OGH 14Os146/93

OGH14Os146/9317.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Mai 1994 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer, Dr. Rouschal, Dr. Adamovic und Dr. Holzweber als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gründl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Hans Hermann S* und Eckhard Heinrich T* wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall, und § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 1. Juli 1993, GZ 20 Vr 2375/89‑547, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Weiss, und des Verteidigers, Dr. Hepperger, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0140OS00146.930000.0517.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird dahin Folge gegeben, daß die verhängten Freiheitsstrafen bei Hans Hermann S* auf 10 (zehn) Jahre und bei Eckhard Heinrich T* auf 12 (zwölf) Jahre herabgesetzt werden.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden die deutschen Staatsangehörigen Hans Hermann S* und Eckhard Heinrich T* des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall, und § 15 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches haben sie im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter und als Mitglieder einer Bande unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Bandenmitgliedes durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) und unter Verwendung von Waffen (sogenannten "Pump‑Guns") mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, nachangeführten Personen fremde bewegliche Sachen

I. weggenommen bzw. abgenötigt:

1. am 2. Oktober 1987 in Seekirchen am Wallersee dem Heinz Z* als Verfügungsberechtigtem der R* Bargeld in Höhe von insgesamt 2,352.000 S sowie vier goldene Armreifen im Wert von 6.300 S;

2. am 16. Oktober 1987 in St. Johann in Tirol der Eva Z* als verfügungsberechtigter Kassierin der B* AG, Zweigstelle St. Johann in Tirol, Bargeld in Höhe von insgesamt 2,909.158 S sowie Goldmünzen im Gesamtwert von 4,600.813 S;

II. wegzunehmen bzw. abzunötigen versucht:

in der Nacht zum 15. Oktober 1987 in Saalfelden Verfügungsberechtigten der R* Bargeld und Wertgegenstände unerhobenen Wertes.

Die Geschworenen haben die für jeden der beiden Angeklagten gesondert unter Benennung des jeweils anderen Angeklagten als Mittäter gestellten Hauptfragen in bezug auf den Angeklagten S* (Hauptfragen 1, 3 und 5) stimmeneinhellig und in bezug auf den Angeklagten T* (Hauptfragen 2, 4 und 6) jeweils im Stimmenverhältnis 7:1 bejaht.

Den Schuldspruch bekämpfen beide Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerde, die der Angeklagte S* auf die Nichtigkeitsgründe der Z 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 a, "11", 12 und 13, der Angeklagte T* auf jene der Z 1, 5, 6, 9 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO stützt.

Zu den von beiden Angeklagten geltend gemachten Beschwerdegründen:

Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 1 des § 345 Abs 1 StPO wenden beide Beschwerdeführer ein, der Vorsitzende des Schwurgerichtshofes sei von der Mitwirkung und Entscheidung in der Hauptverhandlung gemäß § 68 Abs 2 StPO ausgeschlossen gewesen, weil er zuvor in derselben Sache auch als Untersuchungsrichter tätig gewesen sei.

Zu diesem Einwand sind die Beschwerdeführer allerdings mangels Erfüllung der hiefür notwendigen formellen Voraussetzung gar nicht legitimiert, denn sie hätten den angeblichen Ausschließungsgrund gleich bei Beginn der Hauptverhandlung geltend machen müssen (§ 345 Abs 2 StPO), zumal er ihnen auf Grund der darüber ergangenen (negativen) Entscheidung des Präsidenten des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. Dezember 1992 (ON 384/XII; ihnen rechtzeitig zugestellt lt. S. 5, 7/XII) bereits bekannt war. Die pflichtgemäße Ausschließungsanzeige (§ 70 Abs 1 StPO) des Vorsitzenden und die vom Präsidenten des Gerichtshofes getroffene Entscheidung hierüber standen der erforderlichen Rüge in der Hauptverhandlung - dem diesbezüglichen Einwand des Angeklagten S* zuwider - keineswegs hinderlich entgegen.

Im übrigen ist aber die erhobene Einrede auch sachlich unbegründet. Unter einer untersuchungsrichterlichen Tätigkeit sind nur solche Handlungen zu verstehen, die im Sinne der §§ 88 und 91 ff StPO der Erforschung von Straftaten, der Prüfung erhobener Anschuldigungen und der Klärung des jeweiligen Sachverhaltes dienen (13 Os 50/79). Derartige Aktivitäten hat der Vorsitzende des Schwurgerichtshofes vor Abschluß der Voruntersuchung aber nicht gesetzt, sondern nur in Vertretung der sonst zuständigen Untersuchungsrichterin verschiedene Übersendungsverfügungen getroffen, die - wie bereits der Präsident des Landesgerichtes Innsbruck zutreffend entschieden hat - den behaupteten Ausschließungsgrund nicht bewirken können.

Der Angeklagte S* leitet die Ausgeschlossenheit des Vorsitzenden auch aus dem Umstand ab, daß dieser dem Antrag des Beschwerdeführers auf Rückleitung der Akten an den Untersuchungsrichter nicht stattgegeben und umfangreiche Beweiserhebungen selbst veranlaßt habe, deren Ergebnisse der Verteidigung wiederholt erst während der Hauptverhandlung präsentiert worden seien.

