OGH 14Os136/23s

OGH14Os136/23s14.5.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Mai 2024 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Nordmeyer, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M. sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Bayer in der Strafsache gegen Dr. * H* wegen des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, 3a Z 1 erster Fall und Abs 4 zweiter Fall StGB über den Antrag der Verurteilten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. Jänner 2023, GZ 96 Hv 105/22x‑45.2, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0140OS00136.23S.0514.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

[1] Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. Jänner 2023, GZ 96 Hv 105/22x‑45.2, wurde Dr. * H* des Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, 3a Z 1 erster Fall und Abs 4 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

[2] Die dagegen von der Genannten erhobene, auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 6. September 2023, AZ 14 Os 42/23t, zurückgewiesen. Ihrer gegen den Strafausspruch gerichteten Berufung hat das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 7. Dezember 2023, AZ 23 Bs 297/23d, nicht Folge gegeben.

[3] Soweit für die gegenständliche Entscheidung relevant beantragte die Verurteilte am 11. Dezember 2023 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand „gegen die Versäumnis der Frist zur Einreichung einer diese Bezeichnung verdienenden Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung“, weil die von einer Wahlverteidigerin am 16. März 2023 erstattete Ausführung der Beschwerdegründe nicht „lege artis“ gewesen sei. So hätten „Ausführungen zur Normproblematik“ gefehlt und sei die Geltendmachung „eines materiellen Fehlers“ und der Verfassungswidrigkeit des § 107b StGB unterblieben. „Am krassesten und vollkommen unvertretbar“ sei darüber hinaus die gänzliche Unterlassung von Ausführungen zur Strafbemessung und „zur Verhältnismäßigkeit der Strafnorm“. Unter einem brachte die Verurteilte eine Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ein.

[4] Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur (neuerlichen) Ausführung einer Nichtigkeitsbeschwerde, über die der Oberste Gerichtshof bereits am 6. September 2023 durch inhaltliche Behandlung (auch) der Beschwerdeausführungen (vgl zusätzlich § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall und § 362 Abs 1 Z 1 StPO) entschieden hat, sowie zur Ausführung einer Strafberufung, die bereits Gegenstand einer Entscheidung des Oberlandesgerichts gewesen ist, war (schon) mangels Versäumung einer prozessualen Frist zurückzuweisen (vgl RIS‑Justiz RS0101307; Lewisch, WK‑StPO § 364 Rz 6 f).

[5] Die Kritik an der Qualität der bereits erledigten Nichtigkeitsbeschwerde vernachlässigt, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – nach Maßgabe der Kriterien des § 364 Abs 1 StPO – nur der Beseitigung der Folgen der Versäumung einer Prozesshandlung dient, nicht jedoch der Korrektur einer solchen, weil sie nachträglich vom Rechtsmittelwerber für unzureichend erachtet wird (vgl Lewisch, WK‑StPO § 364 Rz 9). Bleibt anzumerken, dass die von der Antragstellerin ins Treffen geführte, der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu AZ 11 Os 114/14w zugrunde liegende Konstellation des „völligen Versagens“ eines Verfahrenshilfeverteidigers mit der gegenständlichen nicht vergleichbar ist (vgl hingegen zu Fehlern von Wahlverteidigern im Übrigen Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 315 mwN).

[6] Demgemäß waren die unter einem eingebrachte neuerliche Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Ausführung der Strafberufung unbeachtlich.

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