld aus der Kassa des Paketschalters zu nehmen, diesen zur Ausführung strafbarer Handlungen bestimmt, und zwar:
a) zu dem zu Punkt I/1 beschriebenen Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und
b) zum Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB des insoweit wegen tätiger Reue straflosen Albert L*, der sich ein Gut, das ihm anvertraut worden ist, nämlich einen Betrag von 8.546,50 S aus einem
Wertzeichenvorschuß, mit dem Vorsatz zueignete,
sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.
Es haben hiedurch begangen:
Albert L* zu I/1 das Verbrechen des Mißbrauchs der
Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB,
Heinz T* zu I/2/a das Verbrechen des Mißbrauchs
der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall,
302 Abs 1 StGB und
zu I/2/b das Vergehen der Veruntreuung nach
§§ 12 zweiter Fall, 133 Abs 1 StGB
und es werden hiefür wie folgt bestraft:
Albert L* nach § 302 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von
10 (zehn) Monaten,
Heinz Trinker nach §§ 28 Abs 1, 302 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von
15 (fünfzehn) Monaten.
Beiden Angeklagten wird die Strafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von je 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.
II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verworfen.
III. Die Angeklagten haben die Kosten des Strafverfahrens erster und zweiter Instanz zu ersetzen.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 9. August 1973 geborene Albert L* und der am 21. September 1969 geborene Heinz T* von der wider sie wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 bzw § 12 zweiter Fall StGB erhobenen Anklage, sie haben in der Zeit vom 11. Dezember 1992 bis 12. Feber 1993 in Bergheim, und zwar
I. Albert L* als Vertragsbediensteter am Paketschalter des Postamtes B*, also als Beamter, mit dem Vorsatz, den Staat in seinem Recht auf bestimmungsgemäße Postbeförderung bzw den Absender in seinem Recht auf unverzügliche Abführung eingehobener Nachnahmebeträge, Aufgabegebühren und Eingangsabgaben zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, indem er (die unter Punkt I/1 bis 9 der Anklageschrift aufgelisteten) Aufgabegebühren für EMS-Sendungen, Aufgabegebühren für Massensendungen, Aufgabegebühren für Pakete, Abgabegebühren für Pakete, Nachnahmebeträge, Eingangsabgaben und Kundenguthaben im Gesamtbetrag von 155.404,08 S für eigene Zwecke verwendete;
II. Heinz T* den Albert L* durch die Aufforderung, die von ihm geforderten Geldbeträge der Kassa des Paketschalters zu entnehmen, dazu bestimmt, die unter Punkt I geschilderte Tat zu begehen,
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft in Ansehung des Angeklagten Albert L* mit Ausnahme des Freispruches von Punkt I/7 der Anklage (Zueignung von 8.546,50 S aus einem Wertzeichenvorschuß), in Ansehung des Angeklagten Heinz T* zur Gänze mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO.
Die Staatsanwaltschaft ist mit ihren materiellrechtlichen Einwänden gegen die vom Erstgericht zur objektiven Tatseite des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt und zu den Voraussetzungen tätiger Reue vertretenen Rechtsauffassung, nicht aber mit ihren ersichtlich nur zur Vorsicht und zur Wahrung des Anfechtungsinteresses des hiezu nicht legitimierten Freigesprochenen Heinz T* zu dessen Gunsten erhobenen formellen Einwänden und der daraus abgeleiteten Behauptung von Feststellungsmängeln zur subjektiven Tatseite, im Recht:
Nach den wesentlichen Urteilsannahmen war der Angeklagte Albert L* beim Postamt * B* bei Salzburg als Postbediensteter am Paketschalter eingesetzt. Seine Tätigkeit bestand in der Annahme von Sendungen im Express‑Mail‑Service (EMS), von Massensendungen und von Paketen zum Versand, in der Abgabe von Paketen an Empfänger und dem Inkasso aller darauf entfallenden Aufgabe- und Abgabegebühren, Nachnahmen und allfälligen zollrechtlichen Eingangsabgaben. Diese Gelder hatte der Angeklagte L* vorerst in einem Tresor zu verwahren und am folgenden Morgen mit den dazugehörigen Belegen an die Amtskassa zur weiteren Veranlassung abzuführen (US 4). Auf Drängen des Mitangeklagten Heinz T*, der wußte, daß L* am Paketschalter tätig war (US 5), entnahm der Angeklagte L* in der Zeit vom 11. Dezember 1992 bis 12. Feber 1993 zunächst aus dem sogenannten Wertzeichenvorschuß einen Barbetrag von ca 10.000 bis 12.000 S (US 7; nach der unbestrittenen Aktenlage allerdings nur 8.546,50 S: siehe S 11), in der Folge aus dem "in seiner beruflichen Tätigkeit vereinnahmten Geld" sukzessive insgesamt weitere 146.857,58 S und übergab sie T*, der von der Herkunft des Geldes Kenntnis hatte und dem auch die Schädigung der Post oder deren Kunden bewußt war, zum (teils gemeinsamen) privaten Verbrauch (US 6, 7). Zur Verschleierung seiner Malversationen verwahrte der Angeklagte L* die die entnommenen Geldbeträge ausweisenden Belege in seinem Kasten und verschwieg die Beträge in seiner täglichen Abrechnung (US 7).
