OGH 14Os19/04

OGH14Os19/0414.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. April 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fuchs als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Horst M***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Graz vom 29. Oktober 2003, GZ 21 Hv 93/02i-82, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Horst M***** im zweiten Rechtsgang des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen nach § 81 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Demnach hat er am 27. Jänner 2002 in Graz Aurelia A***** fahrlässig getötet, indem er seinen Pkw in selbstmörderischer Absicht mit einer Geschwindigkeit von zumindest 80 km/h frontal gegen den von ihr gelenkten entgegenkommenden Pkw steuerte und gegen dieses Fahrzeug stieß, wodurch Aurelia A***** schwere Kopfverletzungen erlitt und am 5. Februar 2002 verstarb, wobei er die Möglichkeit des Eintritts der Todesfolge zwar erkannte, zu dieser Folge seines Handelns jedoch keine Stellung bezog, oder auf den Nichteintritt dieser Folge, wenn auch leichtfertig, vertraute und dabei unter besonders gefährlichen Verhältnissen handelte.

Bereits im ersten Rechtsgang war der Angeklagte mit auf dem Wahrspruch der Geschworenen gestützten und insoweit in Rechtskraft erwachsenen Urteil (letztlich) der Vergehen der versuchten schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 1 StGB und der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB schuldig erkannt worden, weil er kurz vor der genannten Tat gleichfalls in selbstmörderischer Absicht versucht hatte, durch eine Frontalkollision mit einem weiteren entgegenkommenden Fahrzeug, sohin mit einem Mittel und auf eine Weise, womit in der Regel Lebensgefahr verbunden ist, dessen Lenkerin zu verletzen und vorsätzlich das von Aurelia A***** gelenkte Fahrzeug in einem 2.000 Euro übersteigenden Betrag beschädigt hatte.

Von der kassatorischen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 5. August 2003, GZ 14 Os 78/03-10 (= ON 76 des Hv-Aktes) waren der Wahrspruch zur Hauptfrage 2 nach Mord (an Aurelia A*****) und der darauf beruhende Schuldspruch 1.) wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB betroffen.

Im nunmehrigen zweiten Rechtsgang hatten die Geschworenen ausschließlich über das zum Tod der Aurelia A***** führende Tatgeschehen zu entscheiden. Sie verneinten dabei die Hauptfrage 1 nach Mord sowie die Eventualfrage 1. nach Körperverletzung mit tödlichem Ausgang und bejahten die Eventualfrage 2. nach fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen gemäß § 81 Abs 1 Z 1 StGB.

Rechtliche Beurteilung

Das darauf beruhende Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerde. Sie brachte zwei (nach der Eingangsstampiglie des Landesgerichtes für Strafsachen Graz) jeweils am 29. Dezember 2003 überreichte Rechtsmittelausführungen ein, von denen eine mit 10. Dezember 2003 (ON 89) und die andere mit 23. Dezember 2003 (ON 90) datiert ist. Da das Gesetz nur eine einzige Ausfertigung der Nichtigkeitsbeschwerde zulässt, durch die Aktenlage aber das frühere Einlangen der Rechtsmittelschrift ON 89 am 29. Dezember 2003 dokumentiert ist (S 3 xx) und weder die fehlende Approbation dieser nur vom zuständigen Staatsanwalt unterfertigten Rechtsmittelschrift durch den Behördenleiter noch der Zeitpunkt der Vorlage an den Vorsitzenden ihre Rechtswirksamkeit berührt, war somit die Rechtsmittelausführung ON 89 dem Beschwerdeverfahren zugrunde zu legen. Ohne dass es einer formellen Zurückweisung bedurfte, war auf die - wenn auch am selben Tag überreichte - spätere Rechtsmittelschrift (ON 90) kein Bedacht zu nehmen (Ratz, WK-StPO § 285 Rz 7).

Die allein aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs 1 StGB erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Das Vorbringen, "Die Antworten der Geschworenen sind in sich widersprechend, da die festgestellten Tatsachen, nämlich die Beurteilung desselben Angriffes einmal als vorsätzliche, das andere Mal als fahrlässige Tathandlung, logisch nicht nebeneinander bestehen können", verabsäumt die gebotene Darlegung, weshalb ein nichtigkeitsbegründender innerer Widerspruch vorliegen soll, also im Wahrspruch Tatsachen festgestellt worden sind, die nach den Denkgesetzen einander ausschließen und daher nebeneinander nicht bestehen können (14 Os 104/94 ua). Argumente gegen eine Konstellation, bei welcher der eine Frontalkollision verschuldende Täter (sei es bedingt) vorsätzlich einen (qualifizierten) Sachschaden am gegnerischen Fahrzeug herbeiführt, hinsichtlich der körperlichen Integrität des anderen Lenkers aber bloß (bewusst oder unbewusst) fahrlässig handelt, liefert die Beschwerde nicht.

Sie war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators - bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Eine Kostenentscheidung im allein die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft im zweiten Rechtsgang betreffenden Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof hatte zu entfallen, weil dieses Rechtsmittel gänzlich erfolglos blieb (§§ 390a Abs 1, 344 StPO; Lendl, WK-StPO § 390a Rz 8).

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