Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann K***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er am 13. September 1996 in Sieggraben die Sabine B*****
(1) mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Vornahme oder Duldung eines Beischlafes ohne Präservativ genötigt, indem er ihr ein Springmesser zeigte, ihr ein Whiskyglas vor das Gesicht hielt und sagte "Du wirst tun, was ich dir sage, sonst schaut es schlecht aus für dich!", wobei er ihr die Hände zurückverdrehte, und nachher (2) vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihr mit einem Springmesser an der linken Schulter eine Schnittwunde zufügte.
Die vom Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 3, 5, 5 a, 9 lit a und 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Rechtliche Beurteilung
Der in der Verfahrensrüge (Z 3) behauptete "unlösbare Widerspruch" zwischen Urteilstenor und Urteilsgründen (§ 260 StPO; vgl Foregger/Kodek StPO7 § 281 Abs 1 Z 3 Anm), wonach sich aus den Urteilsgründen - anders als aus dem Spruch - nicht ergebe, daß der Angeklagte die Sabine B***** (auch) durch Vorzeigen des Springmessers zur Vornahme oder Duldung des Beischlafs ohne Präservativ genötigt habe und umgekehrt die in den Gründen festgestellte Äußerung des Angeklagten: "Wirst wohl gehen, sonst werden wir es anders machen", (US 4) im Urteilstenor nicht aufscheint, liegt tatsächlich nicht vor. Denn aus den beiden eine Einheit bildenden Urteilsteilen (vgl US 1, 4, 7) ergibt sich widerspruchsfrei, daß die Tatrichter zur entscheidenden Feststellung gelangten, daß B***** vom Angeklagten mit Gewalt und Drohung zum Beischlaf genötigt wurde, wobei auch schon das (vom Urteilsvorwurf umfaßte) Vorhalten des Messers gegenüber dem Opfer noch in der Bar mit zum Tatplan gehörte. Daran ändert der Hinweis im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (US 7), wonach der Angeklagte durch Vorzeigen des Springmessers in der Bar B***** (zunächst einmal) nötigte, mit ihm auf das Zimmer zu gehen, ebensowenig, wie der Umstand, daß erst im Zimmer von einem Präservativ die Rede war, weil die inkriminierte Tathandlung allein auf die Willensbeugung zur Duldung eines Beischlafs abstellt, und zwar unabhängig davon, ob ein solcher mit oder ohne Kondom durchgeführt werden sollte.
Zu Unrecht erblickt der Beschwerdeführer ferner (Z 3) in der Abspielung der Videoaufzeichnung über die von der Untersuchungsrichterin vorgenommene kontradiktorische Vernehmung der Zeugin Sabine B***** (ON 38/I) in der Hauptverhandlung (S 467/I), obwohl sich die Genannte keineswegs (berechtigt) einer Zeugenaussage entschlagen hatte, einen nichtigkeitsrelevanten Verfahrensfehler. Denn in dieser Vorführung liegt kein Verstoß gegen die auf eine (anstelle persönlicher Zeugenvernehmung) ersatzweise vorgenommene Darlegung des Inhalts der früheren Aussage eines Zeugen unter Hintanhaltung der Möglichkeit einer Fragestellung an diesen zielende Einschränkung nach § 252 Abs 1 StPO (vgl RZ 1998/15), weil die Zeugin ohnehin zuvor in der Hauptverhandlung ausführlich vernommen worden war (S 371 ff/I).
Am (unzweifelhaft erkennbaren) Ausschluß einer Benachteiligung des Angeklagten (§ 281 Abs 3 StPO) scheitert die Kritik des Beschwerdeführers an der (§ 250 Abs 2 StPO zuwider) unterbliebenen Information des Angeklagten über die (teilweise) in seiner Abwesenheit vorgenommene Abspielung des Videobandes, und zwar dies umso mehr, als die Abspielung - nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles (S 467/I) - teilweise ohnehin in Gegenwart des Angeklagten erfolgte und dieser vom Inhalt der Aufnahme aufgrund seiner Anwesenheit bei der Vernehmung vom 17. Juni 1997 (ON 38/I) Kenntnis hatte.
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider ließen die Tatrichter die Feststellungen zur subjektiven Tatseite keineswegs unbegründet. Vielmehr leiteten sie diese erkennbar aus dem äußeren Tatgeschehen und den dieses begleitenden Tatumständen (US 4 und 7) ab und gaben damit eine logisch und empirisch einwandfreie Begründung.