Nach Aufdeckung der Malversationen infolge der Urgenz einer Paketnachnahme durch einen Absender machte der Vater des um Schadensgutmachung ernstlich bemühten (US 15) Angeklagten L* für seinen Sohn, noch bevor die Behörde von dessen Verschulden erfahren hatte, am 16. Feber 1993 den gesamten Schaden gut (US 9).
Diesen Sachverhalt beurteilte der Schöffensenat rechtlich insgesamt als Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 2 erster Fall StGB, dessen Strafbarkeit aber infolge tätiger Reue (§ 167 Abs 1 und Abs 4 StGB) auch in Ansehung des - um Schadensgutmachung nicht bemühten (US 15) - Mitangeklagten T* aufgehoben sei, weil dieser erst am 27. April 1993, sohin zwei Monate nach der Schadensgutmachung durch L*, mit dem Vorwurf, an der Straftat des Angeklagten L* als Anstifter beteiligt gewesen zu sein, konfrontiert wurde (US 9, 15) und er solcherart "überhaupt keine Chance" hatte, sich um eine Schadensgutmachung ernstlich zu bemühen (US 16). Eine anklagekonforme Verurteilung beider Angeklagten wegen Verbreches des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB lehnte das Erstgericht mit der Begründung ab, daß sich das Verhalten des Angeklagten L*, der die inkassierten Geldbeträge bloß zu verwahren und an die Amtskassa abzuführen gehabt hätte, nicht einmal phasenweise als Ausübung einer damit mißbrauchten Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften darstelle, sodaß dieser Tatbestand schon objektiv nicht erfüllt sei (US 12, 13).
Zutreffend weist demgegenüber die Staatsanwaltschaft in ihrem Rechtsmittel darauf hin, daß diese Argumentation des Erstgerichtes nur für die Entnahme von 8.546,50 S aus der dem Angeklagten L* anvertrauten Wertzeichenvorschußkassa gilt (so auch die vom Erstgericht zitierte Entscheidung EvBl 1979/162), und ließ demgemäß den Freispruch dieses Angeklagten von Punkt I/7 des Anklagevorwurfes unbekämpft. Denn der schlichte Griff eines Beamten in eine ihm anvertraute Kassa stellt in der Tat noch kein Organhandeln dar (EvBl 1987/153 = JBl 1987, 735), sondern begründet nur das gemäß § 313 StGB beschwerte Vergehen nach § 133 Abs 1 StGB, dessen Strafbarkeit in Ansehung des Angeklagten L* infolge tätiger Reue (§ 167 Abs 1 und Abs 4 StGB) aufgehoben ist.
