Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günter K***** der Verbrechen des Menschenhandels nach § 217 Abs 1 erster Fall (A) sowie der Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 (erster, zweiter, dritter und vierter Fall) StGB (B), der teils im Entwicklungsstadium des Versuchs verbliebenen (§ 15 StGB) Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (C) sowie der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (D) schuldig erkannt.
Demnach hat er in Graz
A) nachstehend angeführte slowakische Staatsangehörige, mögen sie
auch bereits der gewerbsmäßigen Unzucht ergeben sein, dieser Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zugeführt, indem er sie von der Slowakei nach Graz zunächst in die P*****-Straße ***** verbrachte, sie anschließend in die Wohnung M*****straße ***** einwies, ihnen die Einzelheiten ihrer auszuübenden Tätigkeit, insbesondere die für die einzelnen geschlechtlichen Handlungen zu verlangenden Preise erklärte und ihnen zu verstehen gab, dass sie den gesamten Schandlohn an ihn abliefern müssen, und zwar
- 1.) im Dezember 2002 die am 16. Jänner 1985 geborene Eva A*****,
- 2.) am 18. Jänner 2003 die am 29. März 1985 geborene Lucia S*****, sowie
3.) am 15. April 2003 die am 16. Juni 1984 geborene Monika M*****;
B) mit dem Vorsatz, sich aus der gewerbsmäßigen Unzucht nachstehend
angeführter Personen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, diese Personen durch Abnahme ihres gesamten aus der gewerbsmäßigen Unzucht erzielten Verdienstes ausgebeutet, sie eingeschüchtert, indem er Darina A***** gegenüber zu verstehen gab, sie zu schlagen, wenn sie nicht der Prostitution nachgehe, ihren Reisepass einbehielt, sie wiederholt schlug, ihr Ohrfeigen versetzte und sie auf das Bett warf, Eva A***** an den Haaren riss, ihr Ohrfeigen versetzte und sie auf das Bett warf, Lucia S***** würgte und an den Haaren zog und gegenüber Monika M***** äußerte, dass er sie schlagen würde, wenn sie nicht der Prostitution nachginge, ihnen die Bedingungen der Ausübung der Unzucht vorgeschrieben und mehrere solche Personen zugleich ausgenützt, und zwar
- 1.) zwischen Sommer 2002 und 22. April 2003 Darina A*****,
- 2.) von Dezember 2002 bis 22. April 2003 Eva A*****,
- 3.) vom 18. Jänner 2003 bis 22. April 2003 Lucia S***** und
- 4.) vom 15. bis 22. April 2003 Monika M*****;
C) nachstehend angeführte Personen vorsätzlich am Körper verletzt bzw zu verletzten versucht, und zwar
1.) im April 2003 Darina A***** dadurch, dass er ihr mit der Faust gegen den Kopf schlug, sie an den Haaren aus dem Taxi zerrte, sodass sie zu Sturz kam (blutende Wunde am rechten Knie), sie weiters an den Haaren zog und sie (auch) durch Schläge zu verletzen trachtete (Versuch),
2.) im April 2003 Eva A***** dadurch, dass er sie an den Haaren zerrte, ihr eine Ohrfeige versetzte und sie auf das Bett warf (Versuch),
3.) am 29. März 2003 Lucia S***** dadurch, dass er sie würgte und an den Haaren riss (Versuch);
D) Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich nachstehend
angeführte Reisepässe, durch Ansichbringen und Zurückbehalten mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie von den Berechtigten im Rechtsverkehr zum Beweis der sich daraus ergebenden Rechte oder Tatsachen gebraucht werden, und zwar
1.) zwischen Sommer 2002 und 22. April 2003 den Reisepass der Darina A*****,
2.) von Dezember 2002 bis 22. April 2003 den Reisepass der Eva A*****,
3.) vom 18. Jänner 2003 bis 22. April 2003 den Reisepass der Lucia S***** sowie
4.) vom 15. bis 22. April 2003 den Reisepass der Monika M*****.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 "Z 9" StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.
Die Rechtsrüge (inhaltlich Z 9 lit a) verabsäumt es nämlich, die behaupteten rechtlichen Konsequenzen methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588). Dies gilt für die unter isolierter Berufung auf die Lehrmeinung von Bertel/Schwaighofer BT II4 § 216 Rz 9 aufgestellte These, leichte Körperverletzungen (Fakten C 2. und 3.) würden durch das Vergehen der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 konsumiert, wenn sie dazu dienen, das Opfer zur weiteren Ausübung der Prostitution zu bewegen. Im Übrigen liegt Scheinkonkurrenz iS einer Konsumtion vor, wenn aus wertender Sicht alle Tatbestandselemente des einen Delikts regelmäßig und typisch im anderen enthalten sind. Denn nur dann wird der Unrechtsgewalt des verdrängten Delikts vom anderen voll erfasst (vgl Kienapfel/Höpfel AT10 E 8 Rz 30). Eine Körperverletzung ist aber im Delikt der Zuhälterei nach § 216 Abs 2 StGB weder regelmäßig noch typisch enthalten, sodass auch der Unrechtsgehalt der anlässlich einer (Nötigungselemente aufweisenden) Einschüchterung zugefügten Beeinträchtigung der körperlichen Integrität von der Zuhälterei nicht vollständig miterfasst wird. Darüber hinaus ist bei einer (die Gewaltanwendung als Begehungsmittel nicht einmal nennenden) Einschüchterung iSd § 216 Abs 2 StGB für den Eintritt von Verletzungsfolgen auch keine höhere Strafdrohung vorgesehen. Hat daher die (hier zur Einschüchterung) eingesetzte Gewalt eine Körperverletzung zur Folge (was nicht zwangsläufig sein muss), dann ist eintätiges Zusammentreffen zwischen einem (im weitesten Sinn verstandenen) Nötigungstatbestand und einem die körperliche Integrität schützenden Delikt anzunehmen (vgl Philipp in WK2 § 216 Rz 28; Kienapfel/Schroll BT II5 § 105 Rz 88; Leukauf/Steininger StGB3 § 105 RN 39 und § 216 RN 22; Hinterhofer BT II3 110; EvBl 1980/33; SSt 5/26; SSt 46/79; 13 Os 74/95; aA Burgstaller JBl 1978, 460; ders in WK2 § 83 Rz 46; Fabrizy StGB8 § 105 Rz 9 [anders aber offenbar ders aaO § 216 Rz 7]; Bertel/Schwaighofer BT I7 § 105 Rz 32 und BT II4 § 216 Rz 9; Schwaighofer in WK2 § 105 RN 100).
Des weiteren interpretiert der Beschwerdeführer den Begriff des "Zuführens" bloß grammatikalisch als (qualifizierte) Vermittlertätigkeit und zieht daraus den Schluss, dass die (späteren) Tätigkeiten der Prostituierten nicht für den Täter, sondern für einen Dritten geleistet werden müssen. Insoweit verfehlt er den Vergleich mit dem gesamten hier anzuwendenden Gesetz, welches verlangt, dass der Täter die Opfer der gewerbsmäßigen Unzucht in einem fremden Staat zuführt.
Hinsichtlich der übrigen Fakten unterlässt es die - das Urteil ohne Einschränkung anfechtende - Nichtigkeitsbeschwerde (S 378), Tatumstände, die den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund bilden sollen, deutlich und bestimmt zu bezeichnen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)