Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch II 1 (Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, begangen im November oder Dezember 1999 an Vesselina I*****) ersatzlos und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben.
In Neubemessung der Strafe für den verbleibenden Teil des Schuldspruches wird Blagoja B***** nach § 201 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB und gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. November 2001, GZ 5 c EVr 8.166/01-20, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von 15 (fünfzehn) Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Strafteil von 10 (zehn) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Blagoja B***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (I.), (richtig:) der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II.), des Vergehens der "teils vollendeten, teils versuchten" Nötigung nach §§ 105 Abs 1 und 15 StGB (III, richtig: der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB [III 1 a und b] und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB [III 2]) sowie des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (IV) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien Vesselina I*****
I. zu einem nicht mehr exakt festzustellenden Zeitpunkt im November oder Dezember 1999, als er mit ihr in aufrechter Lebensgemeinschaft zusammenlebte, mit Gewalt, indem er ihr Schläge, teilweise mit der Faust, ins Gesicht, gegen Kopf und Brust versetzte, sie an den Haaren riss, ihr mit seinen Knien die Beine auseinanderdrückte und seinen Unterarm auf ihren Oberkörper stützte und gegen ihren Hals drückte, zur Duldung des Beischlafes genötigt;
II. vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar
1. durch die zu Punkt I geschilderten Handlungen, die bei Vesselina I***** Schmerzen am Kopf, am Ohr, an der Brust und den Rippen sowie eine Wunde an der Unterlippe zur Folge hatten;
2. zu nicht mehr exakt festzustellenden Zeitpunkten im Zeitraum Sommer 1999 bis 15. Feber 2000 durch Schläge, die bei Vesselina I***** jeweils Blutergüsse zur Folge hatten;
III. durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Handlung, nämlich der Aufrechterhaltung der Lebensgemeinschaft,
1. genötigt, und zwar
a) im Sommer 1999 durch die Äußerung, dass er sie umbringen werde und es nicht in Frage komme, dass sie ausziehe;
b) zu einem nicht mehr exakt festzustellenden Zeitpunkt im Herbst 1999, indem er sie abermals mit dem Umbringen bedrohte;
2. zu nötigen versucht, und zwar am 15. Feber 2000 durch die Äußerung, wenn sie ausziehe, werde er sie auf der Stelle umbringen;
IV. am 5. April 2001 wiederholt durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich dazu, die gegen ihn erstattete Anzeige zurückzuziehen, zu nötigen versucht, indem er wiederholt auf die Sprachbox ihres Mobiltelefons sprach, er werde sie umbringen, wenn sie die Anzeige nicht zurückziehe.
Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche I, II 1 und IV mit einer auf Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der nur teilweise Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Zum Schuldspruch I:
Aktenwidrig (Z 5 letzter Fall) ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (Foregger/Fabrizy StPO8 § 281 Rz 47). Weil die Entscheidungsgründe eine Wiedergabe der Aussage der Zeugin Vesselina I***** gar nicht enthalten, scheidet die - zudem unter sinnentstellender Isolierung einzelner, auf andere Vorfälle bezogener Passagen (vgl S 139 oben und 137, 41 und 57) - behauptete Aktenwidrigkeit von vornherein aus. Auch der Tatsachenrüge (Z 5a) kann ein Erfolg nicht beschieden sein. Mit den vorgebrachten Spekulationen über allfällige weitere sexuelle Kontakte zwischen der Genannten und dem Angeklagten trachtet dieser nur die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu relativieren und beschränkt sich solcherart darauf, die Beweiswürdigung des Schöffensenates nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung zu bekämpfen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ist nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt, weil sich der Beschwerdeführer mit der Wiedergabe der Urteilsannahmen, wonach er sich bewusst war und billigend in Kauf nahm, dass er I***** gegen deren Willen durch Schläge zur Duldung des Beischlafes nötigte (US 8), und von Rechtsausführungen (vgl Schick in WK2 § 201 Rz 48) begnügt und daran ohne deutliche und bestimmte Bezeichnung (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO) die im gegebenen Zusammenhang nicht verständliche Behauptung knüpft, es hätte "sowohl hinsichtlich der Wissens- als auch der Wollenskomponente entsprechender weiterer Feststellungen" über die von der Genannten "entfalteten Maßnahmen der Gegenwehr" bedurft. Er sagt nicht, weshalb es auf den tatsächlichen Widerstand des Opfers ankommen sollte (Schick aaO). Mit dem (neuerlichen) Hinweis, dass Vesselina I***** vor der Polizei nicht anzugeben vermochte, ob es nach der Vergewaltigung zu weiteren sexuellen Kontakten mit dem Angeklagten kam, trachtet die Rechtsrüge der Sache nach bloß die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erschüttern und verfehlt damit die erforderliche Ausrichtung am Verfahrensrecht.