Abgesehen davon, daß dem Angeklagten S* mangels rechtzeitiger Geltendmachung dieser Umstände sogleich nach Kenntnisnahme in der Hauptverhandlung auch insoweit keine Beschwerdelegitimation zukommt, übersieht er, daß ergänzende (auch umfangreiche) Erhebungen durch den Vorsitzenden des Schwurgerichtshofes nach rechtskräftiger Anklageerhebung zum Zweck der besseren Vorbereitung der (vertagten) Hauptverhandlung und der Aufklärung erheblicher Tatsachen gesetzlich (§§ 224, 254 iVm § 302 StPO) vorgesehen sind und daher ihrerseits einen Ausschluß von der Mitwirkung und Entscheidung in der Hauptverhandlung nicht zu begründen vermögen (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 12a zu § 68).

Der in diesem Zusammenhang vom Angeklagten S* vorgebrachten weiteren Kritik an der Verhandlungsführung des Vorsitzenden kann nicht mit der gebotenen Deutlichkeit und Bestimmtheit (§§ 285 a Z 2, 344 StPO) entnommen werden, welcher Nichtigkeitsgrund damit dargetan werden soll. Wollte S* solcherart ‑ wie aus der mehrfachen Bezugnahme auf die Menschenrechtskonvention herausgelesen werden könnte - die Fairneß des Verfahrens in Frage stellen und damit - ähnlich wie der Angeklagte T* , der dies aus behaupteten Zweifeln an der vollen Unbefangenheit des Vorsitzenden tut - unter dem Prätext einer Verletzung des Art 6 Abs 1 EMRK das Vorliegen des Nichtigkeitsgrundes gemäß § 345 Abs 1 Z 5 StPO behaupten, so läge dem insoferne ein rechtliches Mißverständnis zugrunde, als selbst nach der - allerdings erst am 1. Jänner 1994 in Kraft getretenen - Neufassung des § 345 Abs 1 Z 5 StPO durch das StPÄG 1993, BGBl 1993/526, die Hintansetzung oder unrichtige Anwendung von Gesetzen oder Grundsätzen des Verfahrens, deren Beobachtung durch grundrechtliche Vorschriften, insbesondere durch Art. 6 EMRK, oder sonst durch das Wesen eines die Strafverfolgung oder Verteidigung sichernden fairen Verfahrens geboten ist, nur unter der weiteren (formellen) Voraussetzung mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden kann, daß in der Hauptverhandlung über einen entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers nicht oder nicht in seinem Sinne erkannt worden ist. Befangenheit des Vorsitzenden kann daher hier mangels eines solchen Antrages und eines diesen abweisenden Zwischenerkenntnisses von keinem der beiden Angeklagten geltend gemacht werden.

Das Vorliegen der Nichtigkeitsgründe der Z 3 und 4 des § 345 Abs 1 StPO erachtet der Angeklagte S* wegen Verlesung der schriftlichen Angaben des Zeugen Gerhard S* (geborener W* ) und einer vom deutschen Bundeskriminalamt zur verdeckten Fahndung eingesetzten, mit "VP 572" bezeichneten Vertrauensperson als gegeben. Vom Angeklagten T* wird - unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 - nur die Verlesung der mit der erwähnten Vertrauensperson aufgenommenen Niederschriften gerügt.

Zur Erhebung der Verfahrensrüge in diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführer T* allein deshalb nicht legitimiert, weil er der gerügten Verlesung weder selbst widersprochen, noch sich der Verwahrungserklärung des Angeklagten S* (S 381/XIII) angeschlossen hat.

Abgesehen davon, lassen diese Einwände außer acht, daß sich beide Verteidiger in der der Urteilsfällung unmittelbar vorangehenden Hauptverhandlung vom 30. Juni 1993 mit "der Verwertung der Beweisergebnisse laut den bisherigen Hauptverhandlungsprotokollen" einverstanden erklärt haben (S 397/XIII). Die zu diesem Zeitpunkt bereits vorgenommenen und nunmehr gerügten Verlesungen haben sie von der solcherart ausdrücklich erteilten und in der Folge auch nicht widerrufenen Zustimmung zur umfassenden Beweisverwertung nicht ausgenommen. Der Angeklagte S* hat damit seine zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte Verwahrung durch eine gegenteilige Erklärung widerrufen.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß diese Prozeßerklärungen im Zusammenhang mit der am 30. Juni 1993 infolge geänderter Zusammensetzung des Gerichtes (nach plötzlicher Erkrankung eines Mitgliedes des Schwurgerichtshofes) formell gemäß § 276 a StPO beschlossenen Neudurchführung des Verfahrens abgegeben wurden, wird doch ihr umfassender Bedeutungsinhalt dadurch weder eingeschränkt noch relativiert.

Den sich aus dem Akt ergebenden Vorgang, daß trotz dieses Beschlusses eine Neudurchführung der Hauptverhandlung nicht vorgenommen wurde, weil es im Hauptverhandlungsprotokoll lediglich heißt, daß der gesamte Akteninhalt "als verlesen gilt" (S 397/XIII), eine Verlesung demnach in Wirklichkeit unterblieben ist, haben beide Angeklagten, nachdem sie dieser Vorgangsweise ausdrücklich zugestimmt und "auf die Geltendmachung eines allfälligen Nichtigkeitsgrundes aus diesem Grunde" verzichtet hatten (S 397/XIII), unbekämpft gelassen. Die Generalprokuratur hinwieder hat in dieser an sie durch den Obersten Gerichtshof zur Prüfung gemäß § 33 Abs 2 StPO herangetragenen Frage keinen Anlaß zur Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gefunden; eine amtswegige Wahrnehmung dieses Mangels kommt aber infolge der insoweit auf Verletzungen des materiellen Rechtes beschränkten Bestimmung des § 290 Abs 1 StPO nicht in Betracht. Aus dem Umstand, daß eine Verfahrensneudurchführung nicht stattgefunden hat, folgt aber, daß den Verfahrensrügen (Z 5) der beiden Angeklagten nicht entgegensteht, daß sie es in der Hauptverhandlung vom 30. Juni 1993 unterließen, die entsprechenden Anträge zu wiederholen, weshalb im folgenden darauf eingegangen wird.