Rechtsirrig reduziert allerdings der Schöffensenat das festgestellte sonstige Verhalten des Angeklagten L* gleichfalls auf eine Geldentnahme schlechthin und läßt unberücksichtigt, daß der Angeklagte für die Abwicklung der Paketbeförderung einschließlich des damit zusammenhängenden Geldverkehrs der Post verantwortlich war, und die von ihm in dieser Eigenschaft vorgenommenen Tätigkeiten, nämlich die Annahme von Sendungen im Express‑Mail‑Service (EMS), von Massensendungen und Paketen zur Beförderung sowie die Abgabe von Paketen an Empfänger einschließlich der damit verbundenen Gebühreneinhebung, die Einziehung von Geldbeträgen durch Nachnahme und das Inkasso allfälliger Eingangsabgaben (US 4), Amtsgeschäfte darstellen, weil diese Verrichtungen zur unmittelbaren Erfüllung der Vollziehungsaufgaben der Post dienen, also zum eigentlichen Gegenstand des Amtsbetriebes gehören und für die Erreichung der postspezifischen Vollziehungsziele relevant sind (SSt 49/32 = EvBl 1978/136 verst. Senat). Damit ist aber auch klargestellt, daß die dem Angeklagten obliegende Tätigkeit durch die Vereinnahmung der in Rede stehenden jeweiligen Barbeträge und deren Verwahrung im Nachttresor nicht abgeschlossen war, sondern sich vielmehr auch auf die Weiterleitung des vereinnahmten Geldes und der dazugehörigen Belege an die Amtskassa des Postamtes zur weiteren Veranlassung erstreckte, um solcherart die Vereinnahmung inkassierter Postgebühren durch den Rechtsträger, aber auch Nachforschungen nach aufgegebenen und behobenen Sendungen und die ordnungsgemäße postalische Weiterleitung der eingezogenen Nachnahmebeträge und Eingangsabgaben an die jeweils Berechtigten (vgl SSt 54/33, 14 Os 159/93) durch den an der Hauptkassa tätigen Beamten zu ermöglichen bzw die Verrechnung der gemäß §§ 37 ff PostO durch Einzahlung auf Abrechnungshefte im voraus entrichteten Postgebühren ("Kundenguthaben") des Missionshauses Maria Sorg in der Höhe von 3.800 S (Anklagefaktum I/8; S 77, 295, 340) sicherzustellen. Durch die Entnahme des "in seiner beruflichen Tätigkeit vereinnahmten Geldes" (US 7), die Unterdrückung der dazu gehörenden Belege sowie das Verschweigen dieser Eingänge bei der täglichen Abrechnung (US 7) hat sohin der Angeklagte L* seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, mißbraucht und damit den objektiven Tatbestand des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB erfüllt.
Der Angeklagte Albert L* hat nach den weiteren - geständniskonformen (S 337) - Konstatierungen des Erstgerichtes diese seine Befugnis wissentlich mißbraucht und mit Schädigungsvorsatz gehandelt (US 10), weshalb auch der subjektive Tatbestand des Amtsmißbrauchs erfüllt ist. Tätige Reue aber ist kein allgemeiner, alle Vorsatzdelikte erfassender Strafaufhebungsgrund, sondern hat nur für bestimmte Delikte Geltung. Mißbrauch der Amtsgewalt ist im Katalog der reuefähigen Delikte des § 167 Abs 1 StGB nicht aufgezählt, weshalb der Schadensgutmachung hier nur die Bedeutung eines Milderungsgrundes zukommt (§ 34 Z 14 StGB).
Demgemäß war in Ansehung des Angeklagten Albert L* der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, der Freispruch im Umfang der Anfechtung aufzuheben und der Angeklagte insoweit des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB (mit einer Schadenssumme von 146.857,58 S) schuldig zu erkennen.
Der Angeklagte Heinz T* hinwieder hat nach den ihn betreffenden - dem Beschwerdevorbringen (Z 5 und 9 lit a) zuwider durchaus mängelfrei begründeten und rechtlich tragfähigen - Urteilsannahmen zur subjektiven Tatseite den Albert L* im Bewußtsein der Schädigung von "Post und Kunden" wissentlich zum Befugnismißbrauch bestimmt (US 5, 6, 7, 10, 11). Demgemäß verantwortet auch er in Ansehung der Punkte I/1 bis 6 und 8 der Anklage das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, und zwar als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, zumal es genügt, wenn die laienmäßige Einschätzung des normativen Begriffs des Befugnismißbrauchs sowie dessen sozialer und rechtlicher Bedeutung der des Rechts parallel läuft (vgl Kienapfel AT4 Z 15 RN 8). Eine Einsicht des Angeklagten in die hier aktuellen subtilen Abgrenzungsprobleme war somit keineswegs erforderlich.
