Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.August 1948 geborene Gastwirt Johann H*** der Vergehen (1.) der entgeltlichen Förderung fremder Unzucht nach § 214 StGB und (2.) der Zuhälterei nach § 216 Abs. 2 (zu ergänzen: vierter Fall) StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er in Langenlois vorsätzlich
1. von 1982 bis 31.Juli 1984 zahlreiche Gäste seines Lokales "P***" der Unzucht mit anderen Personen zugeführt, nämlich die als Tänzerinnen und Animierdamen auftretenden Narcisa DE G***, Myrna V***, Viktoria Z***, geb. V***, Edita M***,
Virginia DE G***, Christine K***, nunmehr R***, Hermine G***, Mara A***, Erika K***, Christine S***, Mirjana T***, Joannina H***, um sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen, dies dadurch, daß er in dem von ihm betriebenen Nachtlokal "P***", in welchem Lokal er als Separees bezeichnete Räume einrichten hatte lassen, die der Ausübung des Geschlechtsverkehrs oder anderer Unzuchtshandlungen dienten, Gäste auf die Möglichkeit sexueller Betätigung mit den Mädchen oder auf das Vorhandensein neuer Mädchen hinwies, ihnen teilweise auch den an sich vorher zu entrichtenden Preis gegen Übergabe eines Schuldscheines oder eines Überweisungsauftrages kreditierte, ihnen teilweise selbst das sogenannte Separee aufschloß und auch seine Kellner zu gleicher Vorgangsweise veranlaßte, einmal, und zwar vermutlich am Anfang des Jahres 1982 sogar einen Gast gegen vorherige Bezahlung von 1.200 S von Langenlois nach Senftenberg brachte, damit er mit einem dort untergebrachten Mädchen einen Geschlechtsverkehr durchführen konnte und die Mädchen teilweise mit Kondomen und der Pille versorgte;
2. vom 1.August 1984 bis 14.Juni 1985 mit dem Vorsatz, sich aus der gewerbsmäßigen Unzucht der in Punkt 1. genannten Personen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, also mehrere Personen zugleich, ausgenützt, und zwar dadurch, daß er vom den kassierten Schandlohn in der Höhe von 2.400 S einen Betrag von 1.400 S für sich behielt, welcher Betrag den Erlös aus einer außerhalb des Separees konsumierten Flasche Sekt um weitere 690 S überstieg. Hingegen erfolgte gemäß § 259 Z 3 StPO ein Freispruch des Johann H*** von der auf das Verbrechen des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1, zweiter Fall, StGB lautenden weiteren Anklage, in Langenlois vorsätzlich gewerbsmäßig Personen, mögen manche von ihnen auch bereits der gewerbsmäßigen Unzucht ergeben gewesen sein, nämlich die philippinischen Staatsangehörigen
a) Narcisa DE G*** in der Zeit von März oder April 1984 bis Juni 1985,
- b) Myrna V*** während ungefähr 6 Monaten in den Jahren 1984/85,
- c) Viktoria V***, nunmehr Z***, von Oktober 1984 bis März 1985,
d) Edita M*** von Oktober 1984 bis zu einem nicht mehr genau bekannten Zeitpunkt im ersten Halbjahr 1985,
e) Virginia DE G*** in der Zeit vom 12.Oktober 1984 bis März 1985 sowie
f) die polnische Staatsangehörige Christina K***, nunmehrige R***, ab vermutlich Frühjahr 1984 bis ins Jahr 1985 der gewerbsmäßigen Unzucht in Österreich, also einem anderen Staat, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besaßen und in dem sie auch nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, dadurch zugeführt und sie hiefür angeworben zu haben, daß er in dem von ihm betriebenen Nachtlokal "P***", in welchem Lokal er als Separees bezeichnete Räume einrichten hatte lassen, die der Ausübung des Geschlechtsverkehrs oder anderer Unzuchtshandlungen dienten, Gästen die Benützung dieser Räumlichkeiten in Begleitung eines oder mehrerer der genannten Mädchen, die bei ihm als Tänzerinnen und als Animierdamen angestellt waren, anbot und durch seine Kellner anbieten ließ, für die Benützung das Inkasso und die Aufteilung der kassierten Beträge zwischen ihm und den Mädchen übernahm, nachdem er diesen dieses System erklärte und sie durch den Hinweis auf die zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten zur Ausübung wiederholter Prostitution bewegt hatte.
Zu diesem freisprechenden Erkenntnis gelangte das Schöffengericht - obwohl es davon ausging, daß der Angeklagte die im Anklagevorwurf bezeichneten Handlungen gesetzt habe und daß die genannten Ausländerinnen (mit Ausnahme der Narcisa de G***) damals ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hatten, weshalb sie in Österreich Schutzobjekte des Tatbestandes nach § 217 Abs. 1 StGB sein konnten - im wesentlichen deshalb, weil das Verhalten des Angeklagten nicht dem gesetzlichen Erfordernis des "Zuführens von Personen zur gewerbsmäßigen Unzucht" entsprochen habe. Denn es sei von ihm den betreffenden Frauen lediglich die Möglichkeit eröffnet worden, ihr berufliches Einkommen als Tänzerinnen (zwischen 6.000 S und 12.000 S) durch gewerbsmäßige Unzucht zu erhöhen. Da er ihnen die tatsächlich erfolgte Ausnützung der von ihm geschaffenen Gelegenheit zur Einkommensaufbesserung völlig freigestellt habe, sei ihre gesamte Lebensführung nicht auf die Ausübung der Prostitution ausgerichtet worden. Mangels derartiger Umwandlung der Lebensführung zufolge Einflußnahme des Angeklagten könne aber von einem "Zuführen" zur gewerbsmäßigen Unzucht nicht gesprochen werden.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Staatsanwaltschaft dagegen aus den Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.