Soweit sich die Beschwerde des Angeklagten S* im Zusammenhang mit den gerügten Verlesungen auch auf § 345 Abs 1 Z 4 StPO stützt, läßt sie allerdings nicht erkennen, welche der in dieser Bestimmung taxativ aufgezählten, unter Nichtigkeitssanktion stehenden Verfahrensvorschriften dadurch verletzt worden sein sollte.

Beide Beschwerdeführer behaupten des weiteren einen Widerspruch in der Antwort der Geschworenen iS des § 345 Abs 1 Z 9 StPO, weil diese die beide Angeklagten betreffenden Hauptfragen mit unterschiedlichem Stimmenverhältnis bejaht haben, worin der Angeklagte S* noch zusätzlich den Nichtigkeitsgrund der Z 8 erblickt, könne doch dieses Abstimmungsergebnis nur Ausfluß einer unrichtigen Rechtsbelehrung sein.

Auch diese Einwände gehen fehl, weil aus dem Vergleich der Anzahl der Stimmen, die der Antwort der Geschworenen zugrunde liegen, ein innerer Widerspruch des Verdikts nicht abgeleitet werden kann (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 22 zu § 332) und vom Beschwerdeführer S* entgegen dem Gebot einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung geltend gemachter Nichtigkeitsgründe (§ 285 a Z 2 StPO) nicht dargetan wird, worin die Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung gelegen sein soll.

Nichtigkeit nach der Z 10a des § 345 Abs 1 StPO liegt - den Beschwerdeausführungen zuwider - gleichfalls nicht vor. Die Geltendmachung erheblicher Bedenken gegen die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen im Wahrspruch der Geschworenen setzt das Aufzeigen von schwerwiegenden, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung (§§ 3, 232 Abs 2, 254, 302 StPO) zustande gekommener Mängel in der Sachverhaltsermittlung oder Hinweise auf aktenkundige Beweisergebnisse voraus, die nach den Denkgesetzen oder nach allgemeiner menschlicher Erfahrung erhebliche Zweifel gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Fragen aufkommen lassen (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 3 zu § 345 Abs 1 Z 10a).

Eine Verletzung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung wird von beiden Angeklagten nicht einmal behauptet und vermag der vom Angeklagten S* aus der mangelnden Bereitschaft des Zeugen S* und der Vertrauensperson "VP 572", zur Hauptverhandlung nach Österreich zu kommen und sodann hier mündlich zur Sache Angaben zu machen, abgeleitete Einwand der Unglaubwürdigkeit dieser Zeugen den erwähnten Nichtigkeitsgrund ebensowenig herzustellen, wie die rite erfolgte Verlesung ihrer niederschriftlichen Angaben (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 4 und 7 zu § 281 Abs 1 Z 5a).

Auch aus der Tatsache, daß ein ausländisches Gericht - unter völlig anderen beweismäßigen Voraussetzungen - einen Teil des einem Angeklagten vorgeworfenen historischen Sachverhaltes anders beurteilt hat als das erkennende Gericht, kann der bezeichnete Nichtigkeitsgrund nicht abgeleitet werden, zumal der Beschwerdeführer nicht anzugeben vermag, welches Tatsachensubstrat aus den zur Verlesung gebrachten französischen Akten der Richtigkeit der im Wahrspruch getroffenen Feststellungen entscheidend entgegenstehen sollte. In seinen Ausführungen, daß er vom Tribunal de Grande Instance in Nizza mit rechtskräftigem Urteil vom 6. Dezember 1989 (außer wegen zweier anderer in Frankreich begangener Straftaten) nur wegen Verhehlens von Reiseschecks (und nicht als unmittelbarer Täter der Scheckentfremdung) verurteilt wurde, obgleich nach den Ergebnissen des inländischen Strafverfahrens davon auszugehen ist, daß diese Reiseschecks am 16. Oktober 1987 von den Tätern des Raubüberfalles auf die B* zugleich mit Bargeld und Goldmünzen (Urteilsfaktum I/2) weggenommen wurden, übersieht der Angeklagte S* , daß die gewaltsame Wegnahme von Reiseschecks überhaupt nicht Gegenstand einer Fragestellung und der von den Geschworenen durch die Beantwortung derselben in ihrem Verdikt hiezu getroffenen Feststellung war.

Soweit der Beschwerdeführer T* diesen Nichtigkeitsgrund (Z 10a) daraus abzuleiten sucht, daß sich die Geschworenen in ihrer Niederschrift gemäß § 331 Abs 3 StPO (Beilage zum Hauptverhandlungsprotokoll ON 470/XIII) zu verschiedenen, ihn seiner Ansicht nach entlastenden Beweisergebnissen nicht äußerten, verkennt er, daß der Wahrspruch der Geschworenen - anders als Urteile von Einzelrichtern oder eines Schöffengerichtes - keiner Begründung bedarf. Zweck dieser kurzen Niederschrift, in der die Laien ihre Erwägungen nur in Schlagworten angeben müssen, ist vielmehr, dem Schwurgerichtshof Klarheit darüber zu verschaffen, ob sie die Fragen nicht offenbar mißverstanden haben. Der Umstand, daß die Niederschrift keine ausreichende Begründung des Wahrspruches enthält, kann Nichtigkeit jedoch niemals bewirken (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 8, 12 und 14 zu § 331). Auch sonst ergeben sich nach Prüfung der Akten unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens beider Angeklagten keine (erheblichen) Bedenken gegen die im Wahrspruch niedergelegten Tatsachenfeststellungen. Die Beurteilung der in diesem Zusammenhang von den Beschwerdeführern in Zweifel gezogenen Glaubwürdigkeit von Zeugen obliegt ausschließlich der insoweit unüberprüfbaren Beweiswürdigung der Laienrichter.