Die von der Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang aus einer isolierten Betrachtung eines Satzes der Beweiswürdigung abgeleiteten Begründungs‑ (Z 5) und Feststellungsmängel (Z 9 lit a) zur subjektiven Tatseite liegen - wie schon angedeutet - in Wahrheit nicht vor. Denn die auf dem Geständnis des Angeklagten T* (S 353, 354, 356, 358) beruhende Urteilsannahme, wonach er wußte, daß L* beim Paketschalter tätig (US 5) und zur Entnahme des Geldes keinesfalls berechtigt war (US 6), wird mit dem Hinweis, daß dies auch einem durchschnittlich intelligenten Mann "klar sein mußte" (US 11), bei rechtem Verständnis des Sinnzusammenhanges dieser Ausführungen nur argumentativ unterstützt. Keinesfalls kann diese Passage der Urteilsgründe ihrerseits als eine auf bloß fahrlässiges Handeln in bezug auf den Befugnismißbrauch durch den Angeklagten L* hindeutende und demnach der zuvor konstatierten Wissentlichkeit widersprechende Feststellung gewertet werden.
Es liegen aber auch die behaupteten gleichartigen Mängel (Z 5 und 9 lit a) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten T* in Ansehung des vom Erstgericht zutreffend als Vergehen der Veruntreuung gewerteten, unter Punkt I/7 der Anklage inkriminierten Sachverhaltes nicht vor. Denn auch insoweit ist dem Urteil in seiner Gesamtheit mit hinlänglicher Deutlichkeit zu entnehmen, daß der Schöffensenat das Vorliegen des dafür erforderlichen Bereicherungsvorsatzes bejahte, zumal dieser beim Angeklagten Trinker auch durch sein Geständnis gedeckt ist (S 350) und nach den festgestellten äußeren Umständen füglich nicht angezweifelt werden kann. Im übrigen lassen sich die zur inneren Tatseite des Amtsmißbrauchs getroffenen Konstatierungen samt deren Begründung ohne weiteres auf das Vergehen der Veruntreuung übertragen, weil sich die für beide Delikte maßgebenden Tatumstände in der konkreten Fallgestaltung weitgehend decken.
Damit sind aber - dem Beschwerdevorbringen zuwider - auch in diesem Punkte alle Tatsachen festgestellt, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes dem Erkenntnis zugrunde zu legen sind (§ 288 Abs 2 Z 3 StPO) und die - insoweit in Übereinstimmung mit der Beurteilung des Erstgerichtes (US 14, 15) - einen Schuldspruch des Angeklagten Heinz T* wegen Bestimmung des Albert L* zur Veruntreuung eines Barbetrages von 8.546,50 S zur Konsequenz haben.
Im zuletzt erörterten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft daher zu verwerfen.
Die Staatsanwaltschaft ist aber wieder im Recht, wenn sie sich mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gegen die Ansicht des Schöffengerichtes wendet, derzufolge auch dem Angeklagten T* tätige Reue zugute käme.
Nach § 167 Abs 4 StGB ist der Täter, der sich um Schadensgutmachung ernstlich bemüht hat, auch dann nicht zu bestrafen, wenn ein Dritter in seinem Namen oder wenn ein anderer an der Tat Mitwirkender den ganzen aus der Tat entstandenen Schaden unter den im Abs 2 genannten Voraussetzungen gutmacht. Diese Voraussetzungen liegen beim Angeklagten T* nicht vor. Ein Bemühen um Schadensgutmachung ist keineswegs erst ab dem "Auffliegen der Malversationen" (US 15) möglich, vielmehr hat der Täter schon ab der materiellen Vollendung des Deliktes die "Chance" (US 16), die Folgen seiner Tat freiwillig und rechtzeitig zu beseitigen, sohin entweder den ganzen Schaden gutzumachen oder sich vertraglich zu verpflichten, dem Verletzten binnen einer bestimmten Zeit Schadensgutmachung zu leisten (§ 167 Abs 2 StGB). Ist dem Täter die von ihm angestrebte Wiedergutmachung nicht möglich, ist er nur unter der Voraussetzung nicht strafbar, daß er sich um die Schadensgutmachung durch einen Dritten ernstlich bemüht hat und dieser in seinem Namen den Schaden gutmacht (LSK 1976/94). Die Gutmachung durch andere Personen muß daher mit Wissen und Wollen des Täters geschehen (Leukauf‑Steininger Komm3 RN 52 bis 56, Foregger‑Serini- Kodek StGB5 Erl V jeweils zu § 167).