Zum Schuldspruch II 1:
In der gesonderten rechtlichen Beurteilung der Gewalthandlungen laut Schuldspruch I, durch die das Vergewaltigungsopfer Verletzungen erlitt, als Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II 1) erblickt der Beschwerdeführer zu Recht eine materielle Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 10 StPO, ist doch insoweit vom Vorliegen einer typischen Begleittat auszugehen, die dem Täter im Hinblick auf § 201 Abs 3 erster Fall StGB nicht gesondert anzulasten ist (SSt 46/66; Leukauf/Steininger StGB3 § 201 RN 33; Ratz in WK2 Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 61 f).
Zum Schuldspruch IV:
Die behauptete Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) der Feststellungen liegt nicht vor. Sowohl dem Urteilstenor (US 4) als auch den Entscheidungsgründen (US 8 und 9) ist eindeutig zu entnehmen, welche Tatsachen (in objektiver und subjektiver Hinsicht) die Tatrichter als erwiesen ansahen, nämlich dass der Angeklagte mehrfach Drohungen mit dem Tod aussprach, um Vesselina I***** dadurch zur Zurückziehung ihrer Anzeige zu nötigen. Wenn auf US 10 (im Rahmen der Beweiswürdigung) von "der telefonisch erfolgten Drohung vom 5. April 2001", zu der sich der Angeklagte geständig verantwortet habe, die Rede ist, wird damit ersichtlich das Gesamtgeschehen bezeichnet, und nicht ausgedrückt, dass nur eine einzige Drohungshandlung erfolgte. Im Rahmen der Tatsachenrüge (Z 5a) beanstandet der Beschwerdeführer das Unterbleiben des Vorspielens der Tonbandaufzeichnung und der wörtlichen Übersetzung seiner Äußerungen. Da im Hinblick auf die Angaben der Zeugin Vesselina I***** (S 65) und die geständige Verantwortung des Angeklagten zu diesem Anklagevorwurf (S 125 und 149) weder von selbst einsichtig ist noch dargelegt wurde, inwieweit die von ihm vermissten Erhebungsergebnisse geeignet gewesen wären, die Beweisgrundlage zu seinen Gunsten zu verändern, ist dieser Einwand nicht stichhältig. Vor allem unterlässt der Beschwerdeführer aber darzulegen, aus welchen Gründen er gehindert war, ihm notwendig erscheinende weitere Beweisaufnahmen zu beantragen (13 Os 99/00, 13 Os 145/00, 14 Os 85/01).
Nichts anderes gilt für den Einwand, das Erstgericht habe nicht erforscht, "welche Art und welche Menge Alkohol" der Angeklagte vor der Tat zu sich genommen habe.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) ist nicht im Recht. Entgegen der Beschwerdemeinung bedurfte es zur Bejahung qualifikationsbegründender Besorgniseignung der inkriminierten Äußerungen keiner Feststellungen darüber, ob dem Angeklagten der Aufenthaltsort der telefonisch Bedrohten bekannt war. Ob er das angekündigte Übel zufolge Unkenntnis des Aufenthaltsortes nicht (unmittelbar) verwirklichen konnte, ist unerheblich, weil der Eindruck der grundsätzlichen Realisierbarkeit jedenfalls gegeben war (vgl Schwaighofer in WK2 § 105 Rz 46 mwN). Bei der zufolge der Teilaufhebung des Urteils notwendig gewordenen Strafneubemessung war gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. November 2001, GZ 5c EVr 8.166/01-20, Bedacht zu nehmen. Mit diesem Urteil war der Angeklagte des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer bedingt nachgesehenen (Probezeit drei Jahre) Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden, weil er in der Zeit von Ende August 2001 bis zumindest 2. September 2001 die Vesselina I***** mehrfach telefonisch mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht hatte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er äußerte: "Wenn ich dich sehe, werde ich dich mit einem Messer umbringen", es sei ihm egal, ob er zwei Jahre eingesperrt werde oder mehr, er werde ihr Leben zur Hölle machen und er werde sie umbringen, sie könne sich nur retten, wenn sie zu ihm käme und ihm "einen blasen" würde.
Bei der Strafbemessung waren erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen teils derselben, teils verschiedener Art und die neuerliche einschlägige Tatbegehung trotz bereits anhängigen und bis zum Urteil erster Instanz gediehenen Strafverfahrens, mildernd demgegenüber die bisherige gerichtliche Unbescholtenheit des Angeklagten. Sein Teilgeständnis (Schuldspruch IV) war weder reumütig noch trug es wesentlich zur Wahrheitsfindung bei (§ 34 Abs 1 Z 17). Auf der Basis der vorliegenden Strafzumessungsgründe fand der Oberste Gerichtshof nach dem § 201 Abs 2 StGB unter Bedachtnahme auf das angeführte Urteil eine Zusatzfreiheitsstrafe von fünfzehn Monaten schuldangemessen. Beim Ausmaß der dem Angeklagten insgesamt zur Last liegenden Straftaten und der sich daraus ergebenden Wiederholungsneigung kam im Blick auf die general- und spezialpräventiven Belange nur die bedingte Nachsicht gemäß § 43a Abs 3 StGB hinsichtlich eines Strafteiles von zehn Monaten (unbedingter Strafrest fünf Monate) in Betracht.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
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