Entgegen den weiteren Beschwerdebehauptungen des Angeklagten T* waren die in dessen PKW Porsche in Nizza vorgefundenen Reiseschecks auch nicht zum Teil hinter der Verkleidung des Armaturenbrettes, sondern im Fußraum der Beifahrerseite versteckt (S 347/I und Lichtbilder S 167/VII), sodaß sie bei der ersten Untersuchung des Fahrzeuges, die nur auf die Feststellung der an der Innenseite des Armaturenbrettes angebrachten Produktionsnummer gerichtet war, den französischen Kriminalbeamten ebensowenig auffallen mußte, wie die noch unter einem Kabelstrang hinter dem Armaturenbrett verborgene Faustfeuerwaffe (S 349/I, ON 525/XIV). Weder nach den Denkgesetzen noch nach allgemeiner menschlicher Erfahrung kann somit daraus, daß sowohl diese Reiseschecks als auch die Faustfeuerwaffe erst bei der zweiten, von Beamten des deutschen Bundeskriminalamtes vorgenommenen Untersuchung des Fahrzeuges aufgefunden wurden sowie aus dem Umstand, daß auf den Reiseschecks keine Fingerabdrücke feststellbar waren, ein zu ernsthaften Zweifeln an der Richtigkeit der Feststellungen der Geschworenen Anlaß bietender Schluß darauf gezogen werden, daß diese Beweisgegenstände durch die Vertrauensperson "VP 572" unterschoben worden wären.

Dieser Teil der Beschwerdeausführungen der beiden Angeklagten stellt daher nur den im kollegialgerichtlichen Strafverfahren unzulässigen Versuch dar, die freie Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen.

Zu den nur vom Angeklagten S* geltend gemachten Beschwerdegründen:

Die bloß teilweise Entbindung der in der Hauptverhandlung als Zeugen einvernommenen deutschen Kriminalbeamten Ulrich R* (S 256 ff/XIII), Wolfgang T* (S 270 ff/XIII), Harald K* (S 198 ff/XIII) und Kurt H* (S 215 ff/XIII) von der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit derart, daß sie wohl über den Inhalt von Gesprächen mit dem Gewährsmann des deutschen Bundeskriminalamtes ("VP 572") aussagen, nicht aber Angaben zu dessen Identität machen durften (ON 251/VI, insb. S 217), vermag den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 345 Abs 1 (iVm § 151 Z 2) StPO nicht herzustellen. Dieser Nichtigkeitsgrund kann nur dann gegeben sein, wenn ein Zeuge über Umstände aussagt, in Ansehung deren er ein Amtsgeheimnis, ohne hievon entbunden zu sein, verletzt. Der umgekehrte Fall, daß ein Zeuge die Beantwortung von Fragen unter Berufung auf ein Amtsgeheimnis verweigert, kann den besagten Nichtigkeitsgrund überhaupt nicht bewirken. Es wäre lediglich der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 5 StPO gegeben, insofern die Weigerung unzulässig war und der Angeklagte erfolglos dagegen die Entscheidung des Gerichtshofes angerufen hätte (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 14 und 21 zu § 281 Abs 1 Z 3). Dies war aber nicht der Fall, sodaß es der Beschwerde an der formellen Voraussetzung gebricht.

Den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 345 Abs 1 StPO erblickt der Angeklagte S* ferner darin, daß vom Vorsitzenden des Schwurgerichtshofes nach Schluß des Beweisverfahrens noch zwei Briefe zum Akt genommen und ohne formelle Wiedereröffnung des Beweisverfahrens verlesen worden sind (S 400/XIII).

Damit übersieht der Beschwerdeführer, daß der vom Vorsitzenden ausgesprochene Schluß des Beweisverfahrens (§ 255 Abs 1 StPO) - ebenso wie der Schluß der Verhandlung (§ 257 StPO) - nur ein prozeßleitender, der Rechtskraft nicht fähiger Formalakt ist und eine Vorschrift des Inhalts, daß eine Beweisaufnahme während der Hauptverhandlung außerhalb des solcherart eingegrenzten Zeitraumes zwischen Beginn und Ende des Beweisverfahrens bei sonstiger Nichtigkeit unzulässig wäre, nicht besteht.

Aus dem Vorgang, daß der Vorsitzende des Schwurgerichtshofes zu einem nach Verkündung des Urteils gestellten, gesetzlich überhaupt nicht zulässigen Antrag auf Aussetzung der Entscheidung wegen Irrtums der Geschworenen (§ 334 Abs 1 StPO) - anstatt ein derartiges Ansinnen schlechtweg zurückzuweisen - erklärt hat, "daß eine Beschlußfassung über diesen Antrag ... in diesem Verfahrensstadium nicht möglich sei, der Antrag jedoch als Anregung zur Kenntnis genommen wird" (ON 470/XIII, S 405 verso, 405 a), kann nicht einmal ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften, geschweige denn ein Nichtigkeitsgrund abgeleitet werden.