Keine dieser Voraussetzungen liegt im gegenständlichen Fall vor. Vielmehr hat der Angeklagte T* nach den Urteilsfeststellungen dem Angestifteten Albert L* die Bereitstellung der Mittel zu der allein von diesem angestrebten Schadensgutmachung zwar immer wieder in Aussicht gestellt, ihn aber gerade dadurch zur Begehung weiterer Straftaten gedrängt, weil er damit unter der Androhung, daß L* sonst überhaupt nichts mehr zurückbekommen werde (US 6, 11), jeweils weitere Geld- forderungen verknüpfte, die der Angeklagte L* nur durch neuerliche Entnahmen aus der Paketschalterkassa erfüllen konnte. Von einem aktiven und ernsthaften Bemühen um Schadensgutmachung kann sohin ‑ wie der Schöffensenat ohnedies ausdrücklich feststellt (US 15) - ebensowenig die Rede sein, wie davon, daß allenfalls der Vater des Angeklagten L* den Schaden - zumindest konkludent - auch im Namen des Angeklagten T* gutgemacht hätte. Demgemäß ist aber auch aus dem Umstand nichts zu gewinnen, daß der bis dahin untätige Angeklagte T* erst in der Hauptverhandlung seine Bereitschaft zur Schadensgutmachung gegenüber Albert Leitner erklärte (US 16). Da ihm sohin - anders als dem unmittelbaren Täter Albert L* - tätige Reue nicht zustatten kommt - war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagte Heinz T* auch in Ansehung des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB schuldig zu erkennen.
Bei der nach § 302 Abs 1 StGB vorzunehmenden Strafbemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend: bei beiden Angeklagten die Wiederholung der Tat durch einen längeren Zeitraum, beim Angeklagten T* das (formelle) Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, und daß er den Angeklagten L* zur Tat verführt hat; als mildernd: beim Angeklagten L* das umfassende und reumütige Geständnis, daß er die Tat vor Vollendung des 21. Lebensjahres und unter der Einwirkung des Angeklagten T* begangen hat, die auf sein Bemühen zurückzuführende vollständige Schadensgutmachung durch seinen Vater (der dazu für den Angeklagten angesparte Gelder heranzog), daß er bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht; beim Angeklagten T* ein in erster Instanz abgelegtes Teilgeständnis, das er im Gerichtstag zu einem umfassenden Schuldbekenntnis erweitert hat, sowie die zwar zunächst ohne seine Mitwirkung erfolgte volle Schadensgutmachung gegenüber der Post, und daß er aber nunmehr den Rückersatz jenes Betrages (von 100.000 S) nachgewiesen hat, der ihm persönlich aus den strafbaren Handlungen zugekommen ist. In Abwägung dieser Strafbemessungsgründe, unter Berücksichtigung der Höhe des Schadens und des Umstandes, daß T* aus der Tat den größeren Nutzen gezogen hat (S 354), erachtet der Oberste Gerichtshof die ausgesprochenen Strafen der unrechtsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) der Angeklagten jeweils für angemessen.
Die angeführten mildernden Umstände waren auch für die Annahme des Gerichtshofes maßgebend, daß bei beiden Angeklagten die Androhung der Vollziehung der verhängten Strafen genügen werde, um sie von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, wobei in Ansehung des Angeklagten T* noch hinzuzufügen ist, daß insoweit seine einzige und geringfügige Vorstrafe (wegen eines Militärdelikts) nicht entscheidend ins Gewicht fällt, die Ursache seiner Verfehlungen mehr in einer vorübergehenden persönlichen Lebenskrise zu suchen sein dürfte und er nunmehr ernsthaft bestrebt erscheint, diese zu überwinden und wieder auf den rechten Weg zurückzukehren.
Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten ist in §§ 389, 390 a StPO begründet.
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