Kernstück der Beschwerde ist die - auch von der Generalprokuratur geteilte - These, daß die vom Angeklagten entfaltete Tätigkeit sehr wohl ein Zuführen der betroffenen Frauen zur gewerblichen Unzucht im Sinne des § 217 Abs. 1 StGB darstellte, weil es dabei - im Gegensatz zur Bedeutung des "Zuführens" im § 215 StGB sowie abweichend von der Wortbedeutung in den §§ 213 f StGB - auf eine Einwirkung zwecks Änderung in der individuellen Gestaltung der Lebensführung einer Person, welche auch bereits Prostituierte sein könne, überhaupt nicht ankomme, sondern allein auf die über die bloße Erteilung des Ratschlages oder untergeordnete Hilfsdienste hinausgehende Schaffung von Voraussetzungen, gewerbsmäßige Unzucht außerhalb des Heimat- oder Aufenthaltsstaates auszuüben, wobei die tätergewollte Einflußnahme auf den Lebensstil des Opfers nicht über die letztgenannte örtliche Modalität hinausgehen und insofern keine Umwandlung bedeuten müsse. Unerheblich sei auch, ob die betreffende Person einen Beruf ausübe und welches Einkommen sie erziele, weil zur Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht das Anstreben eines Zuschusses zum sonstigen Einkommen genüge und es im übrigen ausreiche, daß das von Wiederholungstendenz getragene Bestreben nach Einnahmen aus entgeltlicher geschlechtlicher Betätigung das Dasein der Frau solcherart bestimme, daß es hiedurch zu der allgemein als Prostitution bezeichneten asozialen Verhaltensweise komme.
Der Senat vermag dieser Ansicht im Ergebnis nicht beizutreten. Geht man nämlich im Einklang mit der bisherigen Judikatur (vgl SSt 49/29; SSt 50/59; zuletzt 13 Os 101/87) davon aus, daß
§ 217 Abs. 1 StGB ein qualifizierter Fall der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB ist, weshalb § 217 StGB zu
§ 215 StGB im Verhältnis der Spezialität steht (vgl abermals 13 Os 101/87), so ergibt sich daraus, daß der Begriff des "Zuführens" in beiden Straftatbeständen im gleichen Sinn zu verstehen ist, nämlich als "gezielte (und aktive) Einflußnahme auf das Schutzobjekt in der Richtung einer Umwandlung der gesamten Lebensführung in jene einer Prostituierten", wobei dies für § 217 Abs. 1 StGB (nur) dahin zu modifizieren ist, daß die Einflußnahme auf die Lebensführung einer Prostituierten in einem fremden Staat abzielt (Pallin in WK § 217 Rz 5; ebenso aber auch die Entscheidung 13 Os 54/86). Soweit § 217 Abs. 1 StGB auch eine bereits der gewerbsmäßigen Unzucht ergebene Person schützt, kommt zwar eine "Umwandlung" der Lebensführung des Tatobjektes in jene einer Prostituierten in der Regel nicht (mehr) in Betracht; diesfalls ist die Einflußnahme des Täters vielmehr darauf gerichtet, die bereits bestehende Lebensführung als Prostituierte in einen fremden Staat zu "verlagern".
Der Beschwerde zuwider stellen demnach beide Tatbestände gleichermaßen darauf ab, daß die gesamte Lebensführung des jeweiligen Schutzobjektes jener einer Prostituierten entspricht, wobei es in Ansehung der Gewerbsmäßigkeit in beiden Fällen genügt, daß auch nur ein Zuschuß zu sonstigen Einkünften angestrebt wird und mithin auch in diesem Punkt zwischen den beiden Tatbeständen kein Unterschied besteht.
Ob aber die im Spruch genannten Frauen (in Österreich) ihre gesamte Lebensführung in jene der Prostitution ergebener Personen ausgerichtet haben, ist primär eine Tatfrage, die vorliegend vom Schöffengericht - von der Anklagebehörde weder mit Verfahrens- noch mit Mängelrüge bekämpft - dahin entschieden wurde, daß es eine derartige Lebensgestaltung der betroffenen Ausländerinnen verneinte (US 12, 25). Auf der Grundlage dieser Konstatierung erweist sich aber nach dem Vorgesagten die Lösung der Rechtsfrage durch das Erstgericht als zutreffend, zumal auch eine Verübung des Menschenhandels durch den Angeklagten in der Begehungsform des "Anwerbens" deshalb nicht in Betracht kommt, weil dem die - gleichfalls unbekämpft gebliebene - Urteilsannahme entgegensteht, der Angeklagte habe seinem weiblichen Personal die Ausübung entgeltlicher Unzucht (bloß) freigestellt (Band III S 349 und 364 f), auf den Willen der Frauen also, die Prostitution unter den tatbestandsmäßigen örtlichen Verhältnissen auszuüben, nicht eingewirkt (Leukauf-Steininger, StGB2 RN 5 zu § 217). Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen.
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