Zu Unrecht bemängelt der Beschwerdeführer ferner, die Tatrichter hätten ihre Feststellung, der Angeklagte habe ein Springmesser aus der Jacke gezogen und es Sabine B***** gezeigt (US 4), auf die Angaben dieser Zeugin gestützt, weil das in diesem Zusammenhang allein entscheidende Vorzeigen des Springmessers durch den Angeklagten der B***** gegenüber in deren sämtlichen Aussagen übereinstimmend zum Ausdruck kommt (S 389/I; siehe auch S 19, 74, 237/I). Einer besonderen Erörterung bedurfte die Angabe der Zeugin in der Hauptverhandlung, sie habe bloß einen "schwarz-silbrigen Stiel" gesehen (S 389/I), angesichts des gesetzlichen Gedrängtheitsgebotes (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht.
Die Aussagen der Zeugen Erich K*****, Herbert H***** und Ernst G***** wurden entgegen der Beschwerde von den Tatrichtern in ihre beweiswürdigenden Erwägungen miteinbezogen (US 5 ff). In der unterbliebenen besonderen Erörterung der Angaben K*****s, er habe beim Angeklagten kein Messer gesehen (S 415/I), und H*****s, er habe zwar nicht so aufgepaßt, aber kein Messer gesehen, wenn der Angeklagte ein Messer "am Tisch" gehabt hätte, hätte er "es schon sehen müssen" (S 475/I), welche Angaben nicht im Widerspruch zur Feststellung stehen, wonach der Angeklagte der B***** ein Messer zeigte, liegt - der Beschwerde zuwider - kein erörterungsbedürftiges (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) Beweisergebnis.
Auch daß das Schöffengericht die vom Zeugen Ernst G***** berichteten Geräusche aus dem Zimmer, wo sich der Angeklagte und B***** aufhielten (S 433/I), als Bestätigung für die Angaben B*****s - die, nachdem sie sich vom Angeklagten hatte losreißen können, beim Versuch zu flüchten auf den Teppichboden gestürzt war (US 4) - anführte (US 6), ohne darauf hinzuweisen, daß der Zeuge von Geräuschen derart, als würde etwas umfallen, gesprochen habe (S 433/I), vermag angesichts der gesetzlich aufgetragenen Urteilsbegründung in gedrängter Darstellung keinen formellen Begründungsmangel darzustellen.
Den Beschwerdeausführungen zuwider konnten die Tatrichter ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Lebenserfahrung den persönlichen Eindruck vom Zeugen Erich K***** (den sie auch daraus gewannen, daß der Zeuge lächelnd eine Verbeugung zum Angeklagten machte) dahingehend verwerten, daß sie die (entlastenden) Angaben dieses Zeugen als bloßen "Freundschaftsdienst" unglaubwürdig und damit nicht geeignet erachteten, die ihnen überzeugend erschienenen Angaben der B***** zu widerlegen (US 7). Auch einer Wiedergabe der einzelnen Angaben dieses Zeugen bedurfte es nicht (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO).
Die Urteilsfeststellung, daß der Angeklagte der B***** die Schnittwunde im Bereich des linken Schulterblattes vorsätzlich zufügte, geht nach dem Inhalt der Urteilsgründe erkennbar auf die objektive Vorgangsweise des Angeklagten, damit letztlich auf die Angaben der Zeugin B***** zurück und blieb daher - der Beschwerde zuwider - ebenfalls nicht unbegründet.
Fehl geht die Mängelrüge schließlich auch mit der Behauptung fehlender Begründung für den Urteilshinweis, daß der Angeklagte "durch die kundgetane Ablehnung eines ungeschützten Geschlechtsverkehrs wußte, daß Sabine B***** ihre Zustimmung zum bereits bezahlten (geschützten) Verkehr widerrufen hatte" (US 7). Denn es ist unentscheidend, ob B***** (später) im Zimmer mit einem Verkehr unter Verwendung eines Kondoms einverstanden gewesen wäre, weil das Vorhaben des Angeklagten (zumindest zu diesem Zeitpunkt) auf einen solchen geschützten Verkehr nicht gerichtet war. Maßgeblich ist vielmehr, daß B***** mit der Durchführung des Geschlechtsverkehrs (in der vom Angeklagten geplanten ungeschützten Form) nicht einverstanden war und der Angeklagte dies auch wußte. Im übrigen hatte der Angeklagte nach dem vom Urteil angenommenen Tatplan schon vorher durch die Drohgebärden in der Bar die B***** dazu genötigt, mit ihm (zwecks Durchführung eines Geschlechtsverkehrs) auf das Zimmer zu gehen. Der von der Kritik betroffene Urteilshinweis stellt damit erkennbar lediglich die jeweils durch Nötigung herbeigeführte Wandlung des Willens der Zeugin von ihrer ursprünglich gänzlichen Ablehnung eines Geschlechtsverkehrs mit dem Angeklagten über die Durchführung eines solchen unter Verwendung eines Kondoms bis letzlich zur (erzwungenen) Einwilligung in den ungeschützten Verkehr und die Kenntnis des Angeklagten von dieser Entwicklung dar, ohne daß dadurch rechtliche Konsequenzen für die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Angeklagten entstünden.