Unbegründet ist schließlich auch noch die weitere zum selben Nichtigkeitsgrund (Z 4) erhobene Beschwerdebehauptung, die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (§ 228 Abs 1 StPO) sei nicht gewährleistet gewesen, weil während derselben die Haupteingangstür des Verhandlungssaales verschlossen gewesen sei. Nach dem Inhalt des auf Grund dieses Beschwerdevorbringens vom Vorsitzenden verfaßten Amtsvermerkes vom 31. August 1993 verfügt der Schwurgerichtssaal im Landesgericht Innsbruck über zwei Eingänge. Der eine Eingang, durch den die Vorführung der Angeklagten erfolgte, war wohl aus Sicher- heitsgründen versperrt, jedoch blieb der andere ständig unversperrt, worauf durch ein an der verschlossenen Saaltüre angebrachtes Plakat auch hingewiesen wurde (ON 560/XVI). Diese (aus Sicherheitsgründen erfolgte) bloße Beschränkung der Zutrittsmöglichkeiten in den Verhandlungssaal auf einen von mehreren Eingängen stellt aber keine Maßnahme des Gerichtes dar, die einem unter der Sanktion des § 345 Abs 1 Z 4 (§ 228 StPO) stehenden tatsächlichen Ausschluß der Öffentlichkeit gleichkommt (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 1, 3 und 4 zu § 228).

Auf das beim Obersten Gerichtshof am 28. September 1993 eingelangte, als "Urkundenvorlage" bezeichnete und als Ergänzung zum vorgenannten Beschwerdepunkt gedachte weitere Vorbringen des Verteidigers des Angeklagten S* ist von vornherein nicht einzugehen, weil das Gesetz nur eine einzige Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde kennt (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 36 ff zu § 285).

Die vom Angeklagten S* beantragte Einvernahme und Gegenüberstellung der Zeugen Gerhard S* (geborener W* ) und Anton P* mit mehreren Tatzeugen (S 107, 387/XIII iVm Punkt 7 des schriftlichen Beweisantrages vom 9. März 1993, ON 464/XII) konnte ohne Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte (Z 5) unterbleiben.

Der im Ausland aufhältige Zeuge Gerhard S*  war - wie die Beschwerde an anderer Stelle selbst einräumt - nicht bereit, vor dem erkennenden Gericht in Österreich zu erscheinen, sodaß die begehrte Beweisaufnahme insoweit undurchführbar war (Mayerhofer‑Rieder, StPO3 E 104 zu § 281 Z 4).

Aber auch eine Gegenüberstellung mit dem ebenfalls in Deutschland wohnhaften Anton P* , welcher über Antrag des Beschwerdeführers ohnehin als Zeuge einvernommen wurde (S 318 f/XIII), war nicht geboten. Mag dieser Zeuge auch im Zusammenhang mit den am 2. und 16. Oktober 1987 verübten Raubüberfällen (Urteilsfakten I/1. und 2.) überprüft worden sein, so konnte der Verdacht in dem zu AZ 33 Vr 3897/87 des Landesgerichtes Innsbruck anhängig gewesenen Verfahren doch in keiner Weise erhärtet werden, sodaß es schließlich eingestellt wurde. Nach den polizeilichen Untersuchungen scheidet Anton P* sogar als Täter aus (S 127 f/XIII). Bei dieser Sachlage bot die ausschließlich auf Hypothesen beruhende Verdächtigung durch den Angeklagten S* keine geeignete Grundlage für die beantragte Gegenüberstellung, die solcherart auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis abzielte.

Soweit die Beschwerde darüberhinaus reklamiert, in der Abweisung zahlreicher weiterer Beweisanträge läge ebenfalls der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund, entzieht sie sich mangels jeglicher Konkretisierung, um welche Beweisanträge es sich dabei handeln sollte, einer sachbezogenen Erörterung.

Der weitere Einwand schließlich, auch durch die Abweisung (bzw. durch die unterbliebene Berücksichtigung) von - in seiner Rüge gleichfalls nicht substantiierten - Beweisanträgen und Fragen, die vom Mitangeklagten T* zur Erschütterung der Glaubwürdigkeit der Zeugen "VP 572" und S* gestellt wurden, in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt worden zu sein, ist schon deshalb verfehlt, weil diese allein von T* gestellten Beweisanträge selbst dann nicht auch für den Beschwerdeführer gelten könnten, wenn ihr Beweisthema in gleicher Weise für ihn von entscheidungswesentlicher Bedeutung sein sollte (Mayerhofer‑Rieder aaO, E 35). In diesem Zusammenhang kommt ihm demnach keine Beschwerdelegitimation zu.

Zu Recht hat der Schwurgerichtshof den vom Angeklagten S* in der Hauptverhandlung vom 30. Juni 1993 der Sache nach gestellten Antrag auf Aufnahme von Zusatzfragen zu den ihn betreffenden Hauptfragen 1, 3 und 5 des Inhalts, ob "wegen seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 6. Dezember 1989 in Frankreich wegen Hehlerei ein Verfolgungshindernis in Österreich vorliege bzw. die Strafbarkeit und der Strafanspruch nach österreichischem Recht erloschen seien und ein materiell‑rechtlicher Strafaufhebungsgrund vorliege", abgewiesen (S 399/XIII) und derartige Zusatzfragen nicht in das Fragenschema aufgenommen.

Die vom Angeklagten S* daraus abgeleiteten, auch schon aus anderen Gründen - auf die hier nicht mehr einzugehen ist ‑ verfehlten Einwände (§ 345 Abs 1 Z 5, 6 und "11" StPO) gehen allesamt an der Tatsache vorbei, daß der Schuldspruch wegen Raubes zum Nachteil der B*  in St. Johann in Tirol (Faktum I/2) die Wegnahme von Reiseschecks nicht umfaßt und daher die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Hehlerei in Ansehung eben dieser Reiseschecks durch das Tribunal de Grande Instance in Nizza nicht die hier abgeurteilte Tat betrifft. Daß diese Schecks unbestrittenermaßen aus der genannten Bank stammten und als Beweismittel gegen die Angeklagten verwendet worden sind, vermag an der mangelnden rechtlichen Identität der beiden Urteilstaten nichts zu ändern.

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO macht der Angeklagte Sterr als weitere Verletzung von Vorschriften über die Fragestellung geltend, daß für jeden der beiden Angeklagten unter Bezeichnung des anderen Angeklagten als Mittäter eine gesonderte Hauptfrage gestellt, und daß (was von ihm auch unter der Z 7 gerügt wird) in die Fragen die Bandenqualifikation aufgenommen wurde, obgleich hiefür das Beweisverfahren keine ausreichenden Anhaltspunkte geliefert und die französische Auslieferungsbewilligung die Bandenqualifikation nicht mitumfaßt habe. Die dennoch diese Qualifikation enthaltende Anklageerhebung verstoße demnach gegen den Grundsatz der Spezialität.

Zum ersten Vorwurf genügt die Erwiderung, daß die Zusammenfassung von Fragen (und demgemäß auch die gesonderte Fragestellung) gemäß § 317 Abs 2 StPO dem Ermessen des Schwurgerichtshofes anheimgestellt ist, wobei aber bei Mittäterschaft mehrerer Angeklagter die Stellung jeweils getrennter Schuldfragen für jeden einzelnen von ihnen unter Bezeichnung des jeweiligen anderen Mitangeklagten als Mittäter den Vorzug verdient (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 27 ff zu § 317).

Im übrigen muß - was der Angeklagte S* bei seinem zweiten Beschwerdevorwurf übersieht - die Hauptfrage die unter Anklage gestellte Tat zum Gegenstand haben und auch die in der Anklage enthaltene Qualifikation der Tat zum Ausdruck bringen, also sowohl hinsichtlich des konkreten Sachverhaltes wie auch hinsichtlich des gesetzlichen Tatbestandes mit der Anklage übereinstimmen, gleichgültig, ob hinreichende Beweise hiefür vorliegen oder nicht (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 2 und 3 zu § 312). Die vorliegende Fragestellung entspricht diesen Formvorschriften.

Der Schwurgerichtshof ist in Einschränkung dieses Grundsatzes zwar nicht verhalten, eine im übrigen rechtlich verfehlte Anklage unkorrigiert der Fragestellung zugrundezulegen, weshalb etwa die Fragestellung nach einer konsumierten Straftat zu unterbleiben hätte (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 9 zu § 312). Die anklagekonform erfolgte Aufnahme der Qualifikation der Begehung der Raubtaten als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes (§ 143 erster Fall StGB) in die Fragestellung verstößt aber auch in materiellrechtlicher Hinsicht weder gegen die in §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften noch gegen den im Art 14 Abs 1 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens (und in Art 70 Abs 1 ARHG) normierten Grundsatz der Spezialität der Auslieferung. Wohl enthält das dem französischen Auslieferungsdekret zugrunde liegende Auslieferungsbegehren (ON 6) nicht die genannte Bandenqualifikation, doch wurde bei der Beschreibung der drei Straftaten jeweils auch auf die Verwendung einer Waffe bei Begehung der Taten (§ 143 zweiter Fall StGB) hingewiesen und bei der rechtlichen Beurteilung der Tat die dadurch gegebene Qualifikation bezeichnet, wobei den französischen Behörden auch eine Übersetzung der bezüglichen Gesetzesstelle übermittelt wurde (ON 20, 23). Demgemäß war auf Grund der französischen Auslieferungsbewilligung vom 22. August 1990 eine Verfolgung der beiden Angeklagten wegen der darin genannten drei schweren Raubtaten unter Anwendung des ersten Strafsatzes des § 143 StGB zulässig. Die nachträgliche Annahme der Bandenqualifikation war auslieferungsrechtlich ohne jede Bedeutung.

Auch aus der vom ersuchten Staat vorgenommenen Reihenfolge bei der Durchführung einer von mehreren Staaten begehrten Auslieferung kann eine Urteilsnichtigkeit unter keinen Umständen abgeleitet werden.

Aber auch der unter demselben Gesichtspunkt geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der Z 7 des § 345 Abs 1 StPO liegt nicht vor, geht doch die Fragestellung ‑ wie der Beschwerdeführer gar nicht bestreitet - mit der Anklageschrift völlig konform. Beweismäßige Einwände gegen die Bandenqualifikation sind in diesem Zusammenhang unzulässig. Für die bandenmäßige Begehungsweise ist im übrigen keineswegs erforderlich, daß mehr als zwei Bandenmitglieder am Raub mitwirken. Genug daran, daß der Verbindung noch mindestens ein weiteres Mitglied angehört, mag dieses auch an der konkreten Tat selbst nicht beteiligt gewesen sein. Daß diese Voraussetzungen aber erfüllt waren, ergibt sich aus der Aktenlage und wurde im übrigen bereits in der Anklageschrift - der die Geschworenen gefolgt sind - entsprechend begründet.

Die Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z  2 des § 345 Abs 1 StPO erschöpfen sich in einer zusammenfassenden Wiederholung bisheriger Ausführungen, gehen aber nicht von den im Wahrspruch festgestellten Tatsachen aus und bringen daher die Subsumtionsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Schließlich hat das Geschworenengericht beim Strafausspruch - den Beschwerdeausführungen zum Nichtigkeitsgrund der Z 13 des § 345 Abs 1 StPO zuwider - wegen der mangelnden Identität der dem Urteil des Tribunal de Grande Instance in Nizza vom 6. Dezember 1989 und dem vorliegenden Urteil zugrunde liegenden Straftaten zu Recht die vom Angeklagten S* in Frankreich auf Grund der dortigen Verurteilung tatsächlich verbüßte Freiheitsstrafe nicht gemäß § 66 StGB auf die im Inland verhängte Freiheitsstrafe angerechnet, sondern auf diese ausländische Verurteilung folgerichtig gemäß §§ 31 und 40 StGB bei der Strafbemessung Bedacht genommen.

Zu den nur vom Angeklagten T* geltend gemachten Beschwerdegründen:

Mit der Verfahrensrüge gemäß § 345 Abs 1 Z 5 StPO behauptet der Angeklagte T* noch zwei weitere, angeblich seine Verteidigungsrechte verletzende Verfahrensverstöße. Zum einen sei aus dem Hauptverhandlungsprotokoll für die Verteidigung nicht überprüfbar, welche Aktenstücke den Geschworenen bei der Beratung zur Verfügung gestanden sind, weil ein vom Vorsitzenden des Schwurgerichtshofes den Geschworenen zur rascheren Auffindung der verlesenen Aktenteile mitgegebenes "Inhaltsverzeichnis" nach der Beratung in Verstoß geraten sei; zum anderen seien seine Anhaltung in Untersuchungshaft, seine Verhaftung im September 1989 in Frankreich und die anschließende Auslieferungshaft rechtswidrig angeordnet worden, weil diese freiheitsbeschränkenden Maßnahmen auf teilweise objektiv unrichtige Tatsachenbehauptungen im Haftbefehl des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. September 1989 (ON 6) gegründet gewesen seien und er bisher keine Gelegenheit gehabt hätte, in Frankreich oder in Österreich eine die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen feststellende Entscheidung zu erwirken.

Das Vorbringen geht schon deswegen ins Leere, weil selbst eine Verletzung der Vorschrift des § 322 StPO, wonach die gesamten Akten mit Ausnahme der nicht vorgelesenen Vernehmungsprotokolle in das Beratungszimmer der Geschworenen zu schaffen sind (was laut S 405/XIII ohnedies geschehen ist), nicht mit Nichtigkeit bedroht wäre (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 1 und 2 zu § 322) und die Anfechtung von Haftbefehlen und anderen gerichtlichen Entscheidungen über die Haft im Nichtigkeitsverfahren gegen Urteile überhaupt nicht in Betracht kommt.

Mit der Behauptung einer unzulänglichen Fundierung der Anklageschrift kann eine Verletzung von Vorschriften über die Fragestellung (Z 6 des § 345 Abs 1 StPO) nicht eingewendet werden. Bereits zum Beschwerdevorbringen des Angeklagten S* zu diesem Nichtigkeitsgrund wurde dargelegt, daß die Hauptfrage stets der Anklage zu entsprechen hat, gleichgültig, ob hinreichende Beweisergebnisse vorliegen oder nicht.

Von der Darstellung der Tat in der Anklage abweichende Verfahrensergebnisse können nur in einer Eventualfrage Berücksichtigung finden (Mayerhofer‑Rieder StPO3 E 4 zu § 312). Für die vom Beschwerdeführer T* aus den eingangs erwähnten Gründen ebenfalls vermißte Aufnahme von Eventualfragen in das Fragenschema bestand im vorliegenden Fall aber gleichfalls kein Anlaß. Die namentliche Bezeichnung des Mittäters ist kein Tatbildmerkmal, sondern dient nur der Individualisierung des Tatgeschehens. Von der Anklage abweichende Täterkonstellationen konnten die Geschworenen entweder durch Verneinung der für jeden Angeklagten ohnehin getrennt gestellten Hauptfragen oder durch Streichung des Namens des Mittäters berücksichtigen. Ebenso bestand für die Geschworenen die Möglichkeit, durch die Streichung der in jeder Hauptfrage enthaltenen Wortgruppe "als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Bandenmitgliedes" allfälligen Zweifeln betreffend das den Angeklagten vorgeworfene bandenmäßige Handeln Rechnung zu tragen. Über ihre Berechtigung, eine Frage unter Beifügung der Beschränkung nur teilweise zu bejahen (§ 330 Abs 2 StPO), wurden die Geschworenen durch die im Beratungszimmer aufliegende und in mehreren Exemplaren übergebene "Allgemeine Rechtsbelehrung für die Geschworenen" (StPO‑Form RMB 1) und durch die ihnen übergebene Rechtsbelehrung gemäß § 321 StPO unterrichtet (siehe Punkt A und C der schriftlichen Rechtsbelehrung, Blg. zum HV‑Protokoll ON 470/XIII).

Die vom Angeklagten T* selbst verfaßten und als Erweiterung der Nichtigkeitsbeschwerde seines Verteidigers bezeichneten Eingaben vom 8. Jänner 1994 sowie vom 16. August 1993 (ON 554/XVI) sind unbeachtlich, weil eigene Aufsätze des Nichtigkeitswerbers nicht als Teil der von seinem Verteidiger eingebrachten Nichtigkeitsbeschwerde anzusehen sind und das Gesetz - wie bereits ausgeführt wurde - nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde kennt. Dasselbe gilt für eine als "Verfassungsbeschwerde" bezeichnete Eingabe des Angeklagten S* vom 11. Jänner 1994.

Die unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB über Hans Hermann S* unter Bedachtnahme auf das Urteil des Tribunal de Grande Instance in Nizza vom 6. Dezember 1989, Zl. 6721/89, gemäß §§ 3140 StGB zusätzlich zwölf Jahre, über Eckhard Heinrich T* vierzehn Jahre Freiheitsstrafe.

Bei beiden Angeklagten wertete es die einschlägigen Vorstrafen, die Tatwiederholung, die zweifache Qualifikation nach § 143 StGB, die reifliche Überlegung der Taten, deren sorgfältige Vorbereitung und rücksichtslose Ausführung, den besonders hohen Schaden sowie das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB, beim Erstangeklagten überdies das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen als erschwerend; als mildernd hingegen, daß eine Raubtat beim Versuch geblieben ist.

Den dagegen erhobenen Berufungen der Angeklagten, die sich gegen die Annahme der Rückfallsvoraussetzungen des § 39 StGB richten und eine Herabsetzung des Strafausmaßes anstreben, kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Der Angeklagte T* wurde durch das Urteil des Landgerichtes München I vom 17. Dezember 1982 wegen des Verbrechens des gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tateinheit mit den Vergehen der Körperverletzung und des unbefugten Waffenbesitzes unter Einbeziehung zweier von den Landgerichten Landshut und Traunstein mit den Urteilen vom 30. Oktober bzw. 10. Mai 1979 wegen Hehlerei, räuberischer Erpressung, Nötigung, schwerer Brandstiftung und gemeinschaftlichen Versicherungsbetruges verhängten Einzelstrafen zu einer Gesamtstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt (S 27 f/XII). Er verbüßte diese Strafen bis zu seiner bedingten Entlassung am 25. August 1986. Seinem Berufungsvorbringen ist insoweit beizupflichten, als die angeführte Verurteilung wegen der Einbeziehung von zwei früheren Urteilen als einzige Vorstrafe zu werten ist, weil nämlich alle Taten vor Fällung des ersten Urteiles (Landgericht Traunstein vom 10. Mai 1979) begangen wurden. Da überdies die Verbüßung der über ihn mit dem Urteil des Gerichtes in Almeria (Spanien) am 18. September 1971 unter anderem wegen Diebstahls verhängten zweijährigen Freiheitsstrafe (S 255/I) nicht aktenkundig ist, vielmehr auch die deutschen Behörden dazu von einem noch offenen Strafvollzug ausgegangen sind (S 35/XII), liegen in seinem Fall die Voraussetzungen des § 39 StGB nicht vor.

Beim Angeklagten S* hingegen bejahte das Erstgericht die Anwendbarkeit des § 39 StGB zu Recht. Von den insgesamt zehn in seinem Strafregisterauszug aufscheinenden gerichtlichen Verurteilungen (S 25 f/VI) betreffen sieben verschiedene Vermögensdelikte, vor allem Diebstahl. Deshalb wurde er zuletzt durch die Landgerichte Bamberg bzw. München I mit den Urteilen vom 14. Juni 1976 und 17. Jänner 1983 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten sowie einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Aus der erstangeführten Strafe wurde er bei einem offenen Strafrest von 216 Tagen am 25. April 1985 bedingt entlassen, die zweite Freiheitsstrafe verbüßte er bis 9. Juli 1985 (S 25 f/VI, 83 f, 160 f/XII). Ungeachtet des in der Berufung hervorgehobenen Umstandes, daß er bisher wegen Raubes nicht vorbestraft ist, beruhen die den angeführten Strafvollzügen zugrunde liegenden Taten jedenfalls auf gleicher schädlicher Neigung, sodaß die Voraussetzungen der Strafschärfung nach § 39 StGB beim Angeklagten S* an sich gegeben sind.

In diesem Zusammenhang bedurfte es aber ‑ dem insoweit der Sache nach eine gesetzwidrige Strafbemessung (§ 345 Abs 1 Z 13 StPO) geltend machenden Beschwerdestandpunkt zuwider - keiner besonderen Auslieferungsbewilligung, weil eine solche nur wegen eines bestimmten strafbedrohten Sachverhaltes, nicht jedoch wegen einer fakultativ anzuwendenden Strafbemessungsvorschrift zu erwirken ist, welche im konkreten Fall zudem gar nicht zum Tragen kam.

Unter Berücksichtigung der vom Geschworenengericht sonst im wesentlichen richtig und vollständig aufgezählten Erschwerungs- und Milderungsgründe sowie unter Bedachtnahme auf die für die Bemessung der unrechtsbezogenen Schuld nach Lage des Falles maßgebenden allgemeinen Kriterien (§ 32 StGB) sah sich der Oberste Gerichtshof bei beiden Angeklagten, auch unter dem Aspekt der Dauer des seit dem Jahr 1989 anhängigen Verfahrens, zu einer Ermäßigung der Strafe um jeweils zwei Jahre veranlaßt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

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