Die Ausführungen der Tatsachenrüge (Z 5 a) erschöpfen sich weitestgehend in einer bloßen Anfechtung der schöffengerichtlichen Beweiswürdigung insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß die Zeugin B***** aufgrund angeblicher Wiedergabeschwächen im Zusammenhang mit früheren Vorfällen nicht glaubwürdig sei, und sind insoweit nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt. Nach Prüfung der Akten anhand des Beschwerdevorbringens ergeben sich für den Obersten Gerichtshof jedenfalls keine Bedenken - geschweige denn solche erheblichen Gewichts - gegen die Richtigkeit der den Schuldspruch tragenden Tatsachenfeststellungen.
In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Beschwerdeführer zunächst der Sache nach neuerlich das Fehlen einer Begründung (s dazu die obigen Ausführungen zur Z 5) für die Feststellung zur subjektiven Tatseite, daß er die Körperverletzung vorsätzlich zugefügt habe, und verfehlt damit die prozeßordnungsgemäße Ausführung.
Er wendet ferner ein, im Vorhalten eines Glases vor das Gesicht der Sabine B***** in Verbindung mit den Worten: "Du wirst tun, was ich dir sage, sonst schaut es schlecht aus für dich!", sei keine Drohung mit einer Körperverletzung gelegen. Er übergeht mit diesem Hinweis auf einen isoliert aus dem Zusammenhang gerissenen Teil des Tatgeschehens, daß das Schöffengericht seine Annahme einer Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben auf die Gesamtheit der Vorgänge stützte, die insbesondere auch das Vorzeigen eines Springmessers gegenüber B***** (um der Forderung Nachdruck zu verleihen), aber auch die festgestellte Gewaltanwendung umfaßte. Mit dieser fehlenden Orientierung am vollständigen Urteilssachverhalt entbehrt die Rechtsrüge einer gesetzmäßigen Ausführung.
Das Vorzeigen des Springmessers durch den Angeklagten läßt auch der - der Sache nach den Mangel undeutlicher Urteilsgründe (Z 5) relevierende - Einwand außer acht, daß der Vorsatz des Angeklagten auf Drohung (zumindest) mit einer Körperverletzung im Urteil nicht eindeutig zum Ausdruck komme, sondern offen lasse, ob der Angeklagte der Sabine B***** nicht bloß damit habe drohen wollen, ihr den Inhalt des Glases ins Gesicht zu schütten.
Nur der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang zu vermerken, daß angesichts der vom Erstgericht zusätzlich angenommenen Gewaltanwendung zur Erreichung des Verbrechenszieles selbst bei Wegfall der Drohung wegen fehlender Eignung oder mangels eines entsprechenden Vorsatzes für den Angeklagten in bezug auf den Schuldspruch wegen Vergewaltigung nichts zu gewinnen wäre.
Indem der Beschwerdeführer schließlich im Rahmen der Rechtsrüge der Sache nach eine mangelhafte Begründung der - im Zusammenhang mit den sonstigen Urteilsfeststellungen - die tatbestandsbezogenen Vorstellungen des Angeklagten sowohl in bezug auf die Wissens- als auch die Willenskomponente ausreichend zum Ausdruck bringenden Konstatierung vermißt, er habe "mit dem Vorsatz und in dem Bewußtsein" gehandelt, Sabine B***** mit Gewalt und durch Drohung zur Vornahme des ungeschützten Geschlechtsverkehrs zu nötigen und sie durch Zufügung der Schnittwunde an der Schulter zu verletzen (US 4), macht er inhaltlich erneut einen Begründungsmangel (Z 5) geltend. Demgegenüber ist jedoch angesichts des festgestellten objektiven Tatgeschehens aus dem angefochtenen Urteil zweifelsfrei erkennbar, wie die Tatrichter in logisch und empirisch einwandfreier Weise zu dieser kritisierten Annahme gelangten.
Auf den - ohne die erforderliche deutliche und bestimmte Bezeichnung der ins Auge gefaßten Fehlerhaftigkeit (§§ 285 Abs 1, 285 a Z 2 StPO) - behaupteten Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO konnte nicht eingegangen werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zur Gänze schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§ 285